Hybride Systeme in HR: Wegweiser in die Wolke
Hybride HR-IT-Systeme sind für viele Unternehmen kein Übergangsphänomen, sondern eine notwendige Antwort auf funktionale Anforderungen, technologische Entwicklungen und begrenzte Ressourcen. Der Weg in die Cloud verläuft selten linear – gefragt ist eine sorgfältig orchestrierte Verbindung von Stabilität und Dynamik. Damit dieser Systemverbund erfolgreich funktioniert, müssen HR und IT enger zusammenarbeiten, gemeinsame Zielbilder entwickeln und sich auch organisatorisch stärker verzahnen. Neben tragfähigen Architekturen braucht es Menschen mit interdisziplinärem Denken, Prozessverständnis und der Fähigkeit, in komplexen Strukturen zugleich zuverlässig und beweglich zu handeln.

Warum die Cloud nicht auf Knopfdruck kommt
Die vollständige Verlagerung der HR-IT in die Cloud – das sogenannte „Full-Cloud“-Modell – gilt heute als strategisches Ziel vieler Unternehmen. Auch führende ERP-Softwareanbieter treiben diese Vision aktiv voran. Und das aus gutem Grund: Cloud-Lösungen versprechen mehr Agilität, bessere Skalierbarkeit, niedrigere Betriebskosten und eine hohe Innovationsgeschwindigkeit.
Doch der Weg dorthin ist selten linear. Bestehende On-Premises-Systeme sind oft tief in die Unternehmensprozesse eingebettet, über Jahre gewachsen und mit zahlreichen Drittsystemen verknüpft. Ein abrupter Wechsel in die Cloud wäre nicht nur riskant, sondern vielfach schlicht nicht realistisch.
Deshalb ist ein durchdachter Zwischenschritt entscheidend. Genau hier kommen hybride Architekturen ins Spiel – als Brücke zwischen der bewährten Systemlandschaft und der zukünftigen Cloud-Umgebung. Schauen wir einmal genauer hin!
Hybride HR-IT-Systeme gezielt managen
Hybride IT-Landschaften sind längst Realität – nicht aus Gewohnheit, sondern aus Notwendigkeit. Denn der angestrebte Umstieg in die Cloud stößt in der Praxis häufig an Grenzen: Die gewünschten Funktionalitäten stehen in der Cloud (noch) nicht vollumfänglich zur Verfügung, gesetzliche oder betriebliche Anforderungen erfordern lokale Komponenten, und bestehende Integrationen lassen sich nicht ohne Weiteres ablösen.
Unternehmen sind daher gefordert, diese Zwischenwelt aktiv zu gestalten: Die klassische On-Premises-Welt mit ihrer Stabilität und Prozessnähe muss mit den flexiblen, cloudbasierten Services zu einer tragfähigen Gesamtlösung verbunden werden. Dabei geht es nicht nur um technische Integration, sondern vor allem um das strategische Management zweier Systemwelten – mit unterschiedlichen Update-Zyklen, Sicherheitsanforderungen und Rollenmodellen.
Hybride Systeme ermöglichen dabei mehr als nur eine Brückentechnologie. Richtig gedacht, schaffen sie Freiräume: für eine schrittweise Migration, für gezielte Innovationen in einzelnen Prozessbereichen – und für die notwendige Sicherheit, um den laufenden Betrieb nicht zu gefährden.
Den Übergang gestalten
Die Herausforderung vieler Unternehmen besteht heute darin, ihre HR-IT-Strukturen so weiterzuentwickeln, dass sie einerseits auf bestehende Stabilität bauen – und andererseits genug Beweglichkeit mitbringen, um zukünftige Anforderungen zu erfüllen.
Konkret bedeutet das: HR-Kernfunktionen wie die Entgeltabrechnung, Zeitwirtschaft oder Stammdatenpflege laufen weiterhin auf bewährten On-Premise-Lösungen. Parallel dazu werden cloudbasierte Module eingeführt, etwa für das Talentmanagement, Recruiting oder Learning.
Damit dieser Übergang gelingt, braucht es mehr als eine technische Schnittstelle. Gefragt ist ein klares Zielbild, ein solides Architekturverständnis – und ein integrativer Blick auf Prozesse, Datenflüsse und Zuständigkeiten. Denn hybride HR-IT ist kein Zustand, den man „einfach so“ betreibt. Sie ist ein aktives Transformationsfeld.
Best of both worlds
Hybride Modelle sind längst mehr als Übergangslösungen – und werden auch mittelfristig relevant bleiben. Gerade mit Blick auf die Releasezyklen der SAP-S/4HANA-Produktfamilie und den schrittweisen Ausbau der Cloud-Funktionalitäten ist klar: Viele Unternehmen werden noch einige Zeit auf gemischte Systemlandschaften setzen.
Ein etabliertes Beispiel ist das Core-Hybrid-Modell, das gezielt SAP S/4HANA und SAP SuccessFactors verbindet. Je nach Zielbild wird dabei zwischen „HCM leading“ oder „HCM reading“ unterschieden – mit oder ohne Employee Central (EC) als führendem Stammdatensystem. So lassen sich klassische SAP-HCM-Komponenten mit cloudbasierten Modulen zu einem funktionalen Gesamtsystem kombinieren.
Die Funktionstrennung ist dabei dynamisch. Talentmanagement oder Recruiting laufen in der Regel über SuccessFactors. Gleichzeitig baut SAP die Zeitwirtschaft in der Cloud systematisch aus – etwa mit Time-Off, Time-On und der Subkomponente Time Management. Auch SAP ECP (Employee Central Payroll) ist hier relevant: Technisch On-Premises, wird es in der SAP-Cloud betrieben – für viele Kund:innen ist es damit de facto bereits ein Cloud-Service.
Das Zusammenführen beider Welten wird im Kern durch SAP HCM ermöglicht – mit dem Vorteil, dass bestehende Prozesse, Integrationen und Datenmodelle erhalten bleiben. Gleichzeitig entsteht Raum für gezielte Innovationen durch Cloud-Erweiterungen. Hybrid bedeutet in diesem Sinne nicht Kompromiss, sondern ein klar steuerbarer Systemverbund.
Es wird noch hybrider
Hybride Architekturen entwickeln sich stetig weiter. Mit jeder neuen Cloud-Funktion, jeder Systemerweiterung und jedem Release steigen auch die Anforderungen an Schnittstellen, Datenflüsse und Systemabstimmung.
Gleichzeitig verändern sich die Technologieoptionen im Releasemanagement der Hersteller – etwa bei SAP – kontinuierlich. Neue Services entstehen, bestehende Funktionen werden konsolidiert oder ersetzt. Wer hier Schritt halten will, braucht nicht nur technisches Know-how, sondern auch eine Organisation, die beweglich denkt und handelt.
Das betrifft besonders das Zusammenspiel von HR und IT. Hybride Systemlandschaften lassen sich nur erfolgreich betreiben, wenn gemeinsame Strukturen und Verantwortlichkeiten geschaffen werden. Klassische Abgrenzungen reichen nicht mehr aus.
Gefragt sind Target Operating Models, in denen beide Bereiche eng verzahnt arbeiten – mit gemeinsam getragenen Entscheidungen über Prozesse, Systeme und Daten. HR braucht IT-Verständnis, IT ein Gespür für die Besonderheiten von HR-Prozessen. Erst durch dieses Miteinander lässt sich die zunehmende Komplexität beherrschen – und die Transformation aktiv gestalten.
HR und IT verschmelzen
Hybride HR-IT-Systeme funktionieren nur dann reibungslos, wenn HR und IT enger zusammenarbeiten – nicht nur technisch, sondern auch organisatorisch. In modernen Betriebsmodellen rücken beide Bereiche näher zusammen: mit klar abgestimmten Rollen, geteilten Zielen und gemeinsam verantworteten Prozessen.
Dabei geht es um die gezielte Orchestrierung von Stabilität und Agilität – nicht als Gegensätze, sondern als sich ergänzende Prinzipien. Prozesse wie Personalabrechnung, Kostenstellenlogik oder Organisationsstrukturen müssen verlässlich funktionieren, um den operativen Betrieb abzusichern. Gleichzeitig entsteht in Bereichen wie der Personalentwicklung Raum für mehr Dynamik und Nutzerzentrierung – etwa durch den Einsatz einer Learning Experience Platform (LXP) mit individualisierten Lernangeboten.
Damit diese Dualität im Alltag tragfähig wird, braucht es gemeinsame Entscheidungswege, abgestimmte Rollenmodelle und ein Verständnis dafür, dass moderne HR-IT nur im Schulterschluss funktioniert: stabil im Fundament, agil in der Weiterentwicklung.
Neue Kompetenzen gefragt
Mit der Neuausrichtung von HR-IT-Systemen und dem Zusammenspiel aus Stabilität und Dynamik verändern sich auch die Anforderungen an die handelnden Personen. Klassische Rollenbilder greifen zu kurz – stattdessen braucht es neue Target Operating Models (TOMs), die interdisziplinäres Arbeiten fördern und Verantwortlichkeiten neu verorten.
Für HR bedeutet das: Kompetenzen entwickeln, die strukturierte und flexible Denkweisen verbinden. Das Schlagwort der Ambidextrie bringt es auf den Punkt: Mit der einen Hand verlässliche Grundlagen sichern – etwa im Stammdatenmanagement oder in der Einhaltung regulatorischer Vorgaben. Und mit der anderen Hand auf neue Anforderungen reagieren, digitale Lösungen weiterentwickeln oder Veränderungsvorhaben pragmatisch begleiten – immer im Rahmen konkreter Ressourcen, Zeitbudgets und Abstimmungsprozesse.
Gesucht sind dafür keine Einzelkämpfer:innen, sondern Menschen mit einem sogenannten T-shaped Profile: Sie bringen einerseits tiefes Fachwissen in ihrem Kernbereich mit und verfügen andererseits über ein breites, anschlussfähiges Verständnis angrenzender Themenfelder. Diese Kombination ermöglicht es, Zusammenhänge zu erkennen, Brücken zwischen Disziplinen zu schlagen – und hybride HR-IT-Landschaften gemeinsam zukunftsfähig zu gestalten.