Wie die Lernkurve im Job steil ansteigt

Die Effizienz der Mitarbeitenden steigern – dieses Ziel verfolgen die meisten Unternehmen mit Trainings, Weiterbildungen und Co. Doch mit formellen Schulungsmethoden allein, gelingt dies kaum. Größeren Erfolg verspricht dagegen ein ganzheitliches Lernkonzept. Damit die Lernkurve der Mitarbeitenden steil ansteigt, sollte dies die Vergessenskurve nach Ebbinghaus berücksichtigen und entlang der „Five Moments of Need“ strukturiert sein. Als technologische Basis dient eine Digital Adoption Platform.
23. Juli 2022
7 min

Trainings, Change Management und Performance Support verfolgen in der Regel ein Ziel: die Performance der Mitarbeitenden nachhaltig zu steigern. Setzen Unternehmen dabei ausschließlich auf formelle Trainings, fällt das Ergebnis aber häufig nicht zufriedenstellend aus.  

Anders sieht es dagegen mit einem ganzheitlichen Lernansatz aus: Bauen formelle Methoden und informelle Lernangebote strategisch aufeinander auf, entsteht eine deutlich steilere Lernkurve (Definition Lernkurve: die Kompetenzentwicklung eines Lernenden, gemessen in Zeit) – zur Zufriedenheit der Mitarbeitenden und des Unternehmens.

Die 5 Momente des Lernens

In welchen Situationen brauchen die Mitarbeitenden Erfahrungswissen? Wann benötigen sie Informationen? Und wobei konkrete Unterstützung? Wer diesen Fragen nachgeht, erkennt schnell, dass eine Methode zur Wissensvermittlung nicht ausreicht.  

Bob Mosher und Dr. Conrad Gottfredson haben deshalb ein Modell entwickelt, das den Bedarf der Lernenden nach Situationen gliedert. Sie unterscheiden insgesamt fünf Bedarfsmomente, die „Five Moments of Need“: 

  1. Wir lernen etwas zum ersten Mal (New) 
    Beispiel: Die Grundlagen einer neuen Software verinnerlichen 
  2. Wir möchten Wissen erweitern oder vertiefen (More) 
    Beispiel: Detailprozesse oder Hintergrundwissen verstehen 
  3. Wir möchten etwas Gelerntes anwenden oder uns daran erinnern (Apply) 
    Beispiel: Die neue Software im Tagesgeschäft nutzen 
  4. Wir möchten ein Problem lösen und wissen nicht, wie wir handeln müssen (Solve)
    Beispiel: Das System verhält sich anders als erwartet 
  5. Eine bekannte Situation hat sich verändert (Change) 
    Beispiel: Sich nach einem Releasewechsel in der Anwendung zurechtfinden 

Die Lernkurve systematisch fördern

Für die ersten beiden „Moments of Need“, in denen es vor allem um den Wissenserwerb geht, eignen sich formelle Trainings gut.  

Möchten Mitarbeitende Erlerntes jedoch im Arbeitsprozess anwenden (Apply), sind Präsenztrainings oder Onlinekurse wenig zielführend. Klassische Trainings helfen auch nur selten weiter, wenn sie ein plötzlich auftretendes Problem lösen müssen (Solve) oder mit einer Situation konfrontiert sind, die anders verläuft als erwartet (Change). In diesen Momenten benötigen sie Unterstützung direkt am Arbeitsplatz – bspw. mithilfe einer Digital Adoption Platform

Die Vergessenskurve nach Ebbinghaus

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Doch es gibt noch einen weiteren Grund, warum formelle mit informellen Lernangeboten kombiniert werden sollten: das Vergessen.  

Der deutsche Psychologe Prof. Hermann Ebbinghaus war einer der Ersten, der sich ausführlich mit dem Lernprozess und dem Vergessen beschäftigt hat. Sein bereits 1885 veröffentlichtes Buch „Über das Gedächtnis“ gilt als Pionierschrift der experimentellen Psychologie. Die darin ausgearbeitete Vergessenskurve beschreibt, wie lange der Mensch neu Erlerntes im Gedächtnis behält und wie viel Prozent des Gelernten er im Laufe der Zeit wieder vergisst. 

Ebbinghaus fand heraus, dass der Mensch bereits 20 Minuten nach dem Lernen nur noch 60 Prozent der neuen Informationen abrufen kann. Nach einer Stunde sinkt das Wissen auf nur mehr 45 Prozent, nach einem Tag auf circa ein Drittel. Mittelfristig bleiben lediglich 15 Prozent der Lerninhalte im Gehirn verankert – Vergessen erfolgt also exponentiell. 

Die Vergessenskurve nach Ebbinghaus

Die Lernkurve beeinflussen: 7 Faktoren

Gleichzeitig gibt es aber auch eine gute Nachricht: Wie eine Lernkurve verläuft, hängt von vielen Faktoren ab: 

  1. Durch häufige Wiederholung oder  
  2. die ständige Anwendung des Gelernten kann der Lernerfolg deutlich erhöht werden.  
  3. Und auch die Lehr- und Lernmethoden,  
  4. didaktische Mittel sowie  
  5. soziale Faktoren haben einen enormen Einfluss darauf, ob neues Wissen im Gedächtnis verankert wird.  
  6. Eine gute Verzahnung formeller und informeller Lernformen sowie  
  7. das richtige Timing der Maßnahmen bilden daher die Basis für eine steile Lernkurve. 

Beispiel einer normalen Lernkurve

Zahlreiche Unternehmen setzen bis heute jedoch primär auf formelle Trainings wie Präsenzschulungen oder Onlinekurse – auch bei der Einführung von neuen IT-Anwendungen. Darin wird zwar umfangreiches Wissen zu Prozessen und Funktionen vermittelt, die Lernkurve der Mitarbeitenden steigt schnell an.  

Doch wenn bspw. eine neue Software erst Wochen nach der entsprechenden Schulungsmaßnahme eingeführt wird, ist das Gelernte natürlich längst wieder vergessen, denn wer hat schon Zeit für regelmäßige Wiederholung? Dann können die Mitarbeitenden trotz Schulung kaum ohne fremde Unterstützung mit dem neuen Tool arbeiten, sie müssen erfahrene Kollegen bemühen oder sich an den Helpdesk wenden – der Frust steigt. 

Performance Support für eine positiven Lernkurve

Um hier Abhilfe zu schaffen und den Mitarbeitenden eine positive Lernkurve zu ermöglichen, wurde der Performance Support entwickelt. Diese Hilfe, direkt am Arbeitsplatz, zählt zu den informellen Lernangeboten.  

Möchten Mitarbeitende neu Erlerntes anwenden, ein Problem lösen oder sollen sie eine Veränderung vornehmen (Apply, Solve, Change), werden ihnen mithilfe einer Digital Adoption Platform genau die Informationen zur Verfügung gestellt, die sie in dem jeweiligen „Moment of Need“ benötigen. 

Das kann sowohl innerhalb einer Softwareanwendung geschehen, als auch bei der Erledigung nicht IT-gestützter Aufgaben, z. B. bei Reparaturarbeiten. Damit schließt Performance Support die Lücke zwischen dem Vergessen und ständigem Wiederholen und fördert damit eine positive Lernkurve

Beispiel einer positiven Lernkurve

Ein ganzheitlicher Ansatz, der formelle und informelle Lernangebote miteinander kombiniert, wirkt dem Vergessen am besten entgegen. Überträgt man die Vergessenskurve von Ebbinghaus auf das Beispiel eines IT-Projekts, so ergibt sich folgendes Bild:

Vergessenskurve am Beispiel einer Einführung einer neuen Software

Lernkurve mit On-the-Job-Lernen 

Erfolgt die Schulung der Mitarbeitenden bereits Wochen vor dem Go-live und werden keine weiteren Maßnahmen zur Verankerung des Gelernten im Gehirn ergriffen, erinnern sich die Mitarbeitenden zum Zeitpunkt der Softwareeinführung kaum mehr an die einzelnen Prozessschritte.  

Der Zeitaufwand und die Mittel, die in das formale Training investiert wurden, sind so gut wie vergeudet. Erst mit dem Go-live steigt die Handlungskompetenz der Mitarbeitenden langsam an, denn in der täglichen Arbeit, via Trial and Error und mittels praktischer Erfahrungen eigenen sie sich nach und nach das nötige Wissen an, die Prozesse verfestigen sich in ihrem Gedächtnis – das klassische „On the Job“-Lernen. 

Lernkurve mit Performance Support 

Bei einem Ansatz, der Trainings und Performance Support verknüpft, konzentrieren sich die Mitarbeitenden vor dem Go-live beim Thema Lernen zunächst auf konzeptionelle Themen und grundsätzliche Prozesse. Sie beschäftigen sich weniger mit konkreten Handlungen (bspw. mit der Frage, wie eine bestimmte Transaktion durchgeführt wird). Zwar verläuft die erste Lernkurve dadurch deutlich flacher, doch dieses Vorgehen birgt große Vorteile. 

Da die Schulungen im Vorfeld aufs Wesentliche komprimiert werden, fallen sie kürzer aus und können zeitlich näher an den Go-live herangerückt werden. Werden die formellen Trainings dann noch um Selbstlernangebote, Trailer zur Motivation und weiterführende Informationen ergänzt, lässt sich die Vergessenskurve zusätzlich abflachen. 

Mit Performance Support ist die Lernkurve zum Go-live höher als beim klassischen On-the-Job-Lernen – und das, trotz der weniger intensiven Vorbereitung. 
 
Darüber hinaus steigt die Lernkurve der Mitarbeitenden mit dem Go-live sehr viel stärker und schneller an. Der Grund dafür: Die Mitarbeitenden haben im Rahmen der vorbereitenden Schulungen ein grundsätzliches Verständnis für die neue Software entwickelt. Im Alltag hilft Performance Support den Anwendern im Bedarfsmoment sofort weiter und trägt zur schnellen Erledigung der Arbeit bei. Selbst über einen längeren Zeitraum hinweg kann eine hohe Performance allein durch den Einsatz klassischer Methoden nicht erreicht werden. 

Eine Digital Adoption Platform als Basis für eine positive Lernkurve

Ein ganzheitlicher Ansatz, der formales Training mit Performance Support kombiniert, bedarf einer entsprechenden Technologie. Eine Digital Adoption Platform wie die tts performance suite unterstützt die Unternehmen – vom vorbereitenden E-Learning bis zum Performance Support, direkt am Arbeitsplatz. 

Dabei ist es egal, ob es sich um IT-bezogene Inhalte (Technology Guidance) oder prozessorientierte Informationen (Business Guidance) handelt. Die tts performance suite deckt technologisch alle fünf Bedarfsmomente ab, sodass sich die Mitarbeitenden mit nur einer Technologie vertraut machen müssen.  

So schafft ein Unternehmen beste Voraussetzungen, um den Effekt der Ebbinghaus-Vergessenskurve zu minimieren und die Lernkurve sowie die Performance der Mitarbeitenden steil nach oben zu führen. 

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