Mitarbeitende für die digitale Verwaltung befähigen: 6 Bausteine für bessere User Adoption

Die ersten Schritte auf dem Weg zur digitalen Verwaltung sind getan. Der Roll-out der IT und der neuen Fachverfahren läuft. Jetzt wird es spannend: Ziehen auch die Mitarbeitenden mit, und zwar in der Leitungsebene ebenso wie in der Sachbearbeitung und der Registratur? Genau darüber entscheidet die sogenannte User Adoption. Doch wie lässt sich die gezielt fördern?

Wie bei jedem Digitalisierungsprojekt sind auch in der Verwaltung die Menschen das Zünglein an der Waage. Sie entscheiden darüber, ob die angestrebten Verbesserungen in den Verwaltungsabläufen ihre Wirkung erzielen und Wirtschaftlichkeit entfalten. An diesem Punkt kommt User Adoption ins Spiel. Sie ist der Gradmesser dafür, welche Einstellung die Mitarbeitenden zu den neuen digitalen Verwaltungstools entwickeln und in welchem Umfang sie die neuen Werkzeuge nutzen.

Entscheidend für eine hohe User Adoption ist die passgenaue Unterstützung der Mitarbeitenden bei der Erledigung ihrer Aufgaben, häufig mit einer oder mehreren Fachanwendungen. Aber auch die nutzerfreundliche Ausgestaltung der Fachanwendung, Gespräche mit Mitarbeitenden oder die Neustrukturierung von Organisationsbereichen tragen maßgeblich dazu bei, dass die Belegschaft die Veränderungen mitträgt. Die folgenden sechs Bausteine geben eine Orientierung darüber, wie sich die User Adoption gezielt fördern lässt, um den Weg zu einer modernen Verwaltung zu ebnen.

1. Strukturierte Planung als Basis von User Adoption

Der Aufbau der User Adoption sollte frühzeitig angepackt werden, am besten gleich mit dem Start des Digitalisierungsprojektes. Wesentliche Treiber sind eine intensive Kommunikation, effiziente Qualifizierungsmaßnahmen und ein aktiv gelebtes Wissensmanagement. Der zu diesem Zweck erarbeitete Kommunikationsplan verdeutlicht den Mehrwert des Digitalisierungsvorhabens und informiert über die Maßnahmen und Angebote, die die Mitarbeitenden auf dem Weg zur neuen Arbeitsweise unterstützen. Ein Qualifizierungskonzept sieht differenzierte Trainingsangebote für die unterschiedlichen Zielgruppen vor.

Bevor Sie starten, verschaffen Sie sich zunächst einen Überblick über folgende Punkte:

  • Was verändert sich durch die Digitalisierung, z. B. durch die Umsetzung des OZG? Welche Mitarbeitenden und Prozesse sind betroffen?
  • Welche Herausforderungen ergeben sich dadurch für die Mitarbeitenden? Wie kann die Nutzerakzeptanz an diesen Stellen gefördert werden?
  • Welche Ressourcen stehen zur Verfügung?
  • Welche Zeitplanung ist vorgegeben?

Strukturieren Sie die Themen nach dem größten Mehrwert und der Dringlichkeit und evaluieren Sie diese regelmäßig. Bringen Sie die Planung in Ihren E-Government-Masterplan ein.

2. Professionelles Change Management unterstützt User Adoption

Fördern Sie die Veränderungsbereitschaft, indem Sie die Mitarbeitenden von Anfang an einbeziehen und transparent kommunizieren: Warum ist die Veränderung notwendig? Wie sieht meine neue Rolle aus, und welche Aufgaben sind damit verbunden? Rechnen Sie mit Ängsten und Widerstand. Nehmen Sie Einwände ernst, und geben Sie Ihren Mitarbeitenden das Gefühl, dass ihre Sorgen gehört werden.

In der Praxis hat sich die Betreuung der Mitarbeitenden durch drei Gruppen bewährt, Multiplikator:innen, Change Agents und Führungskräfte: Als Multiplikator:innen bieten sich Key User des Fachverfahrens an, die kommunikationsstark, offen und neugierig auf Veränderungen sind. Die Change Agents sind methodisch geschult, bringen einen übergeordneten Blickwinkel ein und vermitteln bei Konflikten, während die Führungskräfte die Organisationsziele vertreten und mit gutem Beispiel vorangehen. Wenn diese drei Gruppen an einem Strang ziehen und als Ansprechpartner:innen für ihre Kolleg:innen zur Verfügung stehen, gelingt die Veränderung erwiesenermaßen besonders gut.

3. Das richtige Wissen zur richtigen Zeit fördert User Adoption

Je zielgenauer die Mitarbeitenden die benötigten Kompetenzen aufbauen, desto schneller akzeptieren sie die neu gestalteten Verwaltungsprozesse und digitalen Lösungen. Erstellen Sie daher eine Bildungsmatrix, die Aufschluss darüber gibt, welche Mitarbeitenden welche Kompetenzen brauchen. Beziehen Sie dazu fach- und hierarchieübergreifend alle Prozessbeteiligten ein. Anhand von Personas, also Beispielpersonen für die verschiedenen Rollen in dem betreffenden Fachbereich, können Sie die Anforderungen bestimmen und die konkret benötigten Kompetenzen für die einzelnen Mitarbeitenden ableiten.

Neben der Auswahl und dem Zeitpunkt der Wissensvermittlung trägt die Methodik entscheidend zur Entstehung von User Adoption bei. Beim heutzutage weitgehend etablierten Blended Learning werden Präsenzveranstaltungen mit anderen, digitalen Bausteinen zu flexiblen Lernszenarien verknüpft, um die unterschiedlichen Wissensstände und Bedürfnisse der einzelnen Mitarbeitenden zu berücksichtigen. Zusätzliche Unterstützung erhalten Ihre Anwender:innen direkt am Arbeitsplatz mithilfe der Key User, aber auch durch intelligente digitale Hilfen (Digital Adoption Platforms), die Schritt für Schritt durch einen Prozess im Fachverfahren leiten.

4. Agiler Kompetenzaufbau begünstigt User Adoption

Die Rollen und Aufgaben der Mitarbeitenden sowie die Nutzung der Fachanwendungen unterliegen häufig einer hohen Dynamik, und jede Veränderung verlangt zeitnah nach neuen Kompetenzen. Durch digitale Lernangebote, die unmittelbar bei den Aufgaben und im Arbeitskontext der Mitarbeitenden ansetzen, schaffen Sie Akzeptanz und fördern die User Adoption. Indem Sie Ihre Mitarbeitenden in die Lage versetzen, genau dann auf die Inhalte dieser Lernangebote zugreifen, wenn sie sie brauchen – z. B. während des Arbeitens mit der Fachanwendung –, fördern Sie den agilen Aufbau von Know-how durch selbstgesteuertes Lernen.

Berücksichtigen Sie beim Bereitstellen der digitalen Ressourcen folgende Punkte:

  • Wie detailreich muss die Hilfestellung sein, bspw. zu einem bestimmten Fachverfahren?
  • An welchem Punkt im Arbeitsprozess benötigen die Mitarbeitenden welches Wissen?
  • Wie können Inhalte schnell genug produziert und aktuell gehalten werden? Nicht jedes Format und jede Technik eignen sich.
  • Welches Budget steht Ihnen für diese Maßnahmen zur Verfügung?

5. Passende Werkzeuge verankern User Adoption

In keiner Behörde startet User Adoption auf der „grünen Wiese“, jede wie auch immer geartete Aus- oder Weiterbildung setzt traditionell auf Präsenz- und Onlineschulungen. Ein SharePoint ist häufig als Wissensmanagement-Lösung im Einsatz, der Roll-out wird von Expert:innen begleitet, die als „Floor Runner“ unterwegs sind oder die Mitarbeitenden am Telefon beraten.

Damit die User Adoption noch erhöht und langfristig in der Verwaltung verankert wird, lohnt sich der Einsatz von Digital Adoption Platforms. Es handelt sich dabei um spezielle Softwareprogramme, die dazu beitragen, die Nutzerakzeptanz zu steigern. Eine Digital Adoption Platform umfasst u. a. folgende Funktionen:

  • Sie zeigt den Nutzer:innen während eines Arbeitsschrittes Informationen an, mit deren Hilfe sie die vorliegende Aufgabe erledigen können, z. B. eine Schritt-für-Schritt-Anleitung. Im Idealfall führt die Digital Adoption Solution die Anwender:innen über verschiedene Applikationen hinweg durch den gesamten Prozess.
  • Die Lerninhalte sind passgenau auf die Rolle und/oder Funktion der jeweiligen Mitarbeitenden zugeschnitten.
  • Schulungsunterlagen und Hilfen lassen sich bei Neuerungen in den Prozessen oder innerhalb der Software (teil-)automatisiert aktualisieren.
  • Alle Hilfsmittel werden zentral an einer Stelle bereitgestellt.

6. Konzepte zur User Adoption integrieren Lerninhalte aller Abteilungen

In der Regel ist die Unterstützung der Anwender:innen in drei Säulen organisiert: Die Aus- und Fortbildung kümmert sich um die klassische Personalentwicklung und die Schulung, ein Projektteam übernimmt das IT-Training für das Fachverfahren, und im laufenden Betrieb unterstützen das User Help Desk und die Key User.

Konzepte zur Förderung von User Adoption brechen diese Strukturen auf. Sie integrieren alle Aspekte und bündeln die Lerninhalte aus verschiedenen Bereichen und Abteilungen, also Schulungsmaterialien, Kurzanleitungen am Arbeitsplatz, Antworten auf aktuelle Fragen und proaktive Hinweise auf Änderungen, mithilfe von Digital Adoption Platforms unter einem Dach.

Fazit

Erfolgreiche User Adoption basiert auf regelmäßiger Kommunikation, dem systematischen Aufbau von Kompetenz sowie kontinuierlichem Support vor, während und nach dem Go-live. Ein Patentrezept gibt es aber nicht, jede Behörde muss für sich entscheiden, wo sie die Schwerpunkte setzt und wie sie ihre Mitarbeitenden bei der digitalen Transformation mitnimmt. Verwaltungen, die sich mit den erwähnten Fragen auseinandersetzen, haben jedoch beste Chancen, eine hohe Akzeptanz für die neuen digitalen Verwaltungstools bei den Mitarbeitenden zu erreichen und eine effiziente Nutzung zu ermöglichen.

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