IT-Know-how mit Transformationskompetenz verbinden
tts ist mit HR-Consulting seit vielen Jahren im Beratungsgeschäft aktiv. Warum gibt es jetzt zusätzlich die tts Transformation Consulting?
Roman Kropp: Die Beratung bei tts hat sich bisher vor allem auf die technische Umsetzung von Digitalisierungsprojekten im Personalwesen konzentriert. Damit kommen Kunden sicher ans Ziel, wenn sie bei einer Implementierung zum Beispiel den gesamten Lebenszyklus eines Mitarbeitenden vom Recruiting bis zum Ausscheiden abbilden wollen.
Die erfolgskritischen Weichen für Transformationsvorhaben werden aber wesentlich früher gestellt. Das Problem dabei ist: In dieser frühen Phase spielt die IT häufig kaum eine Rolle, weshalb viele Projekte hinter den gesteckten Zielen zurückbleiben oder scheitern. Etwa, wenn sich später zeigt, dass das IT-System nicht zu den HR-Prozessen und zur Organisation passt, weil unterschätzt worden ist, wie eng die Themen miteinander verzahnt sind. Damit solche Investitionsruinen erst gar nicht entstehen, braucht es einen breiteren Beratungsansatz, der IT-Know-how mit Transformationskompetenz kombiniert. Damit kann der Personalbereich Governance, Organisation und Prozesse im Einklang mit IT-Szenarien ausgestalten. Nur dadurch stellt er sich zukunftsfähig auf – und genau das machen wir bei der tts Transformation Consulting.
Dr. Stephan Schmid
Das heißt, der klassische Ansatz „IT follows function“ ist tot?
Stephan Schmid: Ja, es funktioniert einfach nicht, den HR-Bereich und die HR-Prozesse auf der grünen Wiese neu aufzustellen und im nächsten Schritt die IT an diese Pläne anzupassen. Heute muss jedes Transformationsvorhaben auch von der IT her, also ganzheitlich gedacht werden. Dazu braucht es eine starke digitale Kompetenz in den Bereichen Cloud, Implementierung sowie operativem Betrieb. Und es braucht fachliche HR-Kompetenz, die bei der Neuausrichtung von HR die digitalen Möglichkeiten mitdenken und nutzen kann. Welche Beratung kann diese Kompetenzen so kombinieren wie wir? Wir können mit dem gesamten bei tts verfügbaren Know-how jederzeit Teams zusammenstellen, die genau zum Kunden und seinen Herausforderungen passen, indem wir die erforderliche Expertise an unser Kernteam andocken.
Vor welchen typischen Problemen stehen Kunden, die sich an Sie wenden?
Roman Kropp: Viele haben eine gescheiterte HR-Transformation hinter sich oder nicht die gewünschten Potenziale realisiert. Verantwortlich dafür ist meist, dass ein Zielbild ohne ausreichende Berücksichtigung der IT gebaut worden ist und die IT jetzt irgendwie passend gemacht werden muss – was aber sehr komplex oder, gerade bei Cloud-Lösungen, nur eingeschränkt möglich ist. Andere haben zwar eine moderne IT-Lösung gewählt, aber ihr HR-Geschäftsmodell nicht darauf angepasst. Kurz vor dem Rollout merken sie dann, dass sie vor einem Scherbenhaufen stehen, weil ihnen das Fundament für die Transformation fehlt.
Und dann kommen Sie und bringen das in Ordnung?
Roman Kropp: Ja, auch. Allerdings sehen wir uns nicht primär als Reparaturbetrieb, sondern haben den Anspruch, unsere Kunden so zu beraten, dass später keine Reparaturen erforderlich sind.
Stephan Schmid: Schauen Sie: Viele Unternehmen sind offen für Disruption im technischen Bereich, aber konservativ, wenn es um Kultur, Kompetenzen und Strukturen geht. Daraus entstehen häufig tief greifende Probleme.
Dr. Stephan Schmid
Zum Beispiel?
Stephan Schmid: Nehmen Sie ein mittelständisches Unternehmen, das sich mit starken Landesgesellschaften in Europa, Asien und Amerika zu einem Global Player entwickelt hat. Hier können Sie nicht einfach eine HR-Cloud-Lösung einführen und mit ein paar Anpassungen später dann alles Weitere irgendwie geradebiegen. Stattdessen muss erst geklärt werden, welche Freiheitsgrade die Landesgesellschaften im Zuge der HR-Digitalisierung behalten sollen und ob sich das neue Zielbild überhaupt mit einer standardisierten Cloud-Lösung abbilden lässt. In diesem Fall heißt das: Wenn Sie ein System ausrollen, ohne vorher die nötigen Governance-Voraussetzungen zu schaffen, dann scheitert das Projekt. Weil einzelne Landesgesellschaften ausscheren, mit Schattenlösungen arbeiten und damit den Traum von harmonisierten Prozessen zum Platzen bringen.
Hier können wir helfen, weil wir die Erfahrung und die Modelle für den Aufbau einer nachhaltigen Governance- und Organisationsstruktur mitbringen – übergreifend für das Zusammenspiel zwischen globaler, regionaler und lokaler HR-Ebene sowie zwischen HR und IT, und zwar so, dass der Kunde den größtmöglichen Mehrwert aus dieser organisatorischen und technischen Transformation ziehen kann.
Roman Kropp
Roman Kropp
Welche Rolle spielen Produkte wie SAP SuccessFactors in Ihrem Beratungsansatz?
Roman Kropp: Wir arbeiten lösungsorientiert und nicht produktorientiert. Wir schauen, was das Unternehmen braucht, damit es in der digitalen Welt bestehen kann, und wie der Personalbereich aufgestellt sein muss, um diese Herausforderungen zu bewältigen. Wir klären Fragen wie: Wo lassen sich administrative Tätigkeiten durch innovative Technologien einsparen und im Gegenzug beratende Begleitung des Business und Aktivitäten wie Active Sourcing ausbauen? Wie kann sich eine sehr arbeitsteilige Personalfunktion zu einer kundenzentrierten wandeln?
Dass wir hierfür lösungsunterstützende Produkte bei tts haben, stärkt unsere Kompetenz, weil wir HR-Transformationen „end-to-end“ begleiten können. Unsere Beratung endet nicht mit einer 50-seitigen PowerPoint-Präsentation, sondern mit der erfolgreichen Umsetzung. Und das kann heißen: HR-Mitarbeiter, die ihrer neuen Rolle kompetent gerecht werden, oder eine neue IT-Landschaft, die funktioniert.
Wo liegen derzeit, Ihrer Meinung nach, die wichtigsten Herausforderungen im Bereich der HR-Transformation?
Stephan Schmid: HR muss zum Unternehmen passen. Wenn ein traditionell aufgestelltes Unternehmen sein Geschäftsmodell auf eine datenbasierte Grundlage stellt, dann wird auch vom Personalbereich erwartet, Wissen aus Daten zu generieren. Etwa um zu erkennen, wie Mitarbeiterfluktuation und Führungsqualität zusammenhängen oder Employee Engagement und Kundenzufriedenheit. Wenn sich ein Unternehmen transformiert, dann wird von HR erwartet, diese Transformation führend mitzugestalten, ohne dass das operative Tagesgeschäft liegen bleibt. Dazu muss die eigene Funktion in vielen Aspekten neu gedacht werden. Das wird immer wichtiger.
Roman Kropp: Für mich liegt die größte Herausforderung im geordneten Management von Kontrollverlust. Denn das ist der Preis, den jedes Unternehmen für mehr Agilität bezahlen muss. Hier spielen Themen wie Ambidextrie, Dezentralisierung, Selbstorganisation oder Mass Customization eine Rolle. Es geht um die Frage, wie viel Freiheit an welchen Stellen im Unternehmen wirklich sinnvoll ist. Vor allem aber geht es darum, eine Form der dezentralen Zusammenarbeit zu etablieren, die nicht in einem vermeintlich agilen Flohzirkus endet, sondern effiziente Abstimmungs- und Entscheidungsprozesse innerhalb und zwischen den Communitys fördert, die viele HR-Funktionsbereiche zunehmend prägen und weiterentwickeln. Die dafür nötige Balance zwischen „freedom“ und „frame“ zu entwickeln und technisch zu unterstützen, ist in den nächsten Jahren eine besondere Herausforderung und Chance für uns und unsere Kunden. Da steckt richtig viel Musik drin.