LERNLUST #14 // Was zählt, is' auf'm Platz: Deskless Workforce
Wie ist das, wenn der Servicetechniker vor Ort beim Kunden ist und an einem zu wartenden Gerät mit einem Problem konfrontiert wird, das er noch nicht hatte? Woher bekommt der Anlagenfahrer die Informationen, wie er schnell und fehlerfrei an seiner Maschine beispielsweise einen Walzenwechsel durchführt?
Woher kommt Unterstützung, wenn ich in der Produktion, im Service, in der Logistik oder Instandhaltung genau jetzt ein mit meinem eigenen Erfahrungsschatz nicht zu lösendes Problem habe?
Wie machen das diejenigen Mitarbeitenden, die in getaktete Arbeitsprozesse eingebunden sind und die keinen Arbeitsplatz mit Schreibtisch und PC haben, an dem sie E-Learnings ansehen könnten oder durch Suche in EPSS Systemen, in User Communities, in Yammer oder anderen collaborativen Lösungen Hilfe und Unterstützung bekommen können?
In Zeiten von mobilen Technologien ist das doch alles kein Problem, oder? Ganz so einfach ist es dann aber eben doch nicht …
Was genau ist also die Situation und worin bestehen die Herausforderungen? Was braucht diese Gruppe von Mitarbeitenden, die immerhin ca. 80% der arbeitenden Menschen ausmachen, wirklich?
Und wie können wir Learning Professionals hier sinnstiftend und wertvoll sein – mit guten Lernangeboten, aber mehr noch mit guten Unterstützungsangeboten im Prozess der täglichen Arbeit?
Shownotes
Host:
Claudia Schütze, Senior Learning Consultant & Trainerin // LinkedIn
Gast:
Pascal Guderian, Head of Patient Portal at samedi GmbH // LinkedIn
Details zum Thema auf dem loop-Blog
Webinar zu systemrelevanten Mitarbeitenden
Josh Bersin: The Big Reset Playbook - deskless Workers.
Artur Mohrlang, Business Development Manager // LinkedIn
Transkript
[Claudia Schütze]
Lernlust, der Podcast für alles rund ums Thema Corporate Learning.
[Susanne Dube]
Wir sind Claudia Schütze und Susanne Dube und wir sind Learning Consultants bei der tts und wir sind die Hosts dieses Podcastes.
[Claudia Schütze]
Und hier werden wir uns über Themen unseres Arbeitsbereiches miteinander austauschen, also alles, was Lernen in Organisationen heute und in der Zukunft betrifft.
[Susanne Dube]
Und wir werden uns von Zeit zu Zeit interne oder auch externe Experten in unsere Runde einladen. Und wir freuen uns, wenn ihr dabei seid.
[Claudia Schütze]
Gute Lernangebote haben schon immer einen Mix aus Präsenztrainings und E-Learnings berücksichtigt. Mit 702010 kamen jedoch die Ideen zu, dass Lernen zu einem großen Teil aber eben doch auch erst im Prozess der Arbeit und über den Austausch mit anderen stattfindet. Selbstgesteuertes Lernen wurde hier einer der Schlüsselbegriffe.
Vor diesem Hintergrund gibt es heute eine Vielzahl von Lernangeboten, die einen guten Mix genau daraus anbieten und im Prozess der Arbeit unterstützen. Das können alle diejenigen Mitarbeitenden nutzen, die einer Arbeit nachgehen, bei der sie an einem Arbeitsplatz genau auf solche Angebote zugreifen können. Laut Josh Burson haben allerdings ca.
80% der arbeitenden Menschen diese Möglichkeit nicht. Bei bisherigen Qualifizierungskonzepten, der Entwicklung von guten Lernangeboten und passgenauer Unterstützung wurden diese Berufsgruppen sehr oft nicht wirklich oder nicht gut genug berücksichtigt. Was hier Erfolg verspricht und welche Herausforderungen es gibt und warum Yammer und Teams auf mobilen Endgeräten dafür nicht die Lösungen sind, darüber spreche ich mit meinem inzwischen leider ehemaligen Kollegen Pascal Guderian.
Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Episode unseres Lernlust Podcastes und ich freue mich sehr, dass ich heute wieder einen sehr geschätzten Kollegen von mir bei uns auf unserem virtuellen Kaffeeküchen-Sofa begrüßen darf und zwar Pascal Guderian. Hallo Pascal, schön, dass du da bist.
[Pascal Guderian]
Hallo Claudia, hallihallo.
[Claudia Schütze]
Pascal, du warst bei uns noch nicht zu Gast und ich finde unsere Zuhörer haben verdient, dass sie kurz erfahren, wer du bist. Also ein Kollege, das habe ich schon gesagt, du bist Diplom-Physiker und hast dich später aber auch mit Physik-Didaktik beschäftigt. Das heißt, dass du auch mit Themen der Pädagogik vertraut bist und der Didaktik und hast in diesem Bereich ebenfalls auch promoviert und bis zur tts gekommen.
Als Trainer hast du im E-Learning-Team gearbeitet und hast später auch unser Professional Services Team aufgebaut. Seit über sechs Jahren beschäftigst du dich mit unserer Software und dort in der Rolle als Produktmanager und seit drei Jahren liegt dein Fokus auf einem Thema, über das wir heute auch reden wollen, nämlich über die Deskless-Workforce. Pascal, herzlich willkommen.
[Pascal Guderian]
Dankeschön, hervorragend eingeführt.
[Claudia Schütze]
Du findest dich wieder, das ist super.
[Pascal Guderian]
Ich nehme mir den Stipsel einfach mit und lasse ihn dann abspielen.
[Claudia Schütze]
Pascal, ich habe am Ende der Vorstellung gesagt, wir wollen reden über Deskless-Workforce. Da gibt es vielleicht im Laufe unseres Gesprächs auch noch ein paar andere Bezeichnungen. Wir zwei, wir beide, wir gehören zu einem relativ privilegierten Teil.
Wir haben einen Schreibtisch, wir haben einen PC, unseren eigenen, persönlichen. Und tatsächlich, glaube ich, sind wir auch in der Luxussituation, dass viele Lernkonzepte, viele Wissenstransfer, viele Support-Konzepte für Menschen wie uns gemacht werden. Aber wir machen eben nur 20 Prozent der arbeitenden Bevölkerung aus.
Und wenn uns das so bewusst ist, muss irgendwie klar sein, da gibt es noch 80 Prozent andere. Und Pascal, über die wollen wir heute reden. Und wir wollen im Kontext von Lernen und Unterstützung in der Arbeit, am Arbeitsplatz reden und uns angucken, was diese Menschen eigentlich brauchen.
Und vielleicht so mal als meine erste Frage jetzt in diesen Zeiten, wo doch moderne und mobile Technologien wirklich ausreichend verfügbar sind, sollte es doch eigentlich überhaupt gar kein Problem mehr sein, auch für diese Arbeitenden eine entsprechend adäquate Unterstützung zur Verfügung zu stellen, oder?
[Pascal Guderian]
Das klingt total sinnvoll an, genau. Wir haben all die technischen Möglichkeiten, die die Welt so hergeben. Und vielleicht noch ein kleiner Schritt zurück.
Deskliss drückt ja eine Sache aus, nämlich nicht am Schreibtisch. Ein bisschen ist das begrifflich auch ein krummer Begriff. Denn letztendlich heißt es ja nur, ich habe etwas nicht, was meinen Arbeitsplatz ausmacht.
Und das drückt so ein bisschen aus wie Non-Food im Supermarkt. Das Wichtige ist der Food-Bereich im Supermarkt. Aber da gibt es noch ein bisschen so die Aktionsfläche mit Non-Food.
Das machen wir aber mit so einem Nebenbei. Und Deskliss drückt das auch ein bisschen aus. Aber eigentlich ist es hier genau andersherum.
Denn die Deskliss-Workforce, wie wir sie jetzt mal auf englische Art und Weise beschrieben haben, sind nämlich die Mitarbeiter, die letzten Endes ganz zentral für die Wertschöpfung in ihren Unternehmen beitragen. Das sind die in den Fabrikhallen, die man ja auch neudeutsch Shopfloor nennt. Das sind diejenigen, die in den Verkaufsflächen stehen, Regale aufzufüllen haben, verkaufen.
Oder auch Leute im Healthcare-Bereich. Also all diejenigen, die ihren Job also letzten Endes nicht am Schreibtisch machen. Insofern drückt es das ja aus.
Aber eigentlich sind das mit die wichtigsten Mitarbeiter in ihren jeweiligen Unternehmen. Nicht nur wegen der schieren Masse, sondern in dem, was sie tun. Weil sie eben ganz zentral für die Wertschöpfung sind.
Also das erst mal, um kurz zu beschreiben, um welche Menschen es in den Unternehmen eigentlich geht. Super.
[Claudia Schütze]
Das ist gut, dass du das nochmal, glaube ich, so aus deiner Brille auch nochmal klargestellt hast. Weil tatsächlich, glaube ich, ist diese Terminologie Deskless Workforce vermutlich im englischen Sprachraum sehr präsent, aber im Deutschen vielleicht doch noch nicht so populär. Also insofern, glaube ich, ist es ganz gut, dass wir nochmal erklärt haben, über wen wir heute eigentlich reden wollen.
Und wir wollen natürlich über diese Gruppe der Mitarbeitenden nicht einfach so reden, sondern unsere Brille ist Lernen und alles, was im Kontext von Wissen und Lernen uns beschäftigt. Und genau da wollen wir hingucken. Ganz genau.
[Pascal Guderian]
Und um direkt mal auf deine erste Frage zurückzugehen. Wenn wir so über Lernen sprechen in der heutigen Welt und in einer Welt, wo wir an Schreibtischen sitzen, mit PCs ausgestattet, also mit Technologie, mit anderen Worten. Dann ist der Reflex ja immer ein ganz schneller zu sagen, okay, wir haben die Technologie und das bezieht sich jetzt nicht nur auf Deskless oder Nicht-Deskless-Worker, sondern allgemein.
Wir haben Technologie und versuchen da unsere Probleme mit zu lösen. So ist ja eigentlich der Sinn. Oftmals leider nicht ganz so gelebt.
Manchmal hat man den Eindruck, Technologie ist nur Mittel zum Zweck, womit man rumspielt, um dann letzten Endes doch nicht das zu erreichen, was man versucht hat zu erreichen. Aber das mal ganz zur Seite. Aber letzten Endes ist der Reflex, ich habe Technologie und in dem Fall, weil wir von Deskless-Worker sprechen, reden wir also über mobile Technologien.
Mobile Technologie, die ja heutzutage in unserem privaten Umfeld seit nunmehr 13 Jahren immer mehr und heutzutage übersteigt ja das, was wir mit mobilen Geräten so tun. Das, was wir bis vor 15 Jahren noch mit unseren Laptops oder PCs gemacht haben, die letzten Endes die Nutzungszeit, unsere allgemeine Nutzungszeit, also sprich das Verhältnis von den Dingen, die wir an unseren Mobilgeräten tun, übersteigt bei weitem das, was wir mittlerweile auf unseren festen Rechnern tun. Und insofern sind es diese mobilen Technologien, die natürlich versprechen, dass sie etwas für die Deskless-Workforce tun können.
Aber wie sich herausstellt, so einfach ist es dann doch nicht.
[Claudia Schütze]
Genau, das wäre jetzt meine Frage gewesen. Pascal, du sagst, sie versprechen es, für diese Gruppe von Mitarbeitenden etwas tun zu können. Lösen sie denn dieses Versprechen ein?
[Pascal Guderian]
Je nachdem, je nachdem, wie man an die Fragestellung rangeht, wie unterstütze ich, um mal ganz konkret zu werden, mal ganz speziell geschaut auf die Mitarbeiter, die in der Produktion arbeiten, auf dem Shopfloor, wie vorhin schon erwähnt, in den Fabrikhallen, wie unterstütze ich diese Mitarbeiter bestmöglich, meinetwegen mit Technologie, um genau was zu tun? Was will ich denn erreichen? Und es geht ja in dieser Podcast-Reihe auch sehr, sehr viel ums Lernen in erster Linie.
Und wenn wir uns mal nur auf dieses Lernen erstmal fokussieren, ist das etwas, was wir uns erhoffen zu verbessern für die Mitarbeiter, dass sie lernen können an ihrem Arbeitsplatz? Oder ist es etwas anderes, was wir versuchen wollen zu erreichen? Diese Frage müssen wir uns erstmal stellen.
[Claudia Schütze]
Okay, und ich glaube, da muss man sich auch mal angucken, wie die Tätigkeiten dieser Menschen aussehen. Also zumindest ich kann aus meiner aktuellen Projekterfahrung sagen, ich schule gerade viele Menschen in der Instandhaltung und aus produktionsnahen Kontexten. Und diese Menschen sind in den Anlagen unterwegs.
Sie sind da, wo Störungen sind. Die sind draußen. Die sind vielleicht am Anfang des Tages mal eine halbe Stunde da, wo irgendwo ein PC steht.
Und am Ende des Tages kommen sie wieder. Und jetzt wollen wir versuchen, über Lernen zu sprechen. Und insofern, glaube ich, beschreibt das ja schon relativ gut, warum Lernen für diese Menschen, wenn wir das überhaupt so definieren oder betiteln wollen, anders funktionieren können muss als für uns beide beispielsweise.
[Pascal Guderian]
Ganz genau. Einfach auch, weil der Handlungsdruck in den Arbeitsabläufen, die Arbeitsläufe in der Produktion beispielsweise, sind ja sehr effizienzgetrieben. Da geht es um Produktivität.
Da geht es darum, jetzt nicht nur am Fließband zu stehen, wie man sich manchmal auch so Arbeitsplätze in den Fabrikhallen so als unbedarfter Mensch, der bislang da keine Behörden hatte, auch vorstellt. So ist es ja nicht im deutschsprachigen Raum. Das heißt, trotzdem ist die Fragestellung, auch dort herrscht Effizienzdruck.
Auch in Deutschland herrscht Effizienzdruck. Und möchte ich jetzt diesen Effizienzdruck oder die fehlende Zeit, die die Mitarbeiter haben, noch zusätzlich auffüllen durch Lernmöglichkeiten? Oder will ich nicht eher das, was du ja auch schon seit Jahren tust, nicht eher diese Lernzeit erst mal abtrennen von der reinen Arbeitszeit?
Und dann aber trotzdem versuchen, zusätzlich dafür beizutragen, dass die Mitarbeiter bestmöglich in ihrer Arbeit unterstützt werden, nachdem die Interventionen beispielsweise stattfinden. Wir haben da ganz oft ja auch, wenn ich noch einen Satz dazu sagen darf, um ein bisschen so einen Querverweis darauf zu legen, so aus unserer Lerncommunity, da kennen wir uns ja aus mit vielen Konzepten, mit Namen von irgendwelchen Lernaspekten, Lernkonzepten, wie zum Beispiel Learning in the Flow of Work, Begrifflichkeit von Josh Burr sind geprägt. Dann Workflow Learning, Bob Mosher beispielsweise, mit Aspekten, die in Richtung Performance Support reingehen.
Oder eben, ganz berühmt ja, dieses 70-20-10-Thema. Und worüber wir in diesem Zusammenhang reden, ist also, dass das Lernen quasi in diesen 10% stattfindet. Auch für die Deskless Workforce ist das keine andere Geschichte.
Das heißt, dort werden die in diesen 10% tatsächlich dann formal auf etwas vorbereitet, sei es nur die Bedienung von Dingen, die in der Produktion relevant sind, sei es Softwaregetriebene oder auch getriebene Dinge rund um die Anlagen, die die Mitarbeiter zu betreuen haben. Aber die Fragestellung ist umso spannender dann, wie sehen die restlichen 90% aus, die in dem Umfeld der Deskless Workforce anfallen können? Also die Lernmöglichkeiten während des Arbeitsablaufs dort bestmöglich zu unterstützen.
Das ist ein Thema, was ich extrem spannend finde, ein bisschen weiter zu beleuchten.
[Claudia Schütze]
Ich finde das auch sehr spannend, Pascal, und ich glaube, deshalb haben wir dich ja heute als Gast hier, dass wir genau da auch mal drauf gucken. Und das sind ja Themen, mit denen du dich in den letzten Jahren sehr intensiv beschäftigt hast. Und in unserem Vorgespräch habe ich verstanden, dass quasi die Terminologie, die zum Beispiel ich als Trainerin sehr oft benutze, also dieses Trainings-Lernangebote-Lernen, dass das vielleicht gar nicht das ist, worum es vordergründig für diese Menschen geht.
Diese 10%, da stimme ich dir absolut zu, es muss sicher diese formalen Lernangebote geben, in denen Basisinformationen, Basiswissen vermittelt werden für Prozesse, für Software, für verschiedenste Dinge. Aber dann geht es eben weiter. Und ich frage mich halt, was ist es da, was die Menschen brauchen, und auf welche Art und Weise brauchen sie es, Pascal?
[Pascal Guderian]
Ja, und das ist tatsächlich eine Frage, die ich gar nicht hundertprozentig beantworten kann. Denn warum kann ich sie nicht beantworten? Und da kommen wir nämlich zu dem ganz zentralen Aspekt rund um die Deskless Workforce.
Die Mitarbeiter sind in Umfeldern unterwegs, wo sie Tätigkeiten durchführen, die höchst spezialisiert sind und von denen wir als normalsterbliche, in Anführungsstrichen, wie wir an den Schreibtischen sitzen, überhaupt keine Ahnung haben. Das heißt, das sind Menschen, die eine hohe Kompetenz haben darin, die Anlagen zu bedienen. Und da geht es dann nicht so sehr darum, zu verstehen, wie die Anlage funktioniert, sondern wie ich sie effektiv zu bedienen habe.
Welchen Schalter muss ich drücken? Wie muss ich die Anlage für einen Kundenauftrag einstellen? Wie muss ich sie vorbereiten?
Wie muss ich sie pflegen? Wie muss ich Wartung durchführen? Das sind alles Fragestellungen, die hoch spezialisiert sind, wo ich persönlich mir niemals herausnehmen würde, zu sagen, ich wüsste allgemeinwürdig, was die Kollegen da brauchen, um bestmöglich darin unterstützt zu werden.
Und das ist ein ganz zentraler Kernaspekt in der Frage, wie wir aus der Learning Community heraus, aus HR, aus Learning Development heraus, unseren Teil dazu beitragen können, um diesen Mitarbeiter noch viel besser auf das, was sie da täglich tun, nicht nur vorzubereiten, sondern sie auch bestmöglich darin zu unterstützen, das tagtäglich auch tun zu können und ihre Probleme und Sorgen lösen zu können, die in ihrem Arbeitsablauf immer wieder auftreten.
[Claudia Schütze]
Pascal, wenn ich dir jetzt eben zugehört habe, dann hat sich für mich herauskristallisiert, es geht tatsächlich um den Support, um die Unterstützung der Tagesarbeit, um das, was jeden Tag anfällt. Und das kann hoch spezialisiert sein und vor allen Dingen sehr individuell in den einzelnen Kontexten und Fällen. Und da, glaube ich, können wir mit unseren Lernangeboten, die wir üblicherweise mal einen Anschub machen, eine Basisinformation, Basisqualifizierung mitliefern.
Aber du hast dir ja mit deinen Kollegen Gedanken gemacht, wie kann diese Unterstützung tatsächlich jetzt im Prozess der Arbeit, das meint jetzt hier konkret eben da, wo die Probleme auftreten, da, wo die Fragen auftreten, da, wo Situationen auftauchen, die jetzt bewältigt werden müssen. Also ich glaube, unsere Terminologie, Pascal, diese tts-Terminologie, die wir schon sehr lange benutzen, dieser Moment of Need, das ist, glaube ich, hier wirklich der Kontext, in dem diese Terminologie perfekt passt.
[Pascal Guderian]
Genau, weil es nämlich tatsächlich einen unbedingten Bedarf, Bedarf ist noch schon zu schwach als Begriff, sondern ich habe jetzt wirklich ein Problem. Ich habe ein Problem jetzt, wo ich vor der Anlage stehe und rote Lampe leuchtet und ich nicht weiß, was ich tun muss, um beispielsweise diesen Anlagenausfall möglichst zu minimieren. Weil jede Zeit, die ich verliere, um nach einer Lösung zu suchen, meine Kollegen zu fragen oder mich vielleicht daran zu erinnern, wie das noch mal war damals, als mir in der Schulung erzählt wurde, was ich in dieser Situation zu tun habe, diese Zeit habe ich nicht.
Und das ist ein echter Moment of Need. Und der ist auch deswegen so wichtig, und da reden wir da nicht über hochtrabende Konzepte, wo es darum geht, diesen Moment of Need bestmöglich auch für Schreibtischmitarbeiter bestmöglich zu bedienen, sondern hier geht es um bares Geld, um Produktivität, um das, womit ein Unternehmen Geld verdient. Wenn da irgendwas hakt, dann gibt es ein großes Problem.
Und da verschiebt sich also die Sichtweise aus so einem Nice-to-have, was manchmal ja auch so L&D-Geschichten so anhaftet, in zu einem unbedingt müssen wir dieses Problem lösen, weil wenn wir das tun, sorgen wir dafür, dass die Wertschöpfung optimal funktionieren kann im Unternehmen. Und das finde ich immer wieder eine extrem tolle Möglichkeit für Menschen aus unserer Community, für die HR-Kollegen, die auch in produzierenden Unternehmen unterwegs sind, dass sie einen hohen Impact liefern können, wenn sie die Kompetenz, die wir ja alle in uns tragen, im Sinne von, was muss ich tun, um Menschen bestmöglich nicht nur zum Lernen zu bewegen oder sie bestmöglich zu unterstützen, sondern auch ihre Kompetenz zu verbessern, ihre Performance letzten Endes auch zu verbessern, da haben wir Kompetenz. Und unsere Kompetenz dorthin einzubringen, ist ein Riesenthema, wo ich extrem großes Potenzial sehe, dass wir in unserer Community heraus sehr, sehr viel bewegen können.
[Claudia Schütze]
Absolut, Pascal. Also ich stimme dir zu und ich denke, alles das, was wir vielleicht üblicherweise für Menschen mit Schreibtisch-Arbeitsplätzen, wie auch immer wir sie jetzt kategorisieren wollen, auch tun, da sind ja viele richtige und gute Ideen dahinter. Und jetzt kommt es eben darauf an, glaube ich, diese richtigen und guten Ideen zu gucken, was passt davon für diese Menschen, die eben nicht diesen Bildschirm-Arbeitsplatz haben und die einen sehr, sehr, sehr hohen Druck haben, quasi in kürzester Zeit Lösungen finden zu müssen auf Probleme, die eben existieren oder auf Situationen, die gerade stattfinden.
Und wie können wir das, was wir gut machen, wo wir super Erfahrungen haben, mit denen wir auch gute Erfahrungen gemacht haben, wie können wir das nutzen und wie müssen wir es aber eben abwandeln, damit wir diese Gruppe von Mitarbeitenden eben sehr viel besser und effizienter einfach bedienen können und sie besser unterstützen können, was zwangsweise bei denen auch zu einer höheren Arbeitszufriedenheit führen wird.
[Pascal Guderian]
Auf jeden Fall, weil nichts ist frustrierender. Man liest ja viele Untersuchungen, man liest viele Studien und ein ganz großes Problem mit eines der größten Probleme, die von der DeskDesk Workforce selber auch formuliert wird, ist nämlich, dass der höchste Frustfaktor nämlich der ist, die geeignete, die relevante Informationen zu finden, wenn man sie braucht. Das ist ein ganz zentraler Punkt.
[Claudia Schütze]
Kann ich nachvollziehen. Ich glaube, das Problem kennen wir alle.
[Pascal Guderian]
Und nur das Ding ist halt, dass wir in unserem Umfeld mehr und mehr so technologische Unterstützung haben. Mal Google ganz außen vor, aber wenn es um unternehmensinterne Prozesse etc. geht, da gibt es ja durchaus viele Tools aus unserem Hause natürlich, mit denen man sich bedienen kann, um doch die relevante Information zu finden.
Aber abseits der sehr, sehr spezialisierten Tätigkeiten der DeskDesk Workforce, der Frontline Workforce, ist es aber zusätzlich noch die Herausforderung, erstens nicht zu wissen, was konkret ist es denn? Und zum Zweiten, wie kriege ich es denn an die Menschen ran? Die haben ja keine technologische Unterstützung, wobei wir schon ein bisschen erwähnt haben, da gibt es ja schon was, was man unter Umständen benutzen könnte.
[Claudia Schütze]
Genau, wir haben ja ein bisschen Spannungsbogen aufgebaut.
[Pascal Guderian]
Aber ich glaube, was sich so ein bisschen jetzt heraus schält, ist tatsächlich, dass wir in dem Umfeld dann weniger über Lernen in erster Linie sprechen, sondern um reine Unterstützung. Ich persönlich bin einer der, ich komme ja so ein bisschen aus der akademischen Ecke und ist ja auch alles schön, so Konzepte, Modelle, Begrifflichkeiten einzutauchen, versuchen zu abzubilden auf die Situation, wie es bei Kunden beispielsweise der Fall ist. Ich habe aber oftmals Schwierigkeiten, wirklich die richtige Begrifflichkeit für das, was wir jetzt gerade versuchen, irgendwie so zu umschreiben, zu finden.
Ich hatte schon ein paar Worte reingeworfen, vielleicht am schönsten ist es noch, von Performance-Support zu sprechen. Aber auch da bin ich überhaupt nicht begeistert von der Begrifflichkeit, weil es sich gerade aus einem deutschen Duktus heraus ein bisschen anhört, als wenn jemand mit einer Peitsche hinter mir steht und meine Performance supporten will. Und so ist es halt genau mich.
Und das ist so ein bisschen vielleicht auch der Shift, den wir als L&D oder als aus der Learning Community versuchen müssen zu gehen. Nämlich weg von diesem Top-Down-Aspekt, traditionell eher zu sagen, wir wissen, was ihr wissen müsst. Wir bereiten das so vor, vor Hintergrund aller didaktischen Best Practices und dann nehmt ihr das an und macht es.
Aber geht hier nicht, weil erstens, wir wissen gar nicht, was sie brauchen. Zweitens, wie kriegen wir es überhaupt ran an die Kollegen.
[Claudia Schütze]
Okay Pascal, du hast jetzt glaube ich einen super schönen roten Teppich ausgerollt. Jetzt haben wir ganz viel Problematisches beschrieben. Und ich würde sagen, wir machen jetzt mal weg von und sagen mal hinzu.
Wie könnte denn geeignete oder geeignete Tiere, wäre vielleicht erst mal schon ein erster guter Schritt, Lösungen aussehen? Und das frage ich ja auch deshalb, weil ich weiß, dass das ein Thema ist, mit dem du dich in der letzten Zeit sehr viel beschäftigt hast. Und ihr habt Menschen gefragt, ihr habt die Leute, die es betrifft, mit einbezogen.
Ich glaube, es ist schon ein erster richtiger Schritt in eine gute Lösung. Und basierend darauf, Pascal, also was glaubst du, was kann hilfreich sein, um hier gute Angebote machen zu können?
[Pascal Guderian]
Auch da werde ich noch nicht ganz konkret. Ich glaube, der erste Schritt, gerade eben schon ein Teasert, ist es, sich bewusst zu werden, dass wir nicht wissen, was wirklich helfen wird. Sowohl die Kollegen wissen es nicht, die betroffen sind, die haben Wünsche, die haben Probleme.
Die Wünsche hätten sie gern bedient, die Probleme gelöst. Und dann von unserer Perspektive her, wie macht man das am besten? Das Problem in all diesen Sachen, immer wenn es um Unsicherheiten geht, VUCA, so ein Ding, wie die Sau durchs Dorf getrieben wird.
Aber diese Uncertainty, die da bewirkt, ist ja hier auch zu finden. Und wenn immer ich es mit Unsicherheiten zu tun habe, mit Unkenntnis, was wirkt wie am besten, bin ich ein ganz großer Freund eines Vorgehens, was darauf basiert, dass ich im ersten Schritt versuche, zu verstehen, was ist denn die Problemlandschaft bei den betroffenen Zielgruppen? Also wenn wir uns mal die Menschen in der Fabrikhalle anschauen, und zwar ganz konkret die in meinem Unternehmen.
Das ist immer sehr, sehr speziell. Dann fange ich doch einfach damit an, entweder mal einen Tag oder ein bisschen länger mal dabei zu sein, um zu schauen, womit sich die Kollegen, mit welchen Problemen sich herumschlagen. Oder auch konkrete Interviews zu führen, mal zu fragen, was beschäftigt euch?
Was ist das, was bei euch nicht so richtig rund läuft? Und dann im nächsten Schritt zusammen mit diesen Kollegen auf einer ganz kleinen Ebene erstmal zu versuchen, mit möglichst pragmatischen Lösungen ranzugehen und zu sagen, hey, das haben wir uns ausgedacht. Wir kennen uns ja aus, aus dieser Performance Support Welt.
Ja, wir wissen, was man da an Möglichkeiten nutzen kann. Und jetzt probieren wir es einfach mal aus. Wir experimentieren, inwiefern das, was wir uns da gemeinsam überlegt haben, wirklich den Nutzen bringt, den wir uns erhofft haben.
Und da sind wir ganz schnell in dieser Geschichte, die auch, ich bin als Produktmanager natürlich in der Softwareentwicklung tief verzahnt. Und da reden wir oft über agile Entwicklungen. Und agiles Lernen ist ja auch ein Aspekt, der bei euch ja auch immer wieder thematisiert wird.
Und ganz zentral für dieses agile Vorgehen ist eben, ich versuche ein konkretes Problem zu lösen, mit Hilfe von iterativen Schritten und sukzessive daran angepasste, immer besser werdende Lösungen beizustellen. Ich sage es immer so schön, think big, but start small. Also lieber erstmal klein anfangen.
Man nimmt sich ein kleines Pilotteam, man redet mit den Kollegen, versucht wirklich ganz konkrete Lösungen zu erarbeiten und versucht danach erst, das auszuweiten. Und wenn es nicht funktioniert, dann macht man es anders. Aber auf jeden Fall sich offen zu lassen, es gibt Dinge, die man nur dann feststellt, wie man sie lösen kann, wenn man es schon mal gemacht hat.
Und das ist ein ganz zentraler Aspekt. Und letzter Punkt, was da extrem noch so auf einer Metaebene dazwischenhängt, ist, bislang wurden diese Mitarbeiter immer sehr stark vernachlässigt, in allen Aspekten, wenn es darum ging, Lernen, Kompetenzerwerb, Personalentwicklung. Diese Mitarbeiter wurden oft wirklich vernachlässigt.
Und über diese Ansätze kann man dafür Sorge tragen, dass sie nicht nur mitgenommen werden, ganz schlimmes Wort, wie ich finde, sondern sie explizit einbezogen werden und gemeinsam mit Leuten aus anderen Abteilungen etwas entwickeln, was für sie im tagtäglichen Einsatz von großer Relevanz ist. Das ist der erste Schritt, den man gehen muss.
[Claudia Schütze]
Pascal, ich stimme dir da absolut zu und tatsächlich sogar auch für die in Hochkomma nur zehn Prozent, von denen ich jetzt relativ gut reden kann. Auch da macht es Sinn, Menschen zu fragen, was braucht ihr denn? Was ist es, was jemand lernen müsste, wenn er sich auf eine bestimmte Aufgabe oder Rolle oder einen bestimmten Prozess vorbereiten muss?
Und wir merken, dass das sehr große Anerkennung findet und auch übrigens eine total große Bereitschaft gibt, da mitzuarbeiten und zu sagen, okay, ich habe Wissen, ich habe das schon lange in dieser Rolle, arbeite ich schon sehr lange, ich weiß, was neuere oder noch nicht so erfahrenere Kollegen wissen müssten, lernen müssten, damit sie diese Rolle gut ausführen können. Und die sehr bereitswerdig helfen, solche Konzepte dann zu entwickeln. Und Ähnliches kann ich mir eben auch vorstellen für diesen, nennen wir es Support, im Kontext der täglichen Arbeit.
[Pascal Guderian]
Und dazu kommt noch, das ist ja das, was wir vorhin festgestellt haben, weil diese Mitarbeiter ja zentral für die Wertschöpfung sind. Wenn einem das gelingt, gemeinschaftlich dafür zu sorgen, dass man quasi eine höhere Produktivität hat, ohne dass da wirklich irgendwie die Peitsche geschwungen wird, sondern ganz im Gegenteil, indem man kollaborativ an Möglichkeiten gearbeitet hat, um den Arbeitsalltag zu verbessern, dass man dann auch bei den Stakeholdern, mit denen wir uns ja alle letzten Endes in Anführungsstrichen herumschlagen müssen, wir müssen gerade aus der HR-LND-Welt ja immer wieder Fragen stellen lassen, wozu machen wir das, was ist denn der Benefit, den man da herauskriegt. Und wie oft fällt es uns sehr, sehr schwer, abseits von irgendwelchen Fragebögen, die ausgeteilt werden nach einer Schulung, zu sagen, hey, hier, große, gute Bewertung.
Ja, aber was bringt es denn für uns als Unternehmen jetzt ganz konkret? Dann hat das hier eine ganz hohe Relevanz, weil man dann die Möglichkeit wirklich ganz schnell hat, ganz punktgenau zu sagen, okay, das und das hat sich verbessert. Die, wie es so schön heißt, die Meantime to Repair beispielsweise, also die Zeit zwischen Reparaturaufträgen, hat sich verbessert, weil die Mitarbeiter sehr viel schneller in der Lage sind, nicht nur zu wissen, was sie bei einem Problemfall zu tun haben, sondern vielleicht etwas tagtäglich zu tun, um diesen Problemfall gar nicht erst entstehen zu lassen und das iterativ zu tun, im Arbeitsablauf.
Und das ist, wie du ja schon erwähnt hast, etwas, was wir uns mit unserer Softwarelösung Loop, die auch aus unserem Hause kommt, auch vorgenommen haben, genau das zu unterstützen. Aber es soll ja keine Werbung sein, wir werden das nur nebenbei fallen gelassen.
[Claudia Schütze]
Pascal, aber es ist gut, dass du es einmal erwähnt hast. Und ich würde sagen, wenn wir jetzt auf diese Lösung gucken, dann haben wir gesagt, sie müssen bestimmte Dinge können, damit sie wirklich unterstützen, im alltäglichen Arbeitstum, in der Tätigkeit, die jeder Einzelne zu bewältigen hat und eben in diesen Situationen, die man nicht immer vordenken kann. Und ich glaube, das ist eher das Problem.
Nicht dieser Standardablauf von A bis B, weil das können die Kolleginnen und Kollegen irgendwann. Das Problem ist dieses What-if, es passiert jetzt irgendwas und jetzt braucht es eine Lösung dafür. Und sicher gibt es viel, viel Wissen, was man bei Kollegen oder auch irgendwo anzapfen kann.
Aber das Problem ist, es muss jetzt, in diesem Moment, verfügbar sein. Und das heißt, vielleicht muss man über zwei Dinge, und wahrscheinlich wirst du noch sehr viel mehr Facetten sehen, aber das ist meine Einladung an dich, das dann auch entsprechend darzustellen. Das eine ist, wie sammelt man oder wie bekommt man dieses Wissen so, dass es zugänglich wird?
Und das andere, wie wird es denn auch einfach für die Kolleginnen und Kollegen überhaupt in den Genuss dieses Wissens, Genuss ist es in dem Moment, es ist ja eine Bedürftigkeit, die in dem Moment wirklich da ist, also in der akuten Bedarfssituation wirklich zu sagen, okay, ich weiß, wo ich gucke und ich weiß, wie ich schnell da rankomme. Und das sind vermutlich nicht die Tools, Pascal, die wir beide nutzen würden, indem wir in Yammer nach irgendwelchen Diskussionen suchen oder in irgendwelchen Chats scrollen, um irgendwas zu finden. Es braucht was anderes hier.
Und darüber habt ihr euch ja auch Gedanken gemacht. Und vielleicht magst du da nochmal so ein paar Kriterien auch vorstellen, Pascal, die diese, sagen wir einfach Tools, erfüllen müssten.
[Pascal Guderian]
Genau. Also vorausgeschickt erstmal, es ist mir immer ganz wichtig zu sagen, mit Technologie kann man Probleme nicht lösen, sondern Technologie ist ein Tool, ein Werkzeug, mit dessen Hilfe man Probleme besser lösen kann. Und da sollte man sich immer bewusst sein, dass man das nicht zum Selbstzweck tun sollte, sondern wirklich alles, was bringt.
Punkt. Was wir uns überlegt haben, was ganz wichtig ist, basiert so auf Dreieckpfeilern. Vor dem Hintergrund dieser Dinge, die wir jetzt gerade schon besprochen hatten.
Also drei Aspekte, die wichtig sind, um gerade Menschen ohne Schreibtisch, Arbeitsplätzen bestmöglich zu unterstützen. Punkt eins. Ich brauche, wie du ja schon schön gesagt hast, das Wissen im Moment of need.
Was auch immer Wissen heißen kann. Das Wissen kann nochmal eine Erinnerung an das sein, ok, welche Knöpfe muss ich nochmal drücken. Das Wissen kann aber auch eine Schrittanleitung sein oder gar eine Aufforderung, bestimmte Prüfmechanismen an der Anlage täglich durchzuführen.
Also alles das, möglichst auch ohne, dass ich groß danach suchen muss und direkt zugeliefert am Ort des Geschehens. Und da kommen die mobilen Technologien ins Spiel. Das erwähnte Loop, was wir haben, ist halt deswegen eine mobile App.
In dem Sinne mit dem Ziel, dass dadurch, dass ich mein mobiles Gerät immer bei mir trage und das ist zunehmend der Fall in den Shopfloors dieser Welt, dass ich mittels dieses Gerätes unmittelbaren Zugriff auf die wirklich relevanten Informationen bekomme. Da reden wir über situationsbezogen, kontextsensitiv. Also ich muss nichts groß tun, sondern, das heißt so schön in dem Umfeld, two clicks, ten seconds.
Das sind die maßgeblichen Aspekte. Also höchstens zwei Tipps und höchstens zehn Sekunden darf es dauern. Und auf die Art und Weise erstmal auf die relevanten Informationen zuzugreifen.
Das ist Eckfaller eins. Ganz, ganz wichtig. Ok, Eckfaller zwei.
Der Eckfaller zwei ist, wie wir gerade das Problemfeld beschrieben haben, wie kommen denn da überhaupt die Inhalte rein? Wie kann man denn wissen, was in welcher Situation benötigt wird? Man kann es nicht wissen.
Man kann sich natürlich extrem viel Zeit nehmen, viel Energie darin reinstecken, was mitunter auch gewisse Knowledge-Management-Initiativen mit sich bringen. Versuchen so das Wissen in einen großen Pool hineinzustecken mit der Hoffnung, dass dann man das richtige Wissensstipsel rausfischen kann, wenn man es benötigt. Aber letzten Endes ist es sehr, sehr träge und entspricht nicht dieser dynamischen Welt, in der wir uns befinden, wo die Probleme immer ganz andere sind tagtäglich.
Sprich, ich muss eine Möglichkeit schaffen, wo ich in meinem Arbeitsablauf direkt auch melden kann, wenn ich ein Problem habe. Selbst wenn es das erste Mal auftritt, dieses Problem, muss es ja erstmal gemeldet werden. Und auch hier sich zur Hilfe zu nehmen, dass ich mit mobilen Geräten unterwegs bin und dann in der Lage bin, beispielsweise durch ein kleines Video oder eine kurzen Schrittanleitung oder einfach nur mit einem kleinen Foto zu beschreiben, das ist mein Problem, was ich gerade habe.
Und es dann ins Team zu schicken. Ins Team heißt, die Mitarbeiter in meinem Umfeld, mit denen ich tagtäglich zu tun habe. Und diese dann, Eckpfeiler Nummer drei, dazu zu befähigen, auf ganz schnelle Art und Weise, das zu diesen Problemen gehörige Lösung zu erstellen.
Und zwar das Wissen erstellen. Wissen erstellen hört sich manchmal ein bisschen seltsam an, aber eigentlich ist es das. Das Wissen entsteht dadurch, indem Probleme gelöst werden.
Und es ist ganz wichtig, dieses entstandene Wissen dann für die Nachwelt auch weiterhin verfügbar zu machen, sodass das, was im Eckpfeiler eins beschrieben ist, dann auch mit dieser Lösung funktionieren kann. Und diese drei Eckpfeiler sind es letzten Endes, die eine aus unserer Sicht vernünftige Lösung, die in der Lage ist, relevante Informationen für die Mitarbeiter freizustellen, notwendig sind, um das bestmöglich hinzubekommen.
[Claudia Schütze]
Ich finde, es klingt nicht wie ein Buch mit sieben Siegeln. Ich würde denken, du hast am Anfang ja auch gesagt, als wir ein bisschen über konkrete Ansätze sprachen, die Mitarbeitenden mit einzubeziehen, zu fragen, was braucht ihr dann wirklich. Und im Prinzip glaube ich, mit dem Eckpfeiler zwei, den du beschrieben hast, dass sich die Probleme, ich hoffe, ich habe es jetzt richtig erinnert, dass das Problem überhaupt erstmal beschrieben wird, was da auftaucht.
Das ist ja schon mal genau ein erster Schritt, um überhaupt diese Bedarfe, die Situationen, in denen ich Hilfe benötige, irgendwie zu dokumentieren. Und dieser Eckpfeiler drei, Pascale, erinnert mich an etwas, was wir eigentlich ja auch, glaube ich, schon relativ lange in unseren tatsächlich jetzt eher Lernkonzepten berücksichtigen. Und das ist das mit dem User-Generated-Content.
Und das mag ja so unglaublich hochtrabend klingen, aber vor deinem Konzept ist es doch eigentlich nichts anderes. Die Menschen, die an der Stelle des Problems sind und dieses Problem lösen, können hinterher auch noch sagen, okay, und wie genau habe ich es dann gelöst? Und zwar nicht akademisch und nicht hochtrabend, aber so, dass der Kollege, der vielleicht das nächste Mal mit der Lösung betraut sein wird, weiß, wie er das Problem angehen kann.
[Pascal Guderian]
Und genau das ist es. Letztendlich ist es auch so ein wiederkehrender Meme fast schon in unserem Umfeld, dass eigentlich man seit Jahrzehnten immer wieder, das Lernobjektkonzept ist ja noch ein anderes Thema, was schon sehr, sehr alt ist. Es spiegelt sich hier alles wieder.
Aber vielleicht ist eine zentrale Sache halt einfach notwendig, weshalb auch oftmals diese eigentlich schon vorhandenen Konzepte ein bisschen zum Scheitern verurteilt waren. Bislang war man halt sehr von dieser Top-Down-Schiene ausgehend damit betraut, vor allem in unserem Umfeld, das zu liefern, damit die Kollegen aktiv werden können. Und genau das umzudrehen in einen Bottom-up-Ansatz, der es erlaubt, dass ich Bedürfnisse, Bedarfe auch anmelden kann.
Und dann entweder durch die Fachexperten oder durch Experten, die eher aus dem didaktischen Umfeld, dass die betraut werden, dort die entsprechende Lösung, die Frage zu beantworten oder wie auch immer man das nennen möchte. Aber das alles erst mal auf kleiner Flamme zu machen. Ich glaube, das ist ganz wichtig.
Das habe ich auch in vielen Gesprächen erfahren, gerade wenn es um Loop geht, dass man oftmals, das ist vielleicht Berufskrankheit von uns allen, versucht ist, das ganz dicke Brett zu bohren. Erst mal zu versuchen, okay, das haben wir verstanden, das ist ja auch einfach. Aber wie kann man es mit Berechtigungskonzepten, wie kann man es an möglichst viele Werke ausrollen?
Welche Mitarbeiter dürfen was sehen? Welche dürfen nicht sehen? Welche Bedenken habe ich, wenn die Mitarbeiter selber auch Inhalte produzieren?
Was passiert, wenn da was Falsches geteilt wird? Was passiert, wenn dadurch wieder ein Maschinenausfall? Alles Relevante natürlich Fragestellungen.
Das Wichtige ist aber, lass uns starten und lass uns nicht Bedenken tragen, sondern lass uns damit starten, die Lösung zusammen mit den Kollegen wirklich auf die Straße zu bringen. Und da bedarf es jetzt erst mal nicht seitenlanger Konzepte, sondern einfach mal ausprobieren. Wenn es nicht funktioniert, ist es nicht so schlimm, weil es nur ein ganz kleiner Test war.
Und wenn es funktioniert, super, dann versucht man den nächsten Schritt zu gehen und das ein bisschen auszudehnen. Und deswegen mein Plädoyer in dem Sinne an all diejenigen unter uns, die eben die Verantwortung tragen, im Unternehmen sowas wie Lernkultur oder Unterstützungskultur, kollaboratives Arbeiten in die Masse zu bringen, auf die Kollegen zuzugehen, nicht groß zu denken, aber klein zu starten, dass sowas wie Perfekt immer der Feind von Gut ist. Und dass wir das Lernen eher als positiven Nebeneffekt mitnehmen sollten und nicht zur zentralen Leitlinie.
Und vor allem beachten, dass das Wissen immer genau da entsteht, wo es auch wirklich dann gebraucht wird.
[Claudia Schütze]
Ich finde, das klingt ja schon fast wie ein richtig gutes Schlusswort, Pascal. Wir haben bestimmt ganz viel vergessen, was auch noch total wichtig wäre, zu dem Thema zu beleuchten. Aber tatsächlich, glaube ich, das was wir bisher beredet haben, Pascal, die Menschen einzubeziehen, sie selber ihre Lösungen dokumentieren zu lassen, es im Kontext ihrer täglichen Arbeit verfügbar zu machen, es klein zu denken und Dinge auch zu verwerfen, wenn sie nicht funktionieren.
Und einfach zu sagen, wenn das nicht funktioniert, dann mach was anderes. Das ist, glaube ich, einer der klassischen Sprüche in allem, was wir tun. Und gemeinsam zu gucken, was sind die guten und sinnvollen und richtigen Lösungen.
Also die Kollegen mit einzubeziehen, die dasselbe tun, was ich auch tue. Ich glaube, das waren jetzt alles, glaube ich, wichtige Ansätze, auf denen basierend man solche, und am Ende läuft es dann vielleicht doch auf ein Konzept hinaus, wenn man sowas plant, in die Tat umzusetzen, solche Konzepte fußen sollten.
[Pascal Guderian]
Auf jeden Fall. Ja, davon bin ich überzeugt. Es gewinnt jeder, kollaborativ und kleinschrittig auf Probleme zuzugehen.
[Claudia Schütze]
Und weißt du, Pascal, was mir gerade noch so durch den Kopf geht, ist, dass ich denke, ich weiß nicht, ob es wirklich wichtig ist, aber ich denke, dass die Menschen eine unglaubliche Wertschätzung erfahren in ihrem Wissen, das sie haben. Und die haben so ein enormes und über ihre Berufstätigkeit kurzer oder länger gesammeltes Wissen, was so wertvoll ist. Und die Tatsache, dass jetzt jemand sagt, okay, und das benutzen wir, um unser tägliches Tun besser zu machen, aber eben für uns alle.
Dass ich eigentlich glaube, dass das diese Idee voranbringen sollte und beflügeln sollte.
[Pascal Guderian]
Ein Wort in Gottes Ohren.
[Claudia Schütze]
Okay, lassen wir das ein gutes Schlusswort sein. Wunderbar. Pascal, dann würde ich sagen für heute ganz herzlichen Dank, dass du dich mit mir ein bisschen in dieses Thema begeben hast, das ich lernen durfte von dir.
Und ich bin echt gespannt, wie es weitergeht und sehr, sehr, sehr neugierig. Also, to be continued. Pascal, herzlichen Dank.
[Pascal Guderian]
Sehr gerne und vielen Dank auch dir.
[Claudia Schütze]
Dankeschön. Danke. Und damit sage ich vielen Dank an euch, dass ihr heute dabei wart.
Und wir sind, und da sage ich jetzt einfach wir, Pascal und ich, wir sind super neugierig auf eure Fragen, auf eure Gedanken, die ihr habt. Also, schreibt uns auf den bekannten Kanälen und diskutiert das Thema sehr gerne mit uns. Wir freuen uns über eure Gedanken und über eure Anregungen.
Also, bis zum nächsten Mal. Macht's gut. Tschüssi.
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