Interview

„Payroll ist kein Pflichtprozess – sie ist das Herz des HR-Systems“

Mit unserer Interview-Reihe „Ask the Expert“ beleuchten wir Trends rund um SAP SuccessFactors und Digital HR. Diesmal im Gespräch: Yvonne Wolff über Komplexität, Automatisierung und die Zukunft der SAP Payroll im DACH-Raum.

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Zusammenfassung

In dieser Folge der „Ask the Expert“-Reihe spricht Yvonne, Senior Consultant HR & Payroll bei tts, über die Zukunft der SAP Payroll. Sie zeigt, wie Automatisierung und KI die Entgeltabrechnung verändern und welche Chancen sich für Unternehmen in der DACH-Region ergeben. Ihr Fokus liegt auf vernetzten Systemen, durchgängigen Prozessen und der Bedeutung menschlicher Expertise im digitalen Wandel. Ihr Fazit: Payroll ist kein Pflichtprozess, sondern das Herzstück moderner HR-Transformation.

[Hinweis: Der Text wurde für die schriftliche Veröffentlichung leicht angepasst und überarbeitet]

29. Oktober 2025
7 min
Yvonne Wolff

Von der ersten Lohnabrechnung zur Leidenschaft

Frage: Wenn du an deine erste Berührung mit Payroll denkst – was hat dich damals am meisten überrascht?

Yvonne: Das ist schon über 20 Jahre her, aber ich erinnere mich noch sehr genau daran, wie vielseitig dieser Bereich war. Ich dachte damals, Payroll bedeutet einfach, Lohn und Gehalt zu berechnen. In Wirklichkeit war es so viel mehr: Wir waren in Projekte eingebunden, haben Reisekostenabrechnungen bearbeitet, steuer- und sozialversicherungsrechtlich beraten und Prozesse transparent gemacht.

Und dann kam die Komplexität dazu. Gerade in Deutschland ist Payroll eine der anspruchsvollsten weltweit – mit unglaublich vielen Sonderfällen, Ausnahmen und rechtlichen Vorgaben. Das hat mich damals überrascht, aber auch begeistert. Ich habe schnell gemerkt: In der Payroll wird es nie langweilig, weil sich Gesetze, Technologien und Anforderungen ständig weiterentwickeln.

Payroll klingt simpel – ein bisschen Lohnsteuer, etwas Sozialversicherung. In Wahrheit steckt darin eine enorme Komplexität und Verantwortung.

SAP Payroll im Wandel: steigende Komplexität und neue Anforderungen

Frage: Was sind heute die größten Herausforderungen in der Payroll?

Yvonne: Zum einen ist die Payroll schon immer komplex gewesen – besonders im deutschen Markt. Diese Komplexität nimmt aber weiter zu. Wir haben laufend neue gesetzliche Anforderungen, wie zuletzt das DaBPV-Verfahren für den Datenaustausch mit den Sozialversicherungsträgern. Das muss man erst einmal verstehen, implementieren und im Alltag sicher beherrschen.

Zum anderen wird die Payroll immer stärker in die Gesamtprozesse eingebunden. Sie ist längst kein isoliertes System mehr. In den meisten Unternehmen hängt sie eng mit Zeitwirtschaft, Employee Central, SuccessFactors und der Finanzbuchhaltung zusammen. All diese Systeme müssen technisch wie prozessual sauber integriert sein, damit Daten korrekt fließen und konsistent bleiben. Das ist eine enorme Verantwortung – und ein zentrales Thema für HR-IT-Admins in DACH-Unternehmen.

Von der Pflicht zur strategischen Rolle

Frage: Wie verändert sich das Selbstverständnis der Payroll – vom operativen Pflichtprozess hin zu einem strategischen HR-Instrument?

Yvonne: Die klassische Pflicht bleibt natürlich bestehen. Aber die Art, wie wir sie erfüllen, verändert sich. Ich beschreibe es gern bildlich: Payroll sollte wie eine digitale Schaltzentrale funktionieren. Systeme, Schnittstellen und Datenflüsse laufen automatisch. Wenn irgendwo etwas nicht stimmt, leuchtet es auf – und erst dann greift der Mensch ein.

Sobald dieses Fundament steht, kann Payroll ihren eigentlichen Wert entfalten: Sie wird zur strategischen Partnerin im HR-Management. Dann können Payroll-Spezialist:innen in Projekte eingebunden werden, Prozesse gestalten, steuerliche und rechtliche Beratung leisten und echte Mehrwerte schaffen. Viele unterschätzen, wie viel Fachwissen in den Payroll-Teams steckt. Wer sie frühzeitig einbindet, spart Zeit, vermeidet Fehler und stärkt die Qualität im gesamten HR-System.

Wenn Systeme automatisiert laufen, wird Payroll zur Schaltzentrale, die Transparenz schafft und echten Mehrwert liefert.

Payroll in Transformationsprojekten: Frühzeitige Einbindung ist der Schlüssel

Frage: Wird Payroll in Transformationsprojekten heute ausreichend früh mitgedacht?

Yvonne: Es hat sich viel verbessert, aber es gibt noch Luft nach oben. Viele Unternehmen wissen mittlerweile, wie wichtig es ist, Payroll von Beginn an einzubeziehen – aber in der Praxis passiert das nicht immer.

Dabei ist gerade das entscheidend: Die Kolleg:innen in der Payroll bringen ein einzigartiges Fachwissen mit – in Steuer-, Sozialversicherungs- und Arbeitsrecht. Wenn man sie zu spät integriert, drohen unangenehme Überraschungen, weil manche Prozesse schlicht nicht compliant umgesetzt werden können. Wird Payroll dagegen frühzeitig eingebunden, kann sie Risiken abfedern, Zeitpläne sichern und durchdachte Lösungen entwickeln.

Kurz gesagt: Payroll ist kein Projektanhängsel, sondern ein zentraler Bestandteil erfolgreicher HR-Transformationen mit SAP Payroll.

Ganzheitliches Verständnis: Wie Beratung Mehrwert schafft

Frage: Was brauchst du als Beraterin, um Payroll in komplexen Systemlandschaften ganzheitlich zu verstehen?

Yvonne: Im Idealfall hat der Kunde bereits eine Übersicht über seine Systemlandschaft – mit klaren Schnittstellen und Datenflüssen. Das ist die Basis. Ich selbst profitiere stark davon, dass ich ursprünglich aus der operativen Abrechnung komme. Ich weiß, was im Hintergrund passiert, wann Daten woher kommen müssen und welche Abhängigkeiten bestehen.

Dieses Prozessverständnis ist Gold wert. Nur wenn ich weiß, wie Abrechnung funktioniert, kann ich Systeme sinnvoll gestalten. Die technische Seite ist wichtig – aber ohne Verständnis für Payroll-Logik und rechtliche Rahmenbedingungen wird es schwierig, konsistente Ergebnisse zu erzielen.

KI und Automatisierung in der SAP Payroll

Frage: Welche Rolle spielt künstliche Intelligenz heute – oder in naher Zukunft – in der Payroll?

Yvonne: KI wird uns vor allem bei Routineaufgaben helfen. In der Payroll wiederholen sich viele Tätigkeiten Monat für Monat. Vieles ist heute schon automatisiert, aber wir stehen erst am Anfang. KI kann uns helfen, Anomalien automatisch zu erkennen, Plausibilitätsprüfungen durchzuführen und sogar Lösungsvorschläge zu machen – zum Beispiel bei fehlerhaften Zeitdaten oder Unstimmigkeiten in den Sozialversicherungsabzügen.

Gleichzeitig braucht es menschliche Expertise: Payroll ist ein sensibler Bereich, in dem Vertrauen, Kontrolle und rechtliche Sicherheit entscheidend sind. Deshalb sehe ich KI als Partner – als Werkzeug, das hilft, Zeit für die wirklich wichtigen Aufgaben zu schaffen: Beratung, Prozessoptimierung und Qualitätssicherung.

Zusammenspiel von Payroll, Zeitwirtschaft und Employee Central

Frage: Wie verändert KI das Zusammenspiel von Payroll, Zeitwirtschaft und Employee Central?

Yvonne: Die Systeme wachsen enger zusammen. Ziel ist eine durchgängige, automatisierte Datenkette – von der Zeiterfassung bis zur Abrechnung. Der Idealfall wäre: Ein Fehler wird dort erkannt, wo er entsteht, und gar nicht erst in die Payroll weitergegeben.

Gerade in der Verbindung von Employee Central, Zeitwirtschaft und SAP Payroll sehe ich großes Potenzial. Wenn diese Systeme miteinander „sprechen“, reduzieren sich Fehlerquellen enorm. Gleichzeitig eröffnen sich neue Möglichkeiten, z. B. über Chatbots oder Self-Service-Tools, die Mitarbeitenden bei Fragen zu Abrechnungen unterstützen. Solche Szenarien sind keine Zukunftsmusik mehr – sie entstehen bereits in Pilotprojekten.

KI soll Payroll nicht ersetzen, sondern Freiraum schaffen – für Beratung, Qualität und die wirklich wichtigen Aufgaben.

Wissen teilen, Systeme verbinden

Frage: Die Payroll-Community bei tts ist aktuell im Aufbau. Was ist euer gemeinsames Ziel?

Yvonne: Wir sind ein Team aus unterschiedlichen Expert:innen – von Employee Central über ECP bis hin zur klassischen Abrechnung. Gerade diese Mischung macht es so spannend. Jeder bringt seine Perspektive ein, und gemeinsam entwickeln wir Lösungen, die in komplexen SAP-Systemlandschaften funktionieren.

Aktuell beschäftigen wir uns viel mit Themen wie EC-ECP-Mapping und der Automatisierung von Abrechnungsprozessen. Unser Ziel ist klar: Kunden in der DACH-Region sollen SAP Payroll nicht nur sicher betreiben, sondern sie als strategisches Instrument nutzen können.

Blick nach vorn

Frage: Wenn du einem neuen Mitglied der Payroll-Community einen Tipp geben dürftest – welcher wäre das?

Yvonne: Ganz einfach: Offen bleiben für Neues. In der Payroll verändert sich viel – regulatorisch, technologisch und organisatorisch. Wer neugierig bleibt und sich mit Themen wie KI, Automatisierung und Cloud-Technologien auseinandersetzt, wird diese Entwicklung aktiv mitgestalten können.

Payroll ist kein Auslaufmodell – sie wird sich weiterentwickeln. Und das macht sie so spannend.

Fazit: Die Zukunft der Payroll liegt in der Verbindung von Mensch und Technologie

Payroll bleibt der Rückhalt jedes HR-Systems – aber sie wird intelligenter, vernetzter und strategischer. SAP Payroll steht dabei im Zentrum: als stabile Grundlage, die immer stärker mit Cloud-Komponenten, Employee Central und KI verzahnt wird. Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz profitieren, wenn sie Payroll nicht nur als Pflicht, sondern als Gestaltungsfeld verstehen.

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