Talente statt Titel: So geht Skill-basierte Organisation
Skill-basierte Organisationen sind flexibler und effizienter als traditionelle Job-basierte Modelle, da sie sich auf individuelle Kompetenzen konzentrieren und diese gezielt einsetzen. Durch die Förderung interner Mobilität, transparente Skill-Analysen und eine starke Lernkultur können Unternehmen agiler auf Veränderungen reagieren, Innovationen vorantreiben und ihre Attraktivität für Talente steigern. Der Wandel zu diesem Modell erfordert technologische Unterstützung, hochwertige Daten und eine offene Unternehmenskultur, die traditionelle Rollenverständnisse hinterfragt und Diversität wertschätzt.
Kompetenzen sind der Rohstoff für Innovation und Wachstum. Jedes Unternehmen braucht sie. Aber immer weniger finden sie auch. Schon heute führt der Fachkräftemangel dazu, dass weltweit mehr als die Hälfte aller Unternehmen ihre Leistung drosseln muss.
Gleichzeitig entstehen durch technische Innovationen wie generative KI ständig neue Kompetenzlücken. Und: diese werden in den nächsten Jahren sprunghaft größer, wenn mit den Babyboomern fast ein Drittel der Erwerbstätigen mitsamt ihrem betrieblichen Wissen in Rente geht. Schon 2030 sollen laut einer Studie von Korn Ferry etwa 85 Millionen offene Stellen unbesetzt bleiben – davon rund fünf Millionen allein in Deutschland.
Klassische Personalstrategien funktionieren nicht mehr
Angesichts dieser Entwicklung greifen etablierte Vorstellungen davon, wie Arbeit zu organisieren ist, wer welche Aufgaben verantwortet und was ein Talent ausmacht, zu kurz. Schlimmer noch: Sie verstärken die genannten Probleme sogar.
Stattdessen werden zwei Dinge für Unternehmen geradezu überlebenswichtig. Sie müssen einerseits ihren externen Talentpool vergrößern, etwa indem sie formale Zugangsbarrieren absenken. Andererseits müssen sie die interne Mobilität ausweiten. So werden bereits vorhandene Kompetenzen dynamisch jederzeit dort eingesetzt und optimiert, wo sie gerade gebraucht sind. Das Problem ist nur: Beides funktioniert nicht, wenn die gesamte Arbeitsorganisation strikt auf dem klassischen Job-Modell basiert.
Das liegt zum einen daran, dass Jobprofile und Rollen das tatsächliche Aufgabenspektrum in der dynamischen Arbeitswelt von heute nur noch unzureichend abbilden. Ein Großteil der Arbeit findet längst funktionsübergreifend und damit außerhalb von offiziellen Stellenbeschreibungen statt. Zum anderen neigen Job-basierte Organisationen zu Hierarchien und langen Entscheidungswegen, die Unternehmenszielen wie Agilität, Innovationskraft und Kundenorientierung im Weg stehen.
Die meisten steigen um – aber nur wenige sind erfolgreich
Nicht umsonst planen laut Deloitte bereits 98 Prozent der über 225 befragten CEOs und Personalchefs den Wandel von der Job- zur Skill-basierten Organisation. In solchen Unternehmen orientiert sich die Aufgabenverteilung nicht mehr an Stellenbeschreibungen und festgelegten Jobprofilen, sondern an individuellen Skills und Interessen.
Allerdings gibt es auch hier noch viel Luft nach oben. Denn echte Fortschritte in diese Richtung können bislang nur rund 20 Prozent der Unternehmen vorweisen. Umso wichtiger ist es, das Konzept genauer zu verstehen: Was macht eine Skill-basierte Organisation aus? Welche Vorteile bietet sie? Und wie gelingt der erfolgreiche Umstieg auf dieses Modell?
Was ist eine Skill-basierte Organisation?
Skill-basierte Organisation orientieren sich an einer Grundsatzfrage: Welche Fertigkeiten sind erforderlich, damit bestimmte Aufgaben oder Tätigkeiten die gewünschten Ergebnisse erzielen? Der Ansatz weicht damit erheblich von allen Modellen ab, die Arbeit an funktionsbezogene Jobs, Hierarchien und formale Qualifikationen binden.
Skill-basierte Organisationen betrachten jede Stellenbeschreibung als eine Sammlung von Skills. Damit bringen sie einige entscheidende Vorteile mit:
- Die Belegschaft lässt sich einfacher strukturieren und steuern
- Mitarbeitende lassen sich flexibel dort einsetzen, wo sie mit ihren jeweiligen Skills benötigt werden
- Die besten Leute arbeiten zur richtigen Zeit an den relevanten Aufgaben
Auch die Mitarbeitenden profitieren. Sie können ihre Kompetenzen im gesamten Unternehmen einbringen, anstatt auf einen einzigen Aufgabenbereich mit vorgezeichnetem Karrierepfad festgelegt zu sein.
Die 5 Merkmale einer Skill-basierten Organisation
Fünf zentrale Merkmale heben Skill-basierte von Job-basierten Organisationen ab:
Skills im Zentrum
Die Skill-Struktur und hohe interne Mobilität bilden das Rückgrat der Organisationssteuerung. So orientiert sich die strategische Personalplanung wesentlich stärker an den echten Bedarfen der Organisation. Das Ergebnis ist deutlich mehr Flexibilität bei der Steuerung und Strukturierung der Mitarbeitenden – etwa beim Matching von individuellen Skills mit Projekten und Aufgaben.
Skill-Transparenz
Genaues, datenbasiertes Wissen über die individuellen und kollektiven Skills im Unternehmen ist entscheidend. Die Grundlagen liefern ein ganzheitliches Assessment der bestehenden Skills sowie eine Skill-Gap-Analyse, die aktuelle und künftige Kompetenzlücken aufzeigt – abhängig von der Unternehmensstrategie und getroffenen Annahmen über die Auswirkungen kommender technischer Entwicklungen. Beides ermöglicht schnelle, fundierte Make-or-Buy-Entscheidungen in Personalentwicklung und Recruiting.
Gestaltung von Stellen und Rollen
Üblicherweise stellen HR-Abteilungen spezifische Anforderungen an eine Position und suchen anschließend nach passenden Talenten. In Skill-basierten Organisationen ist es genau andersherum: Positionen, Aufgaben, Rollen und Projekte werden weitestgehend so gestaltet, dass sie zum jeweiligen Skillset der Mitarbeitenden oder von Kandidat:innen passen. Zugleich wird das enge Korsett fixer Jobprofile gelockert und Arbeit im Sinne einer „Workforce of One“ in fließenden Strukturen reorganisiert.
Leistungsorientierung
Bewertung und Anerkennung basieren auf Leistung und erworbenen Kompetenzen, nicht auf Betriebszugehörigkeit oder Hierarchiestufe. Das fördert eine Kultur des Wettbewerbs, der Wertschätzung und Leistungsbereitschaft, in der die besten Ideen und Lösungen gefördert werden.
Starke Lernkultur und vergrößerter Talentpool
Skill-basierte Organisationen legen besonderen Wert auf die fortlaufende Entwicklung ihrer Mitarbeitenden. Durch die Identifizierung von Kompetenzlücken und zielgerichtete Weiterbildungsmaßnahmen fördern sie das lebenslange Lernen, unterstützen die berufliche Weiterentwicklung und erhöhen die Zufriedenheit ihrer Belegschaft. Ein weiterer Vorteil: der Zugang zu einem deutlich größeren Talentpool. Anstatt harte Stellenanforderungen definieren zu müssen, können Recruiter sich nun auf spezifische Skills konzentrieren.
Darum setzen Organisationen auf einen Skill-basierten Ansatz
Skill-basierte Organisationen profitieren von Vorteilen, die nicht nur im Wettbewerb um Talente einen entscheidenden Unterschiede machen. Sie sind:
Reaktionsschneller
Sie können Ressourcen ad hoc neu zuordnen und Teams mit den erforderlichen Fertigkeiten für spezifische Projekte formieren. So reagieren sie sofort auf Markttrends und verwandeln veränderte Kundenanforderungen oder technologische Neuerungen schneller in Wettbewerbsvorteile.
Effizienter
Die richtigen Personen mit den passenden Fertigkeiten werden an den entscheidenden Stellen eingesetzt. Die Folge: Projekte werden effizienter umgesetzt, weil Aufgaben schneller und in höherer Qualität erledigt werden. Langwierige Entscheidungsprozesse in strengen Job-Hierarchien? Auch hier reduziert die Skill-basierte Zuweisung von Ressourcen messbar Zeit- und Reibungsverluste.
Resilienter gegen Fluktuation
Mitarbeitende arbeiten an Projekten, die ihren Fertigkeiten und Interessen entsprechen. Sie fühlen sich gefordert und gebraucht. Das erhöht ihre Motivation, stärkt die Bindung ans Unternehmen und verringert kostspielige Fluktuationen.
Attraktiver für Talente
Unternehmen können Talente passgenau entwickeln und einsetzen, weil sie genau wissen, welche Skills bereits vorhanden sind und wo es noch Kompetenzlücken gibt. Indem HR dabei hilft, die Skill-Gaps zu schließen und Karrierewege aufzuzeigen, ermutigt sie Talente, ihre berufliche Laufbahn langfristig mit dem Unternehmen zu verknüpfen. Das macht Unternehmen auch für externe Talente attraktiver.
Innovativer
Motivierte Mitarbeiter mit unterschiedlichen Erfahrungshintergründen und Fertigkeiten aus verschiedenen Bereichen arbeiten auf Augenhöhe zusammen an Projekten. Zusammen mit Faktoren wie Diversität, Inklusion und dem Vorrang von Kompetenz vor Hierarchie erhöhen sich so die Chancen, eine Vielfalt an Perspektiven einzubringen und kreative Lösungen zu erarbeiten.
Potenziale nutzen – Voraussetzungen für die Transformation
In der eingangs erwähnten Studie von Deloitte wurden CEOs und HR-Entscheider danach gefragt, wo sie die größten Hindernisse auf Weg zu einer Skill-basierten Organisation verorten. Die sieben am häufigsten genannten Probleme waren:
- Veraltete Denkweisen und Praktiken (46 Prozent)
- Das Tempo, mit dem sich benötigte Skills verändern (32 Prozent)
- Bestehende Gehaltsstrukturen (32 Prozent)
- Skills in Geschäftsprozesse integrieren (29 Prozent)
- Komplexität und Management der Skill-basierten Organisation (28 Prozent)
- Das Fehlen einer verbindlichen Skill-Taxonomie (26 Prozent)
- Zu wenige oder unzureichende Daten (20 Prozent)
Der Wandel zu einer Skill-basierten Organisation verlangt also deutlich mehr ab, als nur hier und da ein paar Personalpraktiken umzustellen. Vielmehr geht es um einen grundlegenden Paradigmenwechsel im gesamten Unternehmen. Eine zentrale Voraussetzung: Das Zusammenspiel aus technologischer Unterstützung, kultureller Offenheit und struktureller Anpassungsfähigkeit.
Moderne IT und KI unterstützen den Wandel
Bei der Umsetzung rücken die HR-Abteilungen damit selbst ins Zentrum. Sie gestalten den Wandel nicht nur innerhalb der Organisation, sondern sind auch selbst maßgeblich betroffen. Das erfordert ein hohes Maß an Agilität und Aufgeschlossenheit, insbesondere im Talent Management: Erst mit einer ganzheitlichen Sicht auf die eigene Skill-Landschaft können etwa Aufgaben oder Projekten den richtigen Skills zugeordnet und bei Veränderungen in der Belegschaft frühzeitig reagiert werden.
Unerlässlich sind hierfür HR-Systeme, die Unternehmen beim Aufbau und Management einer Skill-basierten Organisation passgenau unterstützen. Sie bieten entscheidende Vorteile – besonders, wenn sie KI-Funktionen mitbringen, die von häufig wiederkehrenden Aufgaben entlasten und datenbasierte Entscheidungen fördern.
Zu den aktuellsten Beispielen zählt etwa das neue Skill-Framework der SAP: Hier erweitern mit dem Talent Intelligence Hub und dem Opportunity Marketplace gleich zwei Lösungen den bestehenden Umfang der SAP SuccessFactors HCM Suite entscheidend. Sie bieten insbesondere innovative KI-gestützte Funktionen, die neue Chancen beim Skill- und Kompetenzmanagement, der Personalentwicklung und im Recruiting eröffnen. Doch was steht konkret hinter den Lösungen?
Der Mitarbeitende im Zentrum
Mit dem SAP Talent Intelligence Hub rückt der Mitarbeitende mit seiner gesamten Persönlichkeit in den Fokus. Ziel ist es hier, die eigenen Fähigkeiten, Stärken, Arbeitsstile, Leidenschaften und Motivationen klar zu benennen und auszubauen. Ein wichtiges Puzzleteil bildet das sogenannte Growth Portfolio. Der Mitarbeitende hat hierüber seine Skills, Kompetenzen und weitere individuelle Attribute im Blick und kann sein Skill-Profil entsprechend managen. KI-gestützte Skill-Vorschläge (Skills Ontology) basierend auf dem individuellen Skill-Set (Attributes Library) erleichtern die Verwaltung.
Marktplatz für Upskilling, Aufgaben und Projekt
Der Opportunity Marketplace unterstützt die Mitarbeitenden hingegen bei der eigenverantwortlichen Steuerung ihrer beruflichen Entwicklung. Als "Marktplatz" zeigt ihnen die Lösung, welche Möglichkeiten ihnen im Unternehmen gerade offen stehen. So können die Mitarbeitenden die dafür erforderlichen Fertigkeiten mit ihren aktuellen Skills abgleichen und ihre Karriereplanung selbst in die Hand nehmen. Dazu erhalten sie KI-gestützte individuelle Lern- und Entwicklungsempfehlungen.
Der große Vorteil für die HR-Abteilung: Sie erhält Transparenz über die vorhandenen Skills im Unternehmen und kann bei Lücken entsprechende Maßnahmen einleiten. Mit der Integration in die gesamte HR-Suite werden nun auch Daten aus verschiedensten Quellen zusammengeführt und KI-gestützt ausgewertet. Das erlaubt dem Talent Manager eine kontinuierliche 360-Grad-Sicht auf die Mitarbeitenden – eine Win-Win-Situation für beide Seiten.
Vom Konzept zur Roadmap
Schon diese wenigen Anwendungsbeispiele zeigen: Als Schrittmacher spielen moderne HR-Systeme wie SAP SuccessFactors oder vergleichbare Lösungen eine Schlüsselrolle beim Übergang zur Skill-basierten Organisation. Mit einem klaren Fokus auf individuelle Kompetenzen anstelle von starren Jobprofilen verbessern Organisationen so ihre Innovationsfähigkeit, Mitarbeiterzufriedenheit und Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig.
Soweit die Theorie. Doch wie kann er aussehen, der Weg in die Praxis? In unserem Whitepaper "Vom Konzept zur Roadmap" haben wir sieben einfache Schritte zusammengestellt, mit denen Unternehmen sich strukturiert in Richtung Skill-basierte Organisationen entwickeln können.