Change Management: ein Must-have unter Anpassungsdruck
Veränderungen finden in den Unternehmen tagtäglich statt: Neue Projekte, neue IT-Systeme und Technologien sollen die Leistung verbessern, den Gewinn steigern oder den Wettbewerbsvorteil ausbauen. Erfolgreich umsetzen lässt sich die dafür nötige Entwicklung aber nur, wenn die Mitarbeiter:innen die Änderungen mittragen. Im Umkehrschluss bedeutet das konkret: Beziehen Sie die vom Veränderungsprozess Betroffenen nicht mit ein, werden sie ihr Verhalten nicht ändern, und Sie verfehlen die angestrebten Ziele und die erwünschte Steigerung der Geschäftsergebnisse. Die Vernachlässigung der Komponente „Mitarbeiter:in“ birgt daher enorme Risiken und sollte deshalb bei jeder Change-Initiative unter allen Umständen vermieden werden.
Bis heute sträflich vernachlässigt: der Faktor Mensch
Obwohl diese Einsicht alles andere als neu ist, wird sie gerade bei der Einführung von neuen Technologien bis heute oft außer Acht gelassen. Man konzentriert sich auf die digitale Transformation und das Erfüllen der technischen Anforderungen, die Akzeptanz der Mitarbeiter:innen wird dagegen vernachlässigt. Dass das so ist, belegen verschiedene Zahlen. Etwa 70 Prozent aller IT-Projekte scheitern, weil das Management keine geeigneten Veränderungsprozesse aufsetzt, also nichts unternimmt, um für die nötige Akzeptanz zu sorgen. Das Gleiche gilt für die Einführung von neuer Software. Auch hier liegt die Misserfolgsquote bei 70 Prozent. So sind drei Viertel der betroffenen Mitarbeiter:innen mit der Einführung neuer Tools unzufrieden, weil ihre Bedürfnisse nicht ausreichend im Fokus stehen und weil sie zu wenig Zeit haben, um sich mit den Tools und Technologien auseinanderzusetzen.
Das zeigt eindeutig: Change Management spielt bei der Organisationsentwicklung eine wichtige Rolle. Allerdings reicht es nicht, die Veränderungen zu kommunizieren, das Veränderungsmanagement muss auch auf die Anforderungen der Betroffenen abgestimmt sein. Auf die richtige Change-Management-Methode kommt es an, denn in Zeiten des dynamischen, schnellen Wandels braucht es ein Change Management, das auch selbst dynamisch ist und entsprechend agil reagiert.
Doch was zeichnet das richtige Change Management aus? Welche Maßnahmen sind entscheidend? Diese Fragen möchten wir Ihnen in diesem Artikel beantworten.
Die Terminologie des Change Management verstehen
Unter Change Management, Veränderungsmanagement, versteht man alle Projekte, Aktivitäten, Maßnahmen und Aufgaben, die dazu beitragen, den Status quo einer Organisation zu verändern, und eine umfassende Transformation bewirken. In der Regel geht es darum, neue Strategien umzusetzen, die sich mit den gewachsenen organisationalen Strukturen, den vorhandenen Legacy-Systemen sowie den darauf basierenden Prozessen und Abläufen nicht realisieren lassen. Aus diesem Grund betreffen Change-Initiativen sehr oft auch die Arbeitsroutinen und Verhaltensweisen der Mitarbeiter:innen, die in Richtung eines neuen Soll-Zustands verändert werden sollen.
Change Management hat sich in den letzten Jahren stark weiterentwickelt, und es wurden immer neue Change-Management-Modelle, -Prozesse und -Pläne entwickelt, um die Auswirkungen von Veränderungen innerhalb eines Unternehmens in gewünschte Bahnen zu lenken. Doch was verbirgt sich hinter den Begriffen Change-Management-Modell, Change-Management-Prozess und Change-Management-Plan? Worin unterscheiden sie sich?
- Change-Management-Modelle werden auf der Grundlage von Forschungsergebnissen und Erfahrungen entwickelt. Sie zeigen, wie sich Änderungen innerhalb eines Unternehmens oder im Privatleben am besten bewältigen lassen. Die meisten Change-Management-Modelle bieten einen unterstützenden Prozess, der sich auf Ihr Unternehmen oder Ihre persönliche Weiterentwicklung anwenden lässt.
- Change-Management-Prozesse beschreiben die Abfolge von Schritten oder Aktivitäten, die den Change vom Beginn bis zur Umsetzung begleiten.
- Change-Management-Pläne unterstützen die Umsetzung der Transformation und werden in der Regel im Rahmen der Planungsphase des Change-Management-Prozesses erstellt.
Zum Thema Change Management existieren verschiedene Ansätze und Theorien wie z. B. das Framework für Veränderungsmanagement von McKinsey, das Modell für Veränderungsmanagement von John P. Kotter, der ADKAR-Prozess von Prosci, das 3-Phasen-Modell von Kurt Lewin oder der PDCA-Zyklus von W. Edwards Deming.
Für welchen Ansatz ein Unternehmen sich entscheidet, hängt von den individuellen Rahmenbedingungen ab, je nach Ansatz unterscheiden sich die Herangehensweisen. Die nachfolgenden Faktoren für ein erfolgreiches Change Management gelten jedoch für alle Ansätze.
Erfolgsfaktor 1: Change Management setzt bei jedem Mitarbeitenden an
Veränderungen finden im Kleinen, bei jedem Einzelnen statt. Eine Mitarbeiterin bekommt ein neues Aufgabengebiet, digitale Arbeitsplätze werden eingerichtet, oder ein Mitarbeiter bringt neue Ideen zur Verbesserung der Arbeitsabläufe ein – wie leicht oder schwer sich solche kleineren Veränderungsprozesse realisieren lassen, ist ein Indikator dafür, wie gut oder schlecht ein Unternehmen insgesamt mit dem Thema Change Management zurechtkommt. Gelingt der Change im Kleinen, fällt das Veränderungsmanagement bei großen Transformationen leichter.
Erfolgsfaktor 2: Change Management braucht Zeit
Wird bei der Einführung einer neuen Lösung der Schwerpunkt auf die Erfüllung technischer Anforderungen gelegt und ignoriert, dass auch die Akzeptanz der zukünftigen Nutzer:innen vonnöten ist, können Kosten entstehen, die die gesamte Organisation belasten.
Analysen zeigen, dass jede Veränderungsinitiative die Mitarbeiter:innen in drei Gruppen spaltet: in solche, die begeistert sind und mitmachen (etwa 20 Prozent), solche, die zögerlich und zurückhaltend reagieren (etwa 60 Prozent), und in Mitarbeitende, die lieber das Alte bewahren, Neues ablehnen und Nein sagen (etwa 20 Prozent). Eine Veränderungen muss also richtig gemanagt werden, sonst besteht das Risiko, dass Change-Initiativen im Sand verlaufen, offene Konflikte ausbrechen und ein Unternehmen ins Schlingern gerät. Die Führungskräfte eines Unternehmens sind daher im Rahmen von Veränderungsprozessen in besonderer Weise gefordert.
Die vier Prinzipien für ein erfolgreiches Change Management
Organisationen sind ständigen Veränderungen unterworfen. Ob durch die Einführung neuer Technologien, durch Prozessaktualisierungen, Compliance-Initiativen oder durch Umstrukturierungen – konstante Änderungen sind notwendig als Treiber für Wachstum und Rentabilität. Ein konsistenter Veränderungsprozess ist die Voraussetzung dafür, unerwünschte Auswirkungen auf das Unternehmen und seine Beschäftigten zu minimieren.
1. Identifizieren Sie die Veränderungen
Eine Änderung zielt in der Regel darauf ab, einen Prozess, ein Produkt oder ein Ergebnis zu verbessern. Ihre Aufgabe ist es, Ihren Schwerpunkt zu bestimmen und Ihre Ziele zu klären. Dazu gehört auch, die Ressourcen festzulegen und die Personen zu benennen, die den Change-Prozess unterstützen und das Vorhaben leiten. Folgende Fragen helfen Ihnen dabei:
- Warum ist die Veränderung nötig? Was will ich optimieren? Was will ich erreichen, und welcher Change-Prozess ist dafür erforderlich?
- Wie sieht der konkrete Nutzen aus, den die anstehenden Veränderungen für mein Unternehmen haben sollen?
- Unter welchen Bedingungen kann sich der geplante Change positiv auf die Mitarbeiter:innen auswirken? Welche Weichen sind dafür zu stellen?
- Wie und in welchem Ausmaß beeinflussen die Änderungen die Arbeitsweise der Anwender:innen (neue Prozesse, neue Aufgaben)?
- Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit alle im Unternehmen den Veränderungsprozess sowie die damit verbundenen neuen Arbeitsweisen und Abläufe erfolgreich bewältigen können?
Hilfreich ist außerdem, darüber nachzudenken, welche negativen Folgen es hätte, wenn die Veränderung nicht durchgeführt würde. Die Veränderungsgleichung von Richard Beckhard und Reuben T. Harris zeigt, dass eine Veränderung nur dann funktioniert, wenn die Unzufriedenheit mit der alten Vorgehensweise groß genug ist. Andererseits müssen die Mitarbeiter:innen aber auch davon überzeugt sein, dass der neue Ansatz besser sein wird – und dass es einen klaren Weg dorthin gibt.
2. Planen Sie den Wandel
Wirksames Change Management ist kein Zufallsprodukt. Jede Planung, die Sie vornehmen, muss zu Ihrem Unternehmen passen. Die Art und Weise, wie Veränderungsprozesse gehandhabt werden, unterscheidet sich von Unternehmen zu Unternehmen. Manche verlassen sich beim Veränderungsmanagement auf sehr starre Methoden, während andere offener und flexibler vorgehen.
- Sponsoring:
Change-Projekte gelingen nur, wenn der Veränderungsprozess von der Führungsebene unterstützt und gefördert wird. Binden Sie deshalb jede betroffene Führungskraft rechtzeitig vor dem Projektstart aktiv ein. - Einbindung:
Suchen Sie sich Verbündete. Wer im Management, welche Führungskraft und welche Mitarbeitenden können Sie am besten bei der geplanten Transformation unterstützen? Können Sie interne Ressourcen nutzen, oder benötigen Sie externes Know-how bzw. externe Beratung? - Akzeptanz:
Um Ihre Ziele zu erreichen, benötigen Sie die Unterstützung der Mitarbeiter:innen im gesamten Unternehmen. Wie wollen Sie das erreichen? Wo ist mit Widerstand zu rechnen, und wie reagieren Sie darauf? - Auswirkungen:
Fragen Sie sich, welche konkreten Ziele Sie erreichen möchten und wie Sie ein positives Ergebnis definieren würden. Welche Folgen bringt der Veränderungsprozess mit sich, die Sie angehen wollen? Welche Worst-Case-Szenarien sind denkbar, und wie gehen Sie damit um?
3. Das Change-Projekt umsetzen
Es gibt viele verschiedene Strategien, die Sie wählen können, um Ihr Change-Projekt in die Praxis umzusetzen. Das 8-Schritte-Modell für Veränderungen von John P. Kotter beispielsweise erklärt, wie Sie Ihren Maßnahmen die nötige Dynamik verleihen, um alle zu ermutigen, den Change und die damit verbundenen neuen Verhaltensweisen mitzutragen.
Die Change-Kurve von John P. Kotter zeigt, wie wichtig die Berücksichtigung der Gefühle der Mitarbeiter:innen ist, wenn Sie Ihr Vorhaben in die Tat umsetzen. Sie erläutert die Phasen, die während eines Change durchlaufen werden – vom Schock und der Ablehnung bis zu dem Punkt, an dem die Mitarbeiter:innen den neuen Ansatz voll unterstützen.
Für die Auswahl der passenden Methode bzw. des geeigneten Modells kann es keine allgemeine Empfehlung geben. Hier muss jedes Unternehmen individuell entscheiden, was zu den Rahmenbedingungen und Strukturen, zum geplanten Change-Prozess, zur Veränderungsresistenz der Mitarbeiter:innen sowie anderen relevanten Faktoren passt.
Unabhängig davon, für welche Bottom-up- und Top-down-Instrumente Sie sich entscheiden, können die folgenden Schritte Ihnen helfen, das Thema Change auf positive Weise umzusetzen:
- Stellen Sie sicher, dass allen Beteiligten klar ist, worum es geht, was geplant ist und was die Änderungen konkret für die einzelne Person bedeuten.
- Definieren Sie messbare Erfolgskriterien für Ihre Change-Projekte und nutzen Sie regelmäßige Analysen in Berichtsform zur Dokumentation der erzielten Fortschritte.
- Identifizieren Sie alle am Veränderungsprozess beteiligten Stakeholder und definieren Sie, wer in welchem Ausmaß einbezogen werden soll.
- Klären Sie, welche Schulungsmaßnahmen durchgeführt werden müssen, damit Sie Ihre Ziele erreichen.
- Setzen Sie „Change Agents“ ein. Sie können bei der Einführung von neuen Prozessen wertvolle Unterstützung leisten und in ihrer Rolle als Vorbild für positive Impulse sorgen.
- Sorgen Sie im gesamten Change-Prozess für eine bedarfsgerechte Unterstützung der Beteiligten.
- Überlegen Sie sich geeignete Maßnahmen und Anreize, um eingefahrene Routinen aufzubrechen, damit die neuen Arbeitsweisen schnell zur Gewohnheit werden.
4. Kommunizieren Sie den Change und den Veränderungsprozess
Transparenz durch Kommunikation ist ebenfalls ein wesentlicher Erfolgsfaktor beim Change Management. Der anstehende Change-Prozess muss klar und relevant sein, damit Ihre Mitarbeiter:innen verstehen, was Sie von ihnen wollen und warum. Aber auch die Führungskräfte müssen den richtigen Ton treffen, damit die erhoffte emotionale Reaktion eintritt.
Verknüpfen Sie das geplante Transformationsvorhaben mit dem Leitbild oder der Vision Ihrer Organisation. Auf diese Weise können Ihre Mitarbeiter:innen erkennen, wie sich der Change positiv auf das große Ganze auswirkt. Zugleich vermitteln Sie allen Beteiligten eine gemeinsame Zukunftsvision, die inspiriert und verbindet.
Unterstützende Tools und Komponenten für die Implementierung von Change-Management-Prozessen
Effektive Change-Management-Prozesse basieren auf unterstützenden Aktivitäten und Tools. Nur so erhalten die Mitarbeiter:innen und das Management in allen Projektphasen die notwendige Unterstützung und die erforderlichen Mittel zur erfolgreichen Umsetzung der geplanten Veränderungen.
Für Ihre Change-Management-Projekte sollte daher ein Mix an Aktivitäten und Tools zum Einsatz kommen, zum Beispiel:
- Produkt- oder Business-Roadmap
- Bereitschaftsbewertungen
- Tutorials und Weiterbildungsinhalte
- Foren für Stakeholder-Feedback
- Management von Widerständen
- Fortlaufender Optimierungsplan
- Digital Adoption Platform (DAP)
Wichtig dabei ist, dass Sie die neuen Prozesse möglichst nachhaltig gestalten, abbilden und Ihre Mitarbeiter:innen mit verschiedenen Lerninhalten kontextualisiert unterstützen. Auf diese Weise verhindern Sie, dass die Mitarbeitenden mit Informationen überflutet werden und zu viel Zeit bei der Suche nach den für sie relevanten Information verlieren. Sie verringern die „digital friction“ und führen Ihre Anwender:innen schrittweise durch den Veränderungsprozess ans gewünschte Ziel.
Eine Digital Adoption Platform kann eine entscheidende Rolle in Ihrem Change-Prozess spielen. Richtig eingesetzt, leistet sie bei jedem der vier genannten Prinzipien einen erfolgskritischen Beitrag, weil sie die Akteur:innen des Wandels in jeder Projektphase individuell und bedarfsgerecht unterstützt.
Für Change Management gibt es kein „One size fits all“
Es gibt kein Patentrezept für das Change Management und somit auch keinen perfekten Weg. Den muss jede Organisation für sich selbst finden – abhängig von der jeweiligen Historie, der Unternehmenskultur sowie der Veränderungsbereitschaft ihrer Führungskräfte und Mitarbeiter:innen. Entscheidend in allen Fällen ist aber, dass Sie Anfangswiderstände mit geeigneten Methoden, transparenter Kommunikation und einer bedarfsgerechten Unterstützung aller Betroffenen minimieren. Denn das nachhaltige Management von Veränderungsprozessen gelingt nur, wenn Sie Skeptikern schnell den Wind aus den Segeln nehmen, indem Sie die Vorteile weitreichender Veränderungen durch schnelle Erfolgserlebnisse für jede und jeden Einzelnen erlebbar machen.