LERNLUST #5 // 11 Thesen zur Entwicklung des Lernens in Organisationen
Shownotes
Host:
Claudia Schütze, Senior Learning Consultant & Trainerin // LinkedIn
Gast:
Johannes Starke, Product Manager Learning // LinkedIn
Johannes Starke: 11 Thesen zur Entwicklung von Lernen in Organisationen
Jane Hart: Modern Workplace Learning
Harold Jarche: Personal Knowledge Mastery
70:20:10 - die Erfolgsformel fürs Lernen?
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Intro
[Claudia Schütze]
Lernlust, der Podcast für alles rund ums Thema Corporate Learning.
[Susanne Dube]
Wir sind Claudia Schütze und Susanne Dube und wir sind Learning Consultants bei der tts und wir sind die Hosts dieses Podcastes.
[Claudia Schütze]
Und hier werden wir uns über Themen unseres Arbeitsbereiches miteinander austauschen, also alles, was Lernen in Organisationen heute und in der Zukunft betrifft.
[Susanne Dube]
Und wir werden uns von Zeit zu Zeit interne oder auch externe Experten in unsere Runde einladen. Und wir freuen uns, wenn ihr dabei seid.
[Claudia Schütze]
Hallo Johannes.
[Johannes Starke]
Hallo liebe Claudia.
[Claudia Schütze]
Schön, dass du heute dabei bist und Zeit hast, dich mit mir auf unser virtuelles Kaffeeküchensofa zu setzen. Ich freue mich sehr, diesmal mache ich die Einleitung ein bisschen charmanter als beim letzten Mal. Ich stelle dich kurz unseren Hörerinnen und Hörern vor, besonders denen, die dich vielleicht noch nicht aus unserer letzten Folge zum Thema Barcamps kennen.
Johannes Starke, mein geschätzter Kollege aus dem Produktmanagement im Bereich Learning bei der Firma tts. Wir beide beschäftigen uns intensiv mit allen Themen rund um Corporate Learning. Johannes, möchtest du noch etwas ergänzen?
[Johannes Starke]
Ja, gerne. Ich freue mich sehr, dabei zu sein, vor allem weil unser Themenfeld gefühlt immer größer wird. Als ich bei tts angefangen habe, war unser Fokus noch auf relativ konkrete Themen beschränkt. Jetzt habe ich die Chance, mich breit mit der Frage zu beschäftigen, wie Lernen in Organisationen sich verändert – durch die Digitalisierung, neue Technologien und die Herausforderungen unserer Arbeitswelt.
Überblick über Trends im Corporate Learning
[Johannes Starke]
Und da das Feld so groß geworden ist, haben wir heute gedacht, dass wir mal einen Überblick wagen, richtig?
[Claudia Schütze]
Absolut, Johannes. Genau das ist unser Thema heute. Ich formuliere mal die Headline: Wir wollen uns mit aktuellen Trends im Learning beschäftigen.
Johannes, in deiner Rolle als Produktmanager bist du häufig in Kundenmeetings, Vorstellungen und Impulsvorträgen mit diesen Themen befasst. Du hast aktuell elf Thesen dazu formuliert.
11 Thesen
[Claudia Schütze]
Diese elf Thesen wollen wir heute vorstellen, unsere Gedanken dazu austauschen und sie unseren Hörerinnen und Hörern näherbringen. Natürlich mit der Idee, einige Thesen in zukünftigen Folgen noch detaillierter zu vertiefen. Aber heute starten wir mit einem großen Überblick. Johannes, ich habe die elf Thesen schon mal angeteasert.
Wollen wir sie einfach nacheinander vorstellen, damit unsere Hörerinnen und Hörer wissen, was sie erwartet, bevor wir tiefer einsteigen?
[Johannes Starke]
Das klingt sinnvoll. Wir können die Thesen auch in den Shownotes verschriftlicht bereitstellen.
[Claudia Schütze]
Ja, sehr gute Idee.
[Johannes Starke]
Ich freue mich auch auf Ergänzungen oder Widerspruch von den HörerInnen, denn wir alle lernen. Unser Themenfeld wächst ständig.
[Claudia Schütze]
Absolut, Diskussionen sind genau das, was mir am Herzen liegt. Sehr schön.
Johannes, lass uns starten. Wie lautet These Nummer eins?
[Johannes Starke]
Der Job ist zu lernen.
[Claudia Schütze]
Okay, ich übernehme direkt. These Nummer zwei: Menschen werden für ihr Lernen immer mehr selbst verantwortlich.
[Johannes Starke]
These Nummer drei: Lernen findet in Netzwerken statt.
[Claudia Schütze]
Super Punkt. These Nummer vier: Lernende teilen ihr Wissen mit ihren KollegInnen.
[Johannes Starke]
These Nummer fünf: Lerninhalte unterstützen, wann, wo und wie sie gebraucht werden.
[Claudia Schütze]
These Nummer sechs: Konkrete, individuelle Lernerfahrungen werden für jeden Lernenden immer wichtiger.
[Johannes Starke]
These Nummer sieben: Die Daten sind da – wollen wir sie nutzen?
[Claudia Schütze]
These Nummer acht: Wirksamkeit und Nachhaltigkeit rücken immer mehr ins Zentrum.
[Johannes Starke]
These Nummer neun: Online wird der neue Standard.
[Claudia Schütze]
These Nummer zehn: Die Welt der Möglichkeiten wird immer vielfältiger.
[Johannes Starke]
Und wenn ich richtig gezählt habe, sind wir bei der elften und letzten These angekommen.
[Claudia Schütze]
Absolut.
[Johannes Starke]
These Nummer elf: L&D wandelt sich vom Kurslieferanten zum strategisch orientierten Ermöglicher.
[Claudia Schütze]
Wow, damit haben wir ein riesiges Universum eröffnet – genau das war unsere Absicht.
Johannes, lass uns doch schon heute in einige Thesen ein bisschen tiefer eintauchen. Wir wollen unseren HörerInnen ein paar Details zu deinen elf Thesen und den Trends im Lernen geben. Möchtest du mit der ersten These beginnen, „Der Job ist zu lernen“?
Der Job ist zu lernen
[Johannes Starke]
Ja, was mir da natürlich direkt in den Sinn kommt, ist die nicht ganz unumstrittene Formel 70-20-10, die grob zusammengefasst besagt, dass wir etwa 10 Prozent unserer Lernerfahrungen in formalen Kontexten machen, 20 Prozent durch den Austausch mit Kolleg:Innen oder anderen im Job, und 70 Prozent direkt bei der Bewältigung unserer Aufgaben.
Ob es nun genau 70-20-10 ist oder andere Zahlen – das soll uns hier nicht so sehr beschäftigen. Es gibt viele Kritiker:Innen, die sagen, diese Zahlen stammen aus Kontexten, die heute nicht mehr relevant sind. Aber ich finde die Kernaussage entscheidend: Der Großteil unseres Lernens findet bei der Arbeit statt. Die frühere Trennung – zwei Tage Seminar, dann wird gearbeitet und das Lernen ist vorbei – ist längst überholt.
[Claudia Schütze]
Absolut, Johannes. Ich stimme dir zu. Aber das bedeutet auch eine neue Haltung zum Lernen, die Mitarbeitende oft erst für sich selbst erkennen müssen. Das ist ein großer Schritt.
[Johannes Starke]
Genau. Wollen wir direkt zur nächsten These übergehen oder noch etwas mehr ins Detail gehen?
[Claudia Schütze]
Ich glaube, du hast noch ein paar spannende Gedanken dazu, die du mit uns teilen könntest, Johannes.
[Johannes Starke]
Ja, sehr gerne. Ein Beispiel ist die Arbeit von Jane Hart, die jedes Jahr einen aufwendigen Survey zum Thema Modern Workplace Learning durchführt. Sie fragt Wissensarbeiter:Innen: Wie lernt ihr? Mit welchen Tools? In welchen Kontexten?
Dabei zeigt sich ein ähnliches Bild wie bei 70-20-10. Sie verwendet allerdings das Modell der „4Ds of Learning“: Didaktik, Discovery, Doing und Discourse. Diese vier Bereiche umfassen formales Lernen (Didaktik), eigenständiges Entdecken und Tun (Discovery und Doing) sowie sozialen Austausch (Discourse). Auch hier dominiert das Lernen während der Arbeit und in Interaktion mit anderen. Spannend finde ich, dass diese Prozesse nicht getrennt ablaufen – es gibt keine starren Phasen. Stattdessen oszillieren wir ständig zwischen formalen und informellen Lernmomenten.
[Claudia Schütze]
Absolut, Johannes. Im Training ist das oft herausfordernd. Besonders in virtuellen Trainings wollen Teilnehmende Inhalte sofort im Arbeitsalltag anwenden. Das passt perfekt zu deiner These, „Lernen ist Arbeiten“.
Manchmal sagen wir aber: „Bitte nicht direkt ins Tagesgeschäft springen.“ Wir möchten, dass die Teilnehmenden auch andere Themen vertiefen, die im Training behandelt werden. Es ist ein Balanceakt. Aber grundsätzlich ist das die Essenz: Probiere Dinge aus und lerne im Alltag.
Wenn man Mitarbeitende fragt: „Was hast du heute gelernt?“, ist das übrigens oft gar nicht so leicht zu beantworten.
[Johannes Starke]
Ja, das hängt mit bewusster Reflexion zusammen.
[Claudia Schütze]
Genau. Und ich glaube, das ist ein spannender Ansatzpunkt: Menschen zu motivieren, bewusst zu beobachten, was sie am Ende eines Arbeitstages gelernt haben. Viele hätten ein großes Aha-Erlebnis.
[Johannes Starke]
Da bin ich mir sicher.
[Claudia Schütze]
Gut, Johannes. Also, Lernen ist Arbeiten war deine erste These. Lass uns mal zur nächsten These übergehen.
Menschen werden für ihr Lernen immer öfter und immer mehr selbst verantwortlich
Die nächste These von dir war "Menschen werden für Lernen immer mehr selbst verantwortlich". Magst du dazu mal ein paar deiner Gedanken teilen?
[Johannes Starke]
Das naheliegendste Beispiel, das wir mit der 70-20-10-Formel angesprochen haben, ist, dass sich die Arbeitskontexte so stark verändert haben, dass das frühere Prinzip, bei dem man anhand der Rolle vordefiniert bekommt, was man lernen muss, nicht mehr funktioniert. Heute müssen wir selbst entscheiden, was wir brauchen, um unsere Arbeit gut zu machen. Es gibt keinen Vorgesetzten, der alles wissen kann und soll, was Mitarbeiter lernen müssen.
[Claudia Schütze]
Das ist spannend, Johannes. In diesem Zusammenhang möchte ich auch noch einen Gedanken hinzufügen. Wenn Lernen zunehmend selbstgesteuert wird und Lernende mehr Verantwortung für ihr eigenes Lernen übernehmen, bedeutet das nicht, dass sie sich einfach Themen aus dem Nichts aussuchen. Vielmehr ist es wichtig, dass das Lernen immer im Kontext der übergeordneten Unternehmensziele und spezifischer Ziele für das eigene Team stattfindet. Die Lernenden sollten sich mit Themen beschäftigen, die für ihre Arbeit relevant sind und die sie auch direkt in ihrem Arbeitsalltag anwenden können. Gleichzeitig gehört zu dieser Entwicklung, dass die Lernenden die nötigen Rahmenbedingungen und Unterstützung erhalten, um dieses selbstorganisierte und selbstgesteuerte Lernen erfolgreich umzusetzen und für sich selbst zufriedenstellend zu gestalten.
[Johannes Starke]
Ja, es ist einerseits ein Aushandlungsprozess, aber auch ein Vertrauensthema. Es geht darum, dass ich mit meinen KollegInnen gemeinsam aushandle, was wir brauchen, um als Team gut zusammenzuarbeiten – und das können wir selbstständig tun. Dafür können bestimmte Formate oder Räume geschaffen werden, die das unterstützen, wie zum Beispiel "Open Fridays", an denen sich Lernteams bilden. Auf diese Weise können wir als Team auch die Lernprozesse gemeinsam gestalten. Aber es bedeutet auch, dass ich selbst entscheide, wann ich Zeit für einen formalen Lernprozess brauche oder ob ich während meiner Arbeit zusätzliches Wissen erwerbe, was die Arbeit vielleicht etwas länger dauert, aber mir hilft, neue Fähigkeiten zu entwickeln.
[Claudia Schütze]
Absolut, und ich denke, dass das zentrale Themen im Kontext des selbstgesteuerten Lernens und der Eigenverantwortung sind. Aber damit das wirklich funktioniert, braucht es sicherlich auch entsprechende Rahmenbedingungen, Johannes.
[Johannes Starke]
Es gibt verschiedene Modelle, aber ich möchte nicht behaupten, dass ich das perfekte Modell gefunden habe, um das zu organisieren. Ich denke, so etwas gibt es auch nicht.
Ich bin besonders an Modellen wie Slack-Time, Google-Time oder 20%-Time interessiert, die häufig als Lösungen genannt werden, wenn es darum geht, den Mitarbeitenden einen Tag in der Woche zu gewähren, der ganz dem Lernen gewidmet ist. Doch diese Trennung zwischen Lernen und Arbeiten funktioniert meiner Meinung nach nicht mehr. Kürzlich habe ich von einem Modell gehört, das bei einer IT-Beratung angewendet wird, und das als „Vertrauenslernzeit“ bezeichnet wird. Dabei wurde vereinbart, dass bis zu 50% aller Lernaktivitäten als Arbeitszeit angerechnet werden können, ganz gleich, was man lernt.
Das Vertrauen ist hier entscheidend: Die KollegInnen dürfen selbst einschätzen, was sie für ihre Weiterentwicklung brauchen. Gerade in der IT, etwa beim Erlernen einer neuen Programmiersprache, ist es nicht erforderlich, sich zu rechtfertigen, warum man das lernt. Die Mitarbeitenden haben die Freiheit, sich weiterzubilden, ohne dass es zu einer Abrechnung kommt, und das sogar bis zu 50% ihrer Arbeitszeit.
[Claudia Schütze]
Ich finde, das ist ein sehr spannendes und in meiner Wahrnehmung auch motivierendes Lernmodell. So wie ich es gehört habe, werden die Themen tatsächlich nicht vorgegeben, sondern die Lernenden wählen sie selbst aus. Dadurch können sie auch selbst entscheiden, wie viel Zeit sie investieren möchten, um in die jeweiligen Themenbereiche vorzudringen.
[Johannes Starke]
Ganz wichtig in diesem Kontext ist die Kultur des Teilens. Wenn ich etwas lerne, sehe ich es als meine Verpflichtung, dieses Wissen mit meinen Kolleginnen und Kollegen zu teilen, damit alle davon profitieren können. Wir können später noch genauer darauf eingehen.
[Claudia Schütze]
Ich denke, wir haben nun eine gute Vorstellung davon, wie wir die These verstehen, dass Lernende immer mehr Verantwortung für ihr eigenes Lernen übernehmen. Nun lass uns mal zur nächsten These übergehen: „Lernen findet in Netzwerken statt.“
Das ist ein Thema, das dir sehr am Herzen liegt. Könntest du das bitte noch etwas weiter ausführen?
Lernen findet in Netzwerken statt
[Johannes Starke]
Ich denke, das Thema Netzwerke ist für uns beide tatsächlich ein Herzensthema. Es reicht nicht mehr aus, sich nur innerhalb des eigenen, fix zugeordneten Teams auszutauschen. Der Wissensaustausch und die Zusammenarbeit müssen auch über die organisatorischen Silos hinweg stattfinden. Oftmals fördert die formale Struktur einer Organisation nicht die Zusammenarbeit basierend auf Wissen und Erfahrung. Stattdessen hat sich eine zweite, informelle Struktur des Wissensaustauschs etabliert, die nahezu automatisch entsteht.
Es ist aber auch entscheidend, über den Rahmen der eigenen Organisation hinauszublicken. Ich erinnere mich an ein Zitat von Harold Jarche: „Outside the organization is smarter than inside the organization.“ Das bringt es auf den Punkt. Nach seinem Modell „Seek, Sense, Share“ geht es darum, dass wir außerhalb unserer üblichen Arbeitskontexte, oft auch durch Zufall, viele interessante Impulse finden, die für unsere Arbeit von Bedeutung sein können. Diese Impulse, die wir etwa in sozialen Netzwerken oder anderen externen Quellen entdecken, holen wir dann in unsere informellen Diskussionskreise oder Communities of Practice. In diesen Räumen können wir diese neuen Ideen weiter ausarbeiten und mit Sinn anreichern, um sie schließlich in unser konkretes Arbeitsumfeld zu integrieren. Der gesamte Prozess, der aus dem Entdecken, Verstehen und Teilen besteht, ist ein kontinuierlicher Kreislauf, der für die Arbeit von heute eine bedeutende Rolle spielt.
[Claudia Schütze]
Absolut, Johannes. Ich kann aus meiner eigenen Erfahrung berichten, dass soziale Netzwerke für mich im wahrsten Sinne des Wortes Lernnetzwerke sind. Angefangen hat es für mich mit Twitter, doch aktuell ist es vor allem LinkedIn, das mir zahlreiche Anregungen bietet. Diese kommen oft unerwartet und sind nicht etwas, das ich gezielt suche, sondern sie passieren einfach. Die Themen, die mich interessieren, verfolge ich dann weiter und bringe sie in Diskussionen ein, zum Beispiel mit dir oder mit unseren anderen Trainerinnen und Trainern.
Aus diesen Gesprächen und Anregungen entstehen dann neue Ideen und Entwicklungen. Ich finde, dass die große Community auf LinkedIn weitaus mehr leisten kann als unser internes Netzwerk, obwohl dieses natürlich auch sehr wertvoll ist. Der Unterschied liegt für mich in der Inspirationsquelle und der breiten Themenvielfalt, die in diesen Netzwerken generiert wird.
[Johannes Starke]
Man kann den Kontext, den du eben beschrieben hast, als sehr informell bezeichnen – in sozialen Netzwerken kann einem alles und nichts begegnen, je nachdem, wem man folgt und welche Filter man sich setzt. Spannend finde ich jedoch auch die formalen Events, die dieses Vernetzen fördern können. Ein Beispiel wären Peer-to-Peer-Lernangebote, die wir in der Organisation schaffen können, um diese neuen Arten von Vernetzungen und die Sichtbarkeit von Menschen zu ermöglichen.
In der letzten Folge haben wir bereits das Format Barcamp angesprochen. Es fällt mir gerade ein, dass wir ja relativ oft Lean-Coffees durchführen, ein schnelles und unkompliziertes Format, um erst mal zu verstehen, welche Themen die KollegInnen beschäftigen. Dann kommen mir Corporate MOOCs in den Sinn, bei denen wir einen zeitlichen Rahmen über mehrere Wochen bieten, um uns jede Woche mit einer anderen Themenstellung zu beschäftigen. Die KollegInnen schließen sich dann über die berühmten Silo-Grenzen hinweg zusammen und arbeiten gemeinsam an diesem Thema. So entstehen neue Ideen.
[Claudia Schütze]
Absolut, und ich möchte vielleicht noch ein sehr bevorzugtes Format erwähnen: Working Out Loud. Das ist nach wie vor eines der Formate, das für mich prädestiniert ist für Lernen in Netzwerken. Besonders spannend finde ich, dass man es sowohl in Organisationen aufbauen und gestalten kann, als auch außerhalb der Organisation. Es gibt viele kleine, mittlere und große Unternehmen, die sich bereits mit dem Ermöglichen von Working Out Loud Lernzirkeln hervorgetan haben.
Doch es geht auch offen, sodass ich mit Menschen außerhalb meiner gewohnten Blase, aus meinem normalen Netzwerk, diese Lerngruppen oder Lernzirkel gründen kann. Über einen fixen Zeitraum und mit einer klaren Struktur, die ja typisch für agile Lernformate ist, aber gleichzeitig individualisierte Inhalte bietet, kann ich an einem selbstgewählten Ziel arbeiten und im Netzwerk lernen.
[Johannes Starke]
Das Schöne an Working Out Loud ist auch, dass wir über dieses Format Vernetzung üben können. Wenn ich noch nicht so richtig damit vertraut bin, auf fremde Menschen zuzugehen oder mich in offenen sozialen Netzwerken zu vernetzen, bietet Working Out Loud – oder auch LernOS – ein wunderbares Übungsfeld. Es schafft eine strukturierte Möglichkeit, sich auf neue Kontakte einzulassen und in einem unterstützenden Umfeld zu lernen, wie man sich in solchen Netzwerken bewegt.
[Claudia Schütze]
Das hatte ich ganz vergessen, Johannes, du hast so recht! Denn das ist wirklich ein elementares Ziel in diesen Lerngruppen: genau diese Kompetenz zu beflügeln und zu fördern. Ein super guter Punkt, vielen Dank dafür, Johannes.
Gut, haben wir noch etwas zu dieser Theorie zu sagen, oder wollen wir direkt zur nächsten These übergehen?
[Johannes Starke]
Ich wollte gerade sagen, wir sind jetzt eigentlich schon mittendrin in der nächsten These.
Lernende teilen Ihr Wissen mit den KolegInnen
[Claudia Schütze]
Ja, die nächste These wäre: „Lernende teilen ihr Wissen mit ihren KollegInnen“. Okay, da springe ich mal sofort rein, das ist mir eine Herzensangelegenheit, ich weiß dir auch, aber ich fange einfach mal an zu dem Thema.
Lernende teilen ihr Wissen – auch das ist kein Selbstläufer, aber diese Peer-to-Peer-Lernformate sind eine Möglichkeit, genau das zu ermöglichen und sicherzustellen. Warum ich da jetzt so ein bisschen reingesprungen bin: Vielleicht hat der ein oder andere es über unsere kleinen Postings bei LinkedIn auch schon mitbekommen. Wir haben seit einem knappen Jahr ein Peer-to-Peer-Lernformat, und dort teilen unsere KollegInnen ihr Wissen, auch für Themen, für die sie vielleicht nicht immer in der Organisation so bekannt sind.
Wir sind jetzt einen Schritt weiter gegangen und haben begonnen, unsere „Fridays for Learning“ – wie sie bei uns heißen – auch für externe Gäste zu öffnen. Natürlich sind wir nicht die Ersten, die sich so etwas überlegen. Ich glaube, bei vielen, die sich für Lerncommunities und Peer-to-Peer-Lernen interessieren, ist das LEX-Programm der Telekom bekannt, und ähnliche Initiativen gibt es auch bei Continental, Evonik und vielen anderen.
Also, das ist ein Thema, das mir sehr, sehr wichtig ist, aber auch das braucht Ermöglichung. Denn Menschen müssen sich exponieren und mit ihrem Wissen anbieten. Sie werden ja in der Organisation vielleicht auch bekannter für das, wofür sie da stehen, und das alles braucht einen Rahmen, der das schützt und ermöglicht. Gut, Johannes, jetzt habe ich dir diese These, glaube ich, „geklaut“.
Aber trotzdem, gibt es noch etwas, das du ergänzen möchtest?
[Johannes Starke]
Das Bild hast du sehr rund erzählt, denke ich. Lass uns mal direkt zur nächsten These übergehen.
[Claudia Schütze]
Okay, welche ist das? Magst du sie mal kurz vorstellen?
Lerninhalte unterstützen, wenn sie gebraucht werden
[Johannes Starke]
Lerninhalte unterstützen, wann, wo und wie sie gebraucht werden – auch hier denkt man wieder an Lernen und Arbeiten wird eine Einheit. Aber ich glaube, man kann diese Geschichte noch größer erzählen.
[Claudia Schütze]
Dann leg mal los, bitte. Wir sind gespannt.
[Johannes Starke]
Das Konzept des Performance Support ist vielen vielleicht bekannt – es geht darum, unterstützende Materialien immer genau dann bereitzustellen, wenn ich sie im Arbeitskontext benötige. Nicht dieses Auf-Vorrat-Lernen, bei dem ich nach Monaten ein Problem in einer Software oder Maschine habe und dann nicht mehr weiß, was zu tun ist. Stattdessen schaffen wir eine Strukturierung von Inhalten und unterstützenden Elementen, die uns hilft, immer das Richtige zur richtigen Zeit zu haben. Das Konzept der "Five Moments of Need", entwickelt von Bob Mosher und Conrad Gottfredson, beschreibt dieses Prinzip.
[Claudia Schütze]
Ja, das klingt interessant, Johannes. Wollen wir das Konzept nochmal ganz kurz vorstellen, zumindest ganz grob?
[Johannes Starke]
Überblicksartig gesprochen: Der erste Moment of Need ist, wenn ich etwas Neues lernen muss. Hier benötige ich formales Grundlagenwissen, um die Grundkonzepte zu verstehen. Der zweite Moment ist, mehr über etwas zu lernen. Die grundlegenden Pfade sind bereits gelegt, aber die Vertiefung wird oft individueller. Auch hier befinden wir uns noch in formalen Lernkontexten.
[Claudia Schütze]
Genau. Und das ist auch wichtig, Johannes, in meinen Augen. Ich erkenne in den Diskussionen der letzten Zeit eine leichte Tendenz, zu sagen, dass formales Lernen nicht mehr so wichtig sei. Dem stimme ich jedoch nicht zu. Denn für die beiden Moments of Need, die du erwähnt hast, brauche ich genau dieses formale Lernen – jetzt und auch in der Zukunft.
[Johannes Starke]
Genau, das Performance Support Konzept geht hier weiter. Der dritte Moment ist – etwas anwenden oder erinnern. Wenn wir nach längerer Abwesenheit zum Beispiel den Abwesenheitsassistenten in Outlook aktivieren möchten, haben wir oft vergessen, wie das geht. In diesem Fall wäre es unangemessen, ein 30-minütiges Lernprogramm zu schauen. Stattdessen benötigen wir eine schnelle Hilfe, wie eine Checkliste oder ein Pop-up, das uns genau zeigt, welche Schritte nötig sind.
Der vierte Moment – wenn ein Problem auftritt.
[Claudia Schütze]
Das ist, glaube ich, der Klassiker. Also so dieses, irgendwas passiert, was tue ich jetzt?
[Johannes Starke]
Genau, der fünfte Moment ist sehr ähnlich: Wenn sich etwas ändert. In solchen Fällen sind klassische Handbücher oder Lernprogramme oft zu langsam.
[Claudia Schütze]
Das stimmt. Die Fragestellungen bei einem Problem oder einer Veränderung sind oft sehr konkret und detailliert, und genau hier versagen formale Lernmaterialien, die meist nicht spezifisch genug sind.
[Johannes Starke]
Und gerade bei dem Beispiel, wenn ein Problem an der Maschine auftritt, wie ein Fehlercode 11 bei unserer Waschmaschine, kann ich immer bei YouTube nachsehen, was verstopft ist. Bei größeren Maschinen ist es etwas komplexer. Da bin ich sicher, dass es draußen mindestens zehn KollegInnen gibt, die ähnliche Probleme hatten und einen Workaround kennen. Tipp: Mach dies oder das. Es gibt auch Systeme, wie etwa Loop, ein Angebot für die KollegInnen der Softwareentwicklung. Es handelt sich um eine mobile Anwendung, die TechnikerInnen im Feld nutzen, um sich auszutauschen. Was bedeutet dieser Fehler? Wie hast du ihn behoben? Klar, das geht auch über Chat oder Anruf, aber um es für alle zugänglich zu machen, wird so eine Datenbank aufgebaut, die Wissen langfristig speichert.
[Claudia Schütze]
Absolut, Johannes. Das ist ein besonders spannender Ansatz, den wir vielleicht noch einmal ausführlicher betrachten sollten. Es geht hier um Hilfen für Menschen, die nicht den Luxus eines Arbeitsplatzes mit PC und allem, was wir haben, besitzen. Sie können nicht jederzeit lernen, während sie arbeiten, sondern sind unterwegs oder haben durch die Produktion getaktete Arbeitszeiten, die es ihnen unmöglich machen, nebenbei zu lernen. Das ist ein echt interessantes Feld, das wir unbedingt vertiefen sollten.
Nun, Johannes, wir haben uns die individueller werdende Lernerfahrung angesehen. Ich würde gerne zu deiner nächsten These übergehen.
Konkrete Individuelle Lernerfahrungen
[Johannes Starke]
Konkrete, individuelle Lernerfahrungen – der Begriff "Learning Experience" oder auch "Learning Experience Plattformen" ist ein sehr trendbehafteter Begriff. Was mir hier wichtig ist: Früher wurde mir oft ein Lernangebot zugewiesen, weil jemand anders wusste, was ich brauche, und mir das entsprechend zugewiesen hat.
Heutzutage können Lernende viel konkreter und besser einschätzen, was sie brauchen und was in ihrem Arbeitskontext relevant ist. Das kann auch durch technische Unterstützung erfolgen, zum Beispiel durch Learning Experience Plattformen. Diese bieten den Lernenden die Möglichkeit, aus einem offenen Katalog das zu wählen, was sie für ihre persönliche Arbeit und Entwicklung brauchen. Gleichzeitig können sie sich mit KollegInnen abstimmen und sicherstellen, dass sie den richtigen Weg gehen.
Oder auch sehen, wie jemand, der in einem ähnlichen Kontext arbeitet, ein Problem gelöst hat und sich daran orientieren. Es geht darum, die Perspektive der Lernenden zu verstehen und ihren Bedarf in den Mittelpunkt zu stellen.
[Claudia Schütze]
Ja, sehr guter Punkt, Johannes. Es ist wichtig zu betrachten, ob Lernende wirklich in der Lage sind, die richtigen Inhalte für sich auszuwählen. Hier könnte es hilfreich sein, das Thema Lernkompetenz aufzugreifen und die Lernenden zu unterstützen, damit sie selbstgesteuert Lernziele setzen und diese effektiv verfolgen können. Das befähigt sie, ihre eigene, individuelle Lernerfahrung zu gestalten und in die richtige Richtung zu lenken.
[Johannes Starke]
Ich denke auch, dass das Hand in Hand gehen sollte. Wir sollten uns nicht ausschließlich auf Algorithmen verlassen, die behaupten, sie könnten erkennen, was wir brauchen. Also diese üblichen Empfehlmechanismen, die bei Learning-Experience-Plattformen und im Hintergrund liegen, die behaupten, sie würden die lernenden Daten erfassen und dann entsprechend durch künstliche Intelligenz in eine bestimmte, in bestimmte Sinnzusammenhänge stellen.
Die Daten sind da. Wollen wir sie nutzen?
[Johannes Starke]
Da bin ich, und das ist vielleicht auch eine persönliche Haltung von mir, tendenziell eher skeptisch, ob wir die Daten, wenn sie da sind, auch wirklich nutzen wollen. Das ist ja die nächste Frage. Ich vertraue eher auf die Schlauheit der Menschen und darauf, dass sie erkennen, was sie benötigen. Auch das Vertrauen, das ihnen entgegengebracht wird, ist meiner Meinung nach entscheidend.
Deswegen denke ich, dass wir sehr vorsichtig damit sein müssen, Lerndaten zu erheben und sie Algorithmen zu überlassen, die möglicherweise voreingenommene Ergebnisse liefern. Oft reden wir von "Biased Algorithms", die den Status Quo zementieren, basierend auf Datensätzen, die nur vergangene Muster widerspiegeln. Was sich in der Vergangenheit tausendfach zementiert hat, muss nicht zwingend auch in Zukunft so sein. Das ist ein weites Feld, das wir, glaube ich, im Detail jetzt nicht vertiefen müssen.
Aber ich glaube, eine sehr sorgfältige Abwägung, welche Daten wir erheben, ist wichtig, insbesondere auch aus Akzeptanzgründen, gerade gegenüber Interessensvertretungen. Gleichzeitig sollten wir überlegen, in welchen Bereichen wir mehr auf Vertrauen und Selbstvertretung setzen.
[Claudia Schütze]
Mit Sicherheit. Aber ich glaube, es hat auch viel Potenzial, Johannes, und genau deshalb beschäftigt es aktuell viele Menschen intensiv. Gut, dann lass uns auf deine nächste These schauen.
Online wird der neue Standard
[Claudia Schütze]
Und die nächste These war: Online wird der neue Standard. Ich denke, dem können wir nur zustimmen, oder, Johannes? Ist das eigentlich noch ein richtiger Trend?
Ich würde sagen, der hat sich schon ein Stück weit manifestiert, zumindest im letzten Jahr. Wir haben viel ausprobiert und über die Dauer von einem guten Jahr Gewohnheiten etabliert. Man sagt ja nicht ohne Grund, dass aus wiederholtem Tun Gewohnheiten entstehen können.
Man sagt, es braucht etwa drei Monate, um Verhalten in eine Gewohnheit zu überführen. Ich denke, nach einem Jahr haben wir es geschafft, uns online mit Lernen auseinanderzusetzen. Das war eine großartige Gelegenheit, um Online-Lernformate als Standard zu etablieren und Gewohnheiten zu schaffen.
Für mich sind virtuelle Lernangebote keine temporäre Notlösung, sondern haben eine klare Daseinsberechtigung, weil sie viele Vorteile bieten. Das bedeutet nicht, dass es keine Präsenzformate mehr geben wird. Aber ich glaube, wir werden künftig viel kritischer hinterfragen, ob für jedes Thema ein Präsenzformat notwendig ist oder ob vieles auch sehr gut durch Online-Lernangebote abgedeckt werden kann.
Die beste Referenz sind die Lernenden, die Teilnehmenden unserer Angebote. Sie sind mittlerweile wirklich begeistert von vielen virtuellen Formaten, die wir zum Beispiel im Bereich der Software-Schulung anbieten.
[Johannes Starke]
Das ist ein völlig neues Feld, das jetzt verhandelt wird, mit neuen Problemen, die auch neue Lösungen erfordern. Ich bin begeistert, was sich im vergangenen Jahr der Pandemie entwickelt hat. Zunächst wurde schnell auf Zoom und Teams gewechselt, aber bald merkten wir, dass wir die Möglichkeiten des Online-Raums noch lange nicht ausschöpfen. Es reicht nicht, nur etwas zu übertragen, sondern der Online-Raum bietet ein völlig neues Potenzial, das es zu entdecken gilt.
[Claudia Schütze]
Genau, es gelten auch andere Regeln. Deshalb ist es wichtig, die analoge Welt nicht einfach eins zu eins in die virtuelle Welt zu übertragen.
Genau, wir haben gemerkt, dass es nicht nur um das Format geht, sondern um die Art der Umsetzung, um virtuell erfolgreich zu sein. Ein gutes Beispiel dafür sind virtuelle Konferenzen und Barcamps, die ebenfalls erfolgreich in den virtuellen Raum übertragen wurden.
[Johannes Starke]
Ja, das war wirklich spannend! Ein Audio-Only-Barcamp war eine erfrischende Abwechslung und zeigt, wie kreativ und flexibel virtuelle Formate sein können. Es entstand aus dem Bedürfnis, den ganzen Tag vor dem Bildschirm zu vermeiden und trotzdem eine produktive, interaktive Lernumgebung zu schaffen.
[Claudia Schütze]
Absolut, das zeigt wirklich, wie schnell sich Bedürfnisse und innovative Lösungen entwickeln können, wenn man gezwungen ist, neue Wege zu gehen. Die virtuelle Arbeit hat uns dazu gezwungen, kreativ zu werden und Lösungen zu finden, die vielleicht vor einem Jahr noch unvorstellbar waren. Es ist spannend zu sehen, wie diese Erfahrungen jetzt neue Bedürfnisse und Ideen hervorbringen, die für die Zukunft relevant sind.
Genau, das ständige Sitzen und der lange Blick auf den Bildschirm führen zu Erschöpfung und Frustration, besonders wenn der Mehrwert nicht sofort ersichtlich ist. Diese Erfahrungen haben uns gezwungen, nach alternativen Formaten zu suchen, die sowohl die Effizienz steigern als auch den Lernerlebnis verbessern – sei es durch neue Technologien oder einfachere, flexiblere Ansätze.
[Johannes Starke]
Richtig - immer mit dem Fokus, aus welchen Gründen mache ich das jetzt anders, was soll der intendierte Output, die intendierte Wirkung sein.
[Claudia Schütze]
Absolut, es ist toll, dass du das als Abschluss zu diesem Punkt gesagt hast, Johannes. Wir wollen nicht Formate um der Formate willen nutzen, sondern sicherstellen, dass sie den bestmöglichen Sinn stiften und das bestmögliche Ergebnis liefern. Super. Ich denke, das ist ein guter Punkt, um zur nächsten These überzugehen, Johannes.
Wirksamkeit und Nachhaltigkeit rücken immer mehr ins Zentrum
[Claudia Schütze]
Die nächste These ist, dass Wirksamkeit und Nachhaltigkeit stärker in den Mittelpunkt unserer Aktivitäten rücken. Magst du dazu etwas sagen?
[Johannes Starke]
Ja, das hätte schon immer im Zentrum stehen sollen, auch wenn es qua Lippenbekenntnis sicherlich bereits der Fall war. Durch die neue Vielfalt und Verteilung unserer Arbeit sowie den Verlust alter Kontrollmechanismen rücken die Wirkung und Sichtbarkeit unserer Lernangebote immer mehr in den Mittelpunkt. Warum tun wir, was wir tun?
Wie können wir den Erfolg messen, wenn wir so viele Möglichkeiten haben? Es spielen viele Themen eine Rolle, wie die Wirksamkeit auf individueller Ebene, zum Beispiel für diejenigen, die im Homeoffice arbeiten, und die Wirkung auf Teams oder Arbeitsgruppen.
Wie arbeiten wir zusammen und wie verbessert sich die Wirkung auf die gesamte Organisation? Wie unterstützen wir mit unseren Aktivitäten die organisationalen Ziele? Zudem müssen wir die Wirkung nach außen berücksichtigen, zum Beispiel durch neue Allianzen und das Einbeziehen der Erfahrungen und Sichtweisen unserer Kunden. All dies sollten wir genau beobachten und bewerten, wenn wir Lernangebote entwickeln.
[Claudia Schütze]
Vieles davon ist nicht neu, aber erhält einen neuen Fokus. Das kann Lernen zu einer besseren und nachhaltigeren Erfahrung für jeden Einzelnen machen. Guter Punkt, Johannes.
Wir haben die Wirksamkeit und Nachhaltigkeit betrachtet, und kommen nun zur vorletzten These: Die Welt der Möglichkeiten wird immer vielfältiger. Das Thema ist zwar wenig überraschend, aber magst du trotzdem etwas dazu sagen?
Die Welt der Möglichkeiten wird immer vielfältiger
[Johannes Starke]
Ja, Komplexität versus Einfachheit. Also wir haben einfach unglaublich viele Kombinationsmöglichkeiten. Wir haben schon ein paar Stichworte genannt, was wir jetzt alles kombinieren können zu neuen Lernangeboten, zu neuen Lernräumen, zu neuen Lernwelten.
Wir sollten sorgfältig abstimmen, was wir miteinander kombinieren, besonders in Bezug auf die Wirksamkeit. Es geht darum, die verschiedenen angestrebten Wirkungsfelder miteinander zu verbinden, was eine präzise Abstimmung erfordert. Hier kommt auch das Thema Evolution ins Spiel: Entspricht die Wirkung des neuen, experimentellen Lernangebots wirklich dem, was wir ursprünglich erwartet haben? Das bildet die Klammer um vieles.
[Claudia Schütze]
Gut. Johannes, und dann glaube ich, sind wir auch schon am Ende. Wir haben noch eine letzte These.
L&D wandelt sich vom Kurslieferanten zum Ermöglicher
[Claudia Schütze]
Und da geht es um die Rolle von L&D. Da würde ich dich auch gerne bitten, noch mal ein bisschen einzutauchen.
[Johannes Starke]
Ich beginne hier vielleicht mit dem Modern Workplace Learning Report von Jane Hart, die regelmäßig Mitarbeitende im L&D-Umfeld fragt: Wie arbeitet ihr derzeit? Welche Angebote stellt ihr zur Verfügung? Und wo seht ihr eigentlich euer wertschöpfendes Potenzial für die Zukunft?
Ich glaube, es ist fast egal, wen man fragt. Die Tendenz geht eindeutig dahin, dass L&D in Zukunft nicht mehr nur formale Kurse erstellt, sie in Lern- und Managementsysteme stellt und Trainingskataloge anbietet. Vielmehr wird der Fokus darauf liegen, Lernräume zu schaffen, die frei oder flexibel gestaltbar sind. Wie du vorhin gesagt hast, geht es darum, den Menschen zu helfen, ihren Lernprozess zu gestalten und sie in diesem Coaching-Ansatz zu unterstützen.
Das Ganze muss immer mit dem Fokus darauf geschehen, was das Unternehmen davon hat. Es geht nicht darum, dass einfach unbegrenzt und ziellos gelernt wird, sondern L&D sollte stets darauf achten, dass die Lernaktivitäten die strategischen Ziele der Organisation unterstützen.
[Claudia Schütze]
Das waren sie, deine elf Thesen, richtig?
[Johannes Starke]
Das war ein langer Ritt, vermutlich etwas länger als ursprünglich für den Überblick geplant.
[Claudia Schütze]
Es gibt viele Themen im Detail, die hier eine Rolle spielen. Unsere heutige Episode sollte jedoch einen großen Abriss bieten und die Hörerinnen und Hörer mit den Impulsen auf die Reise nehmen, die du aufgrund der Fragen unserer Kunden teilst.
Diese Fragen kommen aus der Praxis, sind wichtig und betreffen Themen, bei denen nach Impulsen, Ideen und Anregungen gefragt wird. Genau das ist in diesen elf Thesen manifestiert, die sich natürlich weiterentwickeln, Johannes.
Das ist nichts, was starr ist und in Stein gemeißelt.
[Johannes Starke]
Permanente Weiterentwicklung.
[Claudia Schütze]
Absolut, genau. Die Vielfalt der Möglichkeiten zeigt es schon. Allein diese eine These könnte ganze Geschichten über das letzte Jahr erzählen, wie sich alles entwickelt hat.
Outro
Johannes, vielen Dank, dass du uns in deine Thesen zu aktuellen Lerntrends eingeführt hast. Es war ein großartiger Überblick, und wir werden sicherlich bald noch einige Themen vertiefen.
Es gibt sicherlich viele spannende Details in den Thesen, die wir mit unseren Zuhörern geteilt haben. Vielen Dank dafür, Johannes, und für deine Zeit. Es war mir eine Freude, und ich freue mich auf die kommenden Episoden, in denen wir weiter vertiefen werden. Für heute herzlichen Dank!
[Johannes Starke]
Viele Möglichkeiten. Diese Thesen sind in Zusammenarbeit mit meinen KollegInnen, dem Netzwerk und vielen anderen Corporate Learning Begeisterten entstanden. Es geht hier wieder um Lernen durch Netzwerke und den Austausch mit Menschen.
[Claudia Schütze]
Und aus den Fragen unserer Kunden, Johannes, das dürfen wir auch nicht vergessen. Das ist natürlich immer eine der stärksten Motivationen auch, uns damit zu beschäftigen. Also vielen lieben Dank, Johannes.
[Johannes Starke]
Danke dir, liebe Claudia. Und viele, viele weitere Folgen.
[Claudia Schütze]
Und danke euch, dass ihr dabei wart heute bei den aktuellen Lerntrends im Bereich Learning. Und wir freuen uns, wenn ihr bei der nächsten Episode wieder einschaltet. Dankeschön.
[Johannes Starke]
Auf bald.
[Claudia Schütze]
Auf bald. Tschüss.