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Einen Workshop mit Lego® Serious Play® gestalten

Wer einen Workshop mit Lego® Serious Play® gestalten möchte, kann sich dazu eines professionellen Startersets bedienen oder aber die Lego-Kiste seiner Kindheit vom Dachboden holen. Doch wichtiger als die Frage, für welche bunten Steinchen man sich entscheidet, ist das strukturierte Vorgehen. Nur wenn zentrale Grundregeln beachtet werden, wird aus der spielerischen auch eine gewinnbringende Methode.
07. Mai 2020
5 min
Johannes Starke, Product Manager Learning & E-Learning Expert, tts GmbH Johannes Starke

Lego Serious Play (LSP) eignet sich besonders gut, um innerhalb eines Teams Antworten auf komplexe Fragestellungen zu entwickeln. Wie sieht eure Lernwelt der Zukunft aus? Wie wollen wir innerhalb unserer Organisation in drei Jahren lernen? Wer diese oder andere strategische Themen auf herkömmliche Weise diskutiert, läuft Gefahr, dass nicht alle Mitarbeitenden ihre Ideen äußern. Nicht so mit LSP: Die Moderationsarbeit mit den bunten Steinchen sorgt dafür, dass jedes Teammitglied seine Gedanken einbringen kann und am Ende ein großes Bild entsteht, eine gemeinsame Vision, die von allen getragen wird.

Grundregeln von Lego Serious Play

Damit mit LSP ein gleichberechtigter Ideenaustausch gelingt und die Grenzen herkömmlicher Diskussionsmethoden überwunden werden, sollten sich alle Teilnehmenden zu Beginn des Workshops auf die folgenden Regeln verständigen (vgl. Blair/Rillo: Serious Work): 

  • Du baust, wie du möchtest! 
  • Denk mit den Händen. Vertrau deinen Händen. 
  • Weißt du nicht weiter? Bau irgendwas! 
  • Es ist DEIN Modell. 
  • Nur DU entscheidest über seine Bedeutung und Geschichte. 
  • Es gibt kein Richtig oder Falsch, Besser oder Schlechter.  
  • Dein Modell ist deine Antwort auf die Frage. 
  • Jeder baut, jeder teilt.  

Welches Material nutzen wir?

Als Material bietet Lego eigens für Workshops zusammengestellte Koffer mit speziellen Bausteinen an, auf die viele LSP-Moderatoren schwören. Alternativ lassen sich die Workshops aber auch mit den Lego-Steinen aus Kindertagen durchführen. 

Wir haben die Erfahrung gemacht, dass auch ohne aufwendiges Vorsortieren sehr gute Ergebnisse erzielt werden. Durch das Aufschütten der Steine in der Tischmitte entsteht ein buntes Sammelsurium, das den Experimentierdrang der Teilnehmenden noch zusätzlich angeregt.

Deshalb führen wir unsere Workshops mit einem Mix aus LSP-Startersets und bei eBay erstandenen Sammlungen regulärer Bausteine durch. Wichtig ist: Es sollten genug Platten, Männchen und „Verbinder“ vorhanden sein – in den Kisten vom Dachboden herrscht gerade an denen häufig Knappheit.

Was ist Lego Serious Play?

Lego Serious Play (LSP) ist ein moderierter Prozess, der die Vorzüge des Spiels und des Modellierens mit Legosteinen mit den Belangen der Geschäftswelt verbindet. LSP soll neue Ideen fördern, die Kommunikation verbessern und Problemlösungen beschleunigen. (Quelle: Wikipedia)

Stufe 1: Individuelle Modelle 

Nachdem die Gruppe die Fragestellung formuliert hat, mit der sie sich in dem Workshop beschäftigen möchte (in unserem Beispiel lautet sie: Wie wollen wir innerhalb unserer Organisation in drei Jahren lernen?), setzen wir darauf, jeden Einzelnen zunächst konzentriert für sich allein an seinem Modell arbeiten zu lassen. So ist gewährleistet, dass jede Idee am Ende auch beachtet wird und alle Vorschläge gleichwertig nebeneinanderstehen. Kein Mitarbeitender kann vorpreschen, Hierarchien werden ausgehebelt. 

Ein „Lego Serious Play Facilitator“ begleitet die Gruppe durch den Tag, erläutert die Grundregeln, stellt die Aufgaben und achtet darauf, dass die vorgegebene Zeit eingehalten wird. Nach Ablauf der ersten Phase stellt jeder in der Gruppe sein Modell vor. Er erklärt die Bedeutung seiner Visualisierung und steht für Rückfragen bereit. Ganz im Sinne eines wertschätzenden Umgangs miteinander soll von den anderen keine Kritik geäußert werden, damit jeder seine Ideen frei präsentieren kann. 

Damit die Kernaussagen jedes Vorschlags im Erinnerung bleiben, lohnt es sich, sie mit Post-its an die jeweiligen Modelle zu heften. Denn im Anschluss reflektiert und diskutiert die ganze Gruppe über die Konstruktionen. Welche Gemeinsamkeiten gibt es? Welche neuen Ideen sind während des Teilens aufgekommen? Worauf sollte die Gruppe aufbauen? Was ist der Kern der verschiedenen Ideen? 

Stufe 2: Gemeinsames Modell 

Letztendlich – auch in unseren Learning-Strategy-&-Design-Workshops – sollen aber nicht nur individuelle Ideen sichtbar gemacht, sondern Zielbilder erarbeitet werden, an denen jeder Einzelne mitgewirkt hat. Deshalb schließt sich nach unserem Vorgehen nun die zweite Phase des Workshops an. 

Die Gruppe beginnt, die individuellen Modelle zu einem gemeinsamen Gruppenmodell zu kombinieren. Da das Erstellen des Zielbildes nicht trivial ist, sollte ein Moderator diesen Prozess aufmerksam beobachten, unterstützen und ggf. auch reflektieren. Ist das Modell eine reine Zusammenstellung der Individualpositionen? Bildet es nur noch den kleinsten gemeinsamen Nenner ab? Oder werden weiterhin alle Positionen berücksichtigt? 

In dieser Phase entstehen häufig sehr spannende Diskussionen, die es unter Umständen rechtfertigen, die vorgegebene Zeitspanne zu überschreiten. Denn aus dem In-Beziehung-Setzen der Individualmodelle und dem damit verbundenen intensiven Austausch können innovative Ideen erwachsen. Damit diese am Ende auch sichtbar bleiben, empfehlen wir, auch in dieser Phase mit Post-its zu arbeiten. 

Stufe 3: Dokumentation des Zielbildes und nächste Schritte 

Abschließend bitten wir die Gruppe, ihr Zielbild im Rahmen eines Videos zu erläutern. In diesem präsentieren die Teilnehmenden zum Beispiel in Form von gemeinschaftlichem Storytelling die gemeinsam erarbeitete Vision: So stellen wir uns unsere Lernwelt der Zukunft vor. 

Mit der Erstellung und der Dokumentation des Zielbildes ist der Prozess aber noch nicht beendet: In den darauffolgenden Tagen analysieren wir das gemeinsame Zielbild genauer und bringen es in eine übersichtliche Canvas-Darstellung, in unserem Beispiel wäre das der Learning Strategy Canvas. Hier beschreiben wir, wie wir die Personalentwicklung, das Learning & Development oder die Academy innerhalb der Organisation positionieren möchten, um unser Zielbild bestmöglich zu erreichen. 

Lego Serious Play wirkt nach

So vielfältig wie die Lego-Steine sind auch die Ergebnisse, die im Rahmen von Lego Serious Play erarbeitet werden. Ein großer Vorteil des Visualisierens mit LSP ist, dass Potenziale, die innerhalb der Organisation brach liegen – etwa weil gewisse Beziehungen oder Informationskanäle nicht genutzt werden –, sichtbar werden. Das gilt insbesondere dann, wenn in einem ergänzenden Schritt bewusst Beziehungen und Stakeholder berücksichtigt werden. 

Darüber hinaus bleibt die gemeinsame Vision im Gedächtnis der Teilgebenden verankert. Und so passiert es häufig, dass auch im weiteren Verlauf des Learning-Strategy-&-Design-Workshops, wenn wir bereits auf ganz anderen Ebenen arbeiten, gedanklich auf das LSP-Modell zurückgegriffen wird. 


Zum Weiterlesen 

Blair/Rillo: Serious Work. Meetings und Workshops mit der Lego® Serious Play®-Methode moderieren 

LSP-Community mit vielen hilfreichen Dokumenten und Vorlagen (u. a. LSP Open Source Dokumentation)

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