Digitalisierung der Verwaltung: Wie gelingt der Wandel?

Die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung gleicht einem Hindernislauf. Zahlreiche Projekte starten mit viel Schwung und großen Hoffnungen … und geraten über kurz oder lang doch ins Straucheln. Denn die Technik macht zwar vieles möglich, die zentrale Frage bei diesem Thema aber lautet: Wie gelingt der Wandel bei den Menschen in der Verwaltung?

Die Digitalisierung der Verwaltung hat nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie Fahrt aufgenommen. Auch wenn die Pandemie schonungslos Defizite vor Augen geführt hat, zum Beispiel beim digitalen Gesundheitsamt, hat sie ebenso eindrucksvoll gezeigt: Die Digitalisierung ist eine große Chance, das Thema moderne Verwaltung voranzubringen und sich serviceorientiert und leistungsfähiger aufzustellen. Und auch darauf hat die Pandemie ein Schlaglicht geworfen: Die Verwaltungsmodernisierung verändert massiv die Anforderungen an die Beschäftigten im öffentlichen Sektor.

Das Ziel: Moderne Apps statt aufs Amt

Das Ziel einer modernen Verwaltung ist klar: Behördengänge sollen bequem von der heimischen Couch oder vom Unternehmen aus erledigt werden können. Vom Kindergeld über die Kfz-Ummeldung bis zum Rentenantrag soll alles online laufen. Mit digitalen Angeboten will die Verwaltung endlich zu den Erwartungen der Bürger:innen und der Wirtschaft an ein leistungsstarkes E-Government aufschließen. Elektronische Bürgerservices sollen dasselbe Nutzererlebnis bieten, wie es die Kund:innen aus dem Alltag, etwa vom E-Commerce oder dem Onlinebanking, kennen.

Ob dies gelingt, hängt wesentlich von den Mitarbeiter:innen in den Behörden und Rathäusern ab. Schließlich sind sie es, die die Digitalisierung umsetzen bzw. E-Government mit Leben füllen müssen. Und auf sie kommt einiges zu, denn die digitalen Prozesse laufen innerhalb der Verwaltung ja weiter – von der Beteiligung aller zuständigen Stellen über den Bescheid bis zur Veraktung – ohne Medienbrüche und Papier.

 


Drei Kernprinzipien tragen zum Gelingen einer modernen Verwaltung bei:

  1. One-Stop-Shop:
    Mehrere Anliegen, die sich aus derselben Lebenslage (z. B. Umzug oder Heirat) ergeben, lassen sich auf einmal erledigen.
  2. „Once only“-Prinzip:
    Daten und Dokumente von Bürger:innen oder Unternehmen werden nur einmal – „once only“ – von der Verwaltung erstellt oder dort erfasst und bei Bedarf und unter Beachtung der Datenschutzinteressen der Betroffenen von anderen Behörden wiederverwendet.
  3. „Digital by Default“:
    Die digitale Kommunikation sowie der elektronische Austausch von Informationen und Dokumenten zwischen der Verwaltung und ihren Kund:innen wird Standard. Dies jedoch, ohne die klassischen Kanäle (z. B. persönlicher Kontakt, Post) abzuschalten. Die Verarbeitung der Daten erfolgt elektronisch.

 

Die Vorteile einer modernen Verwaltung liegen auf der Hand: Die öffentliche Verwaltung bleibt dank effizienter Abläufe auch in Zukunft arbeitsfähig, und der von Wirtschaft und Bürger:innen geforderte Bürokratieabbau wird beschleunigt.

Moderne Verwaltung – ein langer Weg

Der Blick in die Praxis zeigt allerdings: Vision und Wirklichkeit klaffen bei der Modernisierung des Public Sectors weit auseinander. Auf allen Ebenen – Kommunen, Land und Bund – wird mit Hochdruck an der Digitalisierung gearbeitet. Regierungsprogramme, z. B. „Verwaltung 2020“, das Onlinezugangsgesetz (OZG) und Gesetze zum E-Government, liefern Vorgaben und schaffen Rechtssicherheit. Zusätzlichen Rückenwind gibt das milliardenschwere Konjunkturpaket der Bundesregierung. Doch trotz aller Anstrengung ist absehbar, dass die Zeitpläne neu geschrieben werden müssen. Die Umsetzung des OZG bis Ende 2022 gelingt nicht, und die elektronische Akte (E-Akte) als zentrales Element von E-Government wird auch nach knapp zehn Jahren noch nicht flächendeckend umgesetzt sein.

Nicht nur Wirtschaft und Öffentlichkeit, auch die Führungskräfte im öffentlichen Dienst bemängeln den zähen Fortschritt bei der Digitalisierung. Das zeigt das „Zukunftspanel Staat & Verwaltung 2021“ des Centre for Digital Governance der Hertie School und des Wegweiser-Forschungsinstituts: Der Fortschritt wurde auf Kommunalebene nur von rund 29 Prozent der Befragten und auf Bundesebene von knapp 19 Prozent als positiv bewertet.

Das Paradoxon: Während sich so manche Stadt mithilfe moderner Technologien wie künstlicher Intelligenz in eine Smart City verwandeln sollen, kämpfen die Mitarbeiter:innen in vielen Stadtverwaltungen – und nicht nur dort – mit den operativen Details der Digitalisierung.

Digitale Verwaltung: Welche Hürden gibt es bei der Einführung?

Die Ursachen dafür sind mannigfaltig. Aber bei einem genaueren Blick auf die vielen öffentlichen Digitalisierungsvorhaben entdeckt man, dass die Projekte immer wieder mit den gleichen Hürden konfrontiert sind:

  1. Restriktiver rechtlicher Rahmen wie Datenschutz oder die Schriftformerfordernis.
  2. Unterschiedliche Zuständigkeiten und konkurrierende Kompetenzen bzw. Interessen zwischen Ressorts, Behörden sowie Bund, Ländern und Kommunen. So sind die Kommunen beim OZG nur punktuell in den Gestaltungsprozess eingebunden, es sind aber die Städte und Gemeinden, welche die elektronischen Services anbieten und erbringen müssen.
  3. Die mangelhafte Ausstattung mit finanziellen Mitteln ist nach wie vor ein Hemmschuh, gerade auf kommunaler Ebene, da dort die von Bund und Ländern beschlossenen Vorhaben umgesetzt werden müssen.
  4. Fehlen von verbindlichen Standards und zentralen Lösungen: Besonders die Behörden auf kommunaler Ebene haben mit einem Flickenteppich von nicht verzahnten Initiativen und einer stark fragmentierten IT-Infrastruktur zu kämpfen.
  5. Mangelnde Transparenz und Adaptierbarkeit: Für das Weiterreichen von Anwendungen bzw. deren Nachnutzung durch andere Bundesländer oder Kommunen fehlen in der Praxis häufig geeignete Plattformen oder standardisierte Verfahren.
  6. Fehlen von digitaler Kompetenz: Es mangelt an IT-Fachleuten, Projektmanagern sowie digital affinen Beschäftigten. So gaben fast 60 Prozent der Kommunen im KfW-Kommunalpanel 2020 an, dass es ihnen an Digitalisierungsexpertise fehle.
  7. Geringe Akzeptanz bzw. Nutzerorientierung sind die häufigsten Gründe für das teilweise oder komplette Scheitern von Digitalisierungsprojekten. Die Bedürfnisse der Bürger:innen und Unternehmen wie auch der Verwaltungsbeschäftigten werden zu wenig berücksichtigt. So werden u. a. aufwendige analoge Prozesse eins zu eins online übertragen, anstatt sie, den digitalen Möglichkeiten angemessen, zu vereinfachen.

Handlungsbedarf: Die Mitarbeitenden mitnehmen!

Aus technischer Sicht gibt es bereits Lösungen, die den digitalen Wandel in deutschen Behörden fördern sollen: Die Rechenzentren können konsolidiert werden, an gemeinsamen bzw. Basistechnologien z. B. für die E-Rechnung, das elektronische Postfach und für IT-Sicherheit wird gearbeitet. Beim OZG entwickelt nicht jedes Land seine eigenen Lösungen, stattdessen wird nach dem Prinzip „Einer für alle“ (EfA) die Arbeit aufgeteilt und so erledigt, dass alle die Ergebnisse nachnutzen können.

Doch bei der digitalen Kompetenz und der Akzeptanz geht es um Menschen. Und hier besteht noch großer Handlungsbedarf. Denn sie haben im Schlagschatten von technologischen und politischen Themen bislang eine eher untergeordnete Rolle gespielt. Zu Unrecht! Denn das Ziel moderne Verwaltung und die damit verbundenen Veränderungen verlangt allen Betroffenen einiges ab:

Qualifizierungsschub für die digitale Verwaltung

Das Onlinezugangsgesetz stellt die Menschen in der Verwaltung vor enorme Herausforderungen. Erfolgsentscheidend ist neben der richtigen Technologie ein zieloptimiertes Change-Konzept, das Digital Adoption als Hebel nutzt. Die tts performance suite hilft Ihnen dabei.
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  • Rollen und eingespielte Verfahren verändern sich. Prozesse werden neu gestaltet, neue Technologien und moderne Methoden halten Einzug in die öffentliche Verwaltung. Digital durchgängige Aufgaben bedingen, dass ein Verwaltungsvorgang künftig in Kooperation bearbeitet wird, teilweise über Ebenen und Organisationsgrenzen hinweg. Führungskräfte sind weniger als Fachexperten gefragt, sondern als Motivatoren, Teamentwickler und Orientierungsgeber.
  • Interdisziplinäre Teams und agile Organisationsformen prägen das Arbeiten in der digitalen Behörde. Silos müssen aufgebrochen und ein partnerschaftlicher Austausch muss etabliert werden. Konkret bedeutet das, dass beispielsweise Mitarbeitende der Fachbereiche mit der IT oder mit Juristen und Datenschützern Hand in Hand arbeiten.
  • Das Fehlen von Fachpersonal und mangelnde digitale Fähigkeiten erhöhen den Leistungsdruck. Aufgrund der Altersstruktur in der öffentlichen Verwaltung sind die Beschäftigten in diesen Organisationen weniger digital affin als in privaten Unternehmen. Und die Pensionierungswelle der geburtenstarken Jahrgänge bedeutet nicht nur einen Aderlass um rund 60 Prozent bis 2040, mit den Beschäftigten verabschiedet sich auch eine ganze Menge Verwaltungs-Know-how!

Nicht nur die Technik, auch das Digital Mindset ist entscheidend

Setzen Sie die E-Akte erfolgreich um

Die Digitalisierung der Verwaltung ist für Bund, Länder und Kommunen nicht nur eine technische Herausforderung. Auch die Menschen Ihrer Behörde müssen sich auf die Veränderungen vorbereiten, damit sie die neuen, digitalen Arbeitsweisen qualifiziert nutzen. Wir helfen Ihnen dabei.
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Fest steht: Für das Gelingen einer modernen Verwaltung müssen die Mitarbeiter:innen in der öffentlichen Verwaltung bewährte Strukturen und Prozesse hinterfragen und sich von Vertrautem verabschieden. Eine positive Haltung gegenüber dem Thema Digitalisierung ist jedoch die Grundlage für Veränderungsbereitschaft. Um die zu erreichen, ist ein durchdachtes Vorgehen und die frühzeitige Planung von Maßnahmen erforderlich, insbesondere da das Mantra „Wir haben das immer schon so gemacht“, laut einer Studie nicht nur in der Privatwirtschaft, sondern auch in der öffentlichen Verwaltung weit verbreitet ist. Die Empfehlung lautet daher, die Menschen, ihre Bedürfnisse und Ängste von Anfang an in den Vorhaben ernst zu nehmen und sie bei dem Weg hin zu einer digitalen Verwaltung mitzudenken!

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