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Digitales Lernen: Warum der Trend von Push zu Pull geht

Schneller Wandel braucht schnelle Wissensvermittlung. Unternehmen setzen deshalb zunehmend auf Technologien, die selbstorganisiertes Lernen fördern und Mitarbeitende im Workflow am Arbeitsplatz unterstützen.
15. Oktober 2021
6 min
Matthias Langenbacher, Geschäftsführer, tts - knowledge matters. Matthias Langenbacher

Es ist schon eine erstaunliche Entwicklung, die das Thema Weiterbildung in den letzten Jahren durchlaufen hat. Noch vor gar nicht allzu langer Zeit fristeten Schulungen häufig ein eher bescheidenes Dasein nach dem Motto: Kann man machen, muss man aber nicht.

Inzwischen ist jedem HR-Manager klar, dass Weiterbildung und Talent Management geschäftskritische Faktoren sind, die zum Kernbereich der strategischen Unternehmensführung gehören. Denn beides ist dafür verantwortlich, wie gut sich ein Unternehmen in Krisenzeiten bewährt und wie schnell es auf die turbulenten Veränderungen im Zeitalter von künstlicher Intelligenz (KI), Remote Work und datengetriebenem Business reagieren kann. Nicht Technologie macht den entscheidenden Unterschied im Wettbewerb. Viel wichtiger ist, wie souverän und kreativ die Mitarbeitenden die damit verbundenen Potenziale ausreizen. Die Voraussetzung dafür sind kontinuierliches Lernen und ein hohes Tempo beim Wissenstransfer, das vor allem digitale Schulungsformate versprechen. Doch nicht alle werden diesem Anspruch gerecht. Also, worauf kommt es an?

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Auch in der Schweiz hat die Covid-19-Pandemie für einen beispiellosen Digitalisierungsschub in der Weiterbildung geführt. Praktisch über Nacht mussten sich Learning-Verantwortliche von allen Präsenzschulungen verabschieden und neue Formate für die Mitarbeitenden im Homeoffice aus dem Boden stampfen. Wo vorher Monolog per Frontbeschallung herrschte, gab es plötzlich webbasiertes E-Learning, Webinare, Peer-to-Peer-Learning oder Virtual Classroom Trainings.

In vielen Unternehmen sind diese digitalen Lernformate seit Jahren etabliert, und sie haben auch unabhängig von Remote Work ihre Vorzüge. Sie sorgen für Abwechslung im internen Weiterbildungsangebot. Sie fördern ortsunabhängig den Austausch. Und sie berücksichtigen bei der Wissensvermittlung zumindest teilweise das individuelle Lerntempo sowie Vorlieben für bestimmte Medienformate. Darüber hinaus können die Mitarbeitenden beim E-Learning selbst bestimmen, was und wann sie lernen wollen. Trotzdem gehen die meisten der genannten Lernformate am täglichen Bedarf der Menschen in Unternehmen vorbei. Wer schon mal ein einstündiges YouTube-Video, einen Podcast oder eine seitenlange Dokumentation nach dem einen, entscheidenden Hinweis durchsucht hat, dürfte ahnen, worum es geht.

Das Problem ist nämlich, dass sich viele digitale Lernformate an vordigitalen Methoden der Wissensvermittlung orientieren. Keine Frage, sie liefern unverzichtbares Know-how zu bestimmten Themen oder Projekten. Aber sie sind weder clever noch smart, weil sie zu viele Antworten auf die unterschiedlichen, oft sehr spezifischen Fragestellungen der einzelnen Teilnehmer geben. Die Folgen dürften die meisten aus eigener Erfahrung kennen: Information Overload, Langeweile, die Nebenbei-Beschäftigung mit anderen Dingen und gleichzeitig die Sorge, sich an das Gelernte nicht mehr erinnern zu können, wenn es ein oder zwei Wochen später gebraucht wird – allesamt klassische Neckbreaker, wenn es darum geht, Digitalisierungsprojekte zum Erfolg zu führen.

Weniger ist mehr: Kontextbasiertes Lernen am Arbeitsplatz

Die Schweizer Krankenkasse KPT hat die Konsequenzen aus diesem Dilemma gezogen und sich für eine Digital Adoption Platform entschieden, die das Wissen dorthin bringt, wo es tagtäglich am dringendsten gebraucht wird: direkt an den Arbeitsplatz. „Wir beobachten einen Paradigmenwechsel bei der Art, wie Wissen in Firmen vermittelt wird: Die Inhalte einer Schulung sind nicht mehr isoliert von der Arbeit der Mitarbeitenden zu betrachten“, sagt Remo Luzi, E-Learning-Spezialist bei der KPT.

Wie so viele Unternehmen, arbeitet auch die KPT mit Hochdruck an der Digitalisierung ihrer Prozesse. Entsprechend ist vieles in Bewegung und der Lernbedarf so gross, dass sich Remo Luzi und seine Kollegen ganz bewusst für eine Lösung entschieden haben, die das kontextuelle Lernen im Workflow unterstützt. „Für uns ist es entscheidend, dass wir den Mitarbeitenden wenn immer möglich nur jene Funktionen zeigen, die sie für ihre Arbeit benötigen und für die sie eine Berechtigung haben“, erklärt Luzi. „Wichtig sind uns ausserdem die zusätzlichen Auswertungsmöglichkeiten vom Lernverhalten unserer Mitarbeitenden. Das hilft uns dabei, ihre Bedürfnisse noch besser zu verstehen und die Erkenntnisse in neue Schulungen einfliessen zu lassen.“

Der entscheidende Punkt beim kontextbasierten Lernen liegt darin, dass grosse Wissenseinheiten in schnell verdaubare Mikrolektionen zerteilt werden, die die Mitarbeitenden passend zu ihrer aktuellen Aufgabe und Rolle im „Moment of Need“ abrufen können, also genau dann, wenn sich ein akutes Know-how-Loch auftut. Damit das funktioniert, läuft die Performance-Support-Lösung im Hintergrund – sofern das von den Mitarbeitenden gewünscht wird und die Software aktiviert wird. Sie erkennt, mit welchem Programm die Mitarbeitenden arbeiten und welche Funktionalitäten sie bedienen möchten. Kommen Nutzer an einer Stelle nicht weiter, erhalten sie auf Wunsch mit einem Mausklick exakt die dazu passende Hilfestellung – von Schrittlisten über „How to“-Videos bis zu programm- und prozessübergreifenden E-Learnings, Dokumentationen, Animationen oder Quiz-Formaten.

Mehr Akzeptanz durch Hilfe zur Selbsthilfe

Auch Barry Callebaut hat erkannt, dass passgenaues Wissen im „Moment of Need“ eine erfolgskritische Rolle bei Digitalisierungsprojekten spielt. “Microlearning muss nicht nur im ‚Moment of Need‘ verfügbar sein, sondern auch ohne jede Hürde“, sagt Stefan Weingärtner, der bei Barry Callebaut den Bereich Global HR Solutions and Digitalization verantwortet. Bereits seit 2013 arbeitet der weltweit grösste Hersteller von Schokolade mit SAP SuccessFactors und steht nun vor dem Roll-out einer weiteren globalen Lösung für Zeitwirtschaft.

Das Unternehmen setzt seit vielen Jahren auf ein breites Angebot für das digitale Lernen. Es hat sich gezeigt, dass die Mitarbeitenden Dokumentationen, Trainingsmaterialien oder Tool Guides im Intranet nicht gleich finden, obwohl sie vorhanden sind. Um die Mitarbeitenden hier besser zu unterstützen, entschied sich Barry Callebaut für eine Digital Adoption Platform. Noch ist der Roll-out in der Frühphase – aktuell arbeiten ausschliesslich die HR-Mitarbeitenden mit der Lösung –, aber in Zukunft ist ein Einsatz auch über SAP SuccessFactors hinaus geplant. „Wir bevorzugen daher eine Lösung, die mit jeder beliebigen Software funktioniert. So können die Mitarbeitenden sich bei Problemen jederzeit selbst helfen und den zentral verfügbaren Help Content konsultieren bevor sie sich an den Support wenden.“

Stefan Weingärtner weiss wie wichtig schnelle User Adoption durch Mikrolernen für ein erfolgreiches Onboarding von neuen Mitarbeitenden und die Akzeptanz bei der Einführung und Nutzung von neuer Software ist. Digital Adoption Platforms können gerade in diesem Bereich noch viel Potenzial ausschöpfen.

Alles auf die E-Learning-Karte setzen würde Weingärtner aber nicht. Auch in Zukunft werde es bei Barry Callebaut weiterhin Knowledge Sharing und virtuelle Team-Sessions geben. „Es braucht Feingefühl um zu entscheiden, welcher Weg der Beste ist, um Lerninhalte effizient zu vermitteln“, sagt er. „Ich bin überzeugt, dass softwaregestütztes Lernen immer wichtiger wird. Dabei dürfen wir aber nicht den Menschen vergessen, und sein Bedürfnis nach Interaktion mit anderen. Akzeptanz und Frustration liegen eng beieinander.“

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