Interview

„Von Performance zu Entwicklung“

Mit unserer Interview-Reihe „Ask the Expert“ beleuchten wir Trends rund um SAP SuccessFactors und Digital HR. Ein Gespräch mit Olga Seewald über modernes Leistungsmanagement, Feedbackkultur und die Rolle von KI im DACH-Raum

Ähnliche Inhalte ansehen

SAP SuccessFactors
Zusammenfassung

In dieser Folge der „Ask the Expert“-Reihe spricht Olga Seewald, Lead Expert der tts Performance and Goals Community, über die Zukunft des Performance Managements. Sie erklärt, warum klassische Zielvereinbarungen an Grenzen stoßen und Unternehmen in der DACH-Region zunehmend auf flexible Zyklen, Feedbackkultur und Entwicklungsmanagement setzen. Zudem zeigt sie, wie SAP SuccessFactors Performance & Goals diese Veränderungen technisch unterstützt und welche Rolle KI bei der Identifizierung von Potenzialen spielt. Ihr Fazit: Die Zukunft liegt nicht im reinen Bewerten, sondern im Entwickeln und Empowern von Mitarbeitenden.

08. September 2025
6 min
Olga Seewald, Senior SAP SuccessFactors Consultant, tts
Olga Seewald
Profilbild Florian Simonis
Florian Simonis

Mit unserer Interview-Reihe „Ask the Expert“ geben wir regelmäßig Einblicke in die wichtigsten HR-Tech-Themen rund um SAP SuccessFactors. In dieser Episode spricht Olga Seewald, Lead Expert der tts Performance and Goals Community, über die Weiterentwicklung von Performance Management. Sie erklärt, warum klassische Zielvereinbarungen an ihre Grenzen stoßen, wie Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz Feedback neu denken – und welche Rolle künstliche Intelligenz künftig bei der Entwicklung von Mitarbeitenden spielt.

[Hinweis: Der Text wurde für die schriftliche Veröffentlichung leicht angepasst und überarbeitet]

Motivation in Projekten: Start und Go Live

Frage: Was motiviert dich mehr – der Beginn eines Implementierungsprojekts oder der Go Live?

Olga Seewald: Beides motiviert auf ganz eigene Weise. Am Anfang ist es die Neugier und Vorfreude: Man kennt den Kunden noch nicht, taucht in seine Prozesse ein und überlegt gemeinsam, wie sich die Anforderungen am besten mit SAP SuccessFactors Performance & Goals umsetzen lassen. Da liegt der Reiz in der Analyse, im Entdecken und im ersten Design.

Am Ende – nach Monaten intensiver Zusammenarbeit – ist die Motivation eine andere. Dann blickt man auf einen gemeinsamen Weg zurück, auf viele Workshops, Diskussionen und Lösungsansätze. Der Go Live ist der Moment, an dem man das Ergebnis dieser Arbeit den Usern übergibt. Es ist die Freude, wenn die Lösung wirklich nutzbar wird, das Team stolz ist und das Projekt einen spürbaren Mehrwert schafft. Dieser Kontrast – Neugier am Anfang, Stolz am Ende – macht für mich den besonderen Reiz aus.

Klassische Zielvereinbarungen unter Druck

Frage: Wie gut funktionieren klassische Zielvereinbarungsprozesse heute noch?

Olga Seewald: In manchen Organisationen – vor allem dort, wo Strukturen stabil sind und wenig Dynamik herrscht – funktionieren klassische Zielvereinbarungen noch einigermaßen. Aber insgesamt sehen wir eine deutliche Abkehr. Starre Jahresziele passen nicht mehr zu Märkten, die sich innerhalb von Wochen oder Monaten verändern können.

Der Trend geht klar zu kürzeren Zyklen, flexiblen Zielen und kontinuierlichem Feedback. Mitarbeitende wollen heute öfter Rückmeldung und Orientierung, nicht nur ein jährliches Gespräch. Das bedeutet nicht, dass alte Modelle völlig verschwinden. Aber sie müssen durch neue Formate ergänzt werden. In DACH-Unternehmen, die stark vom Wettbewerb und Fachkräftemangel geprägt sind, gewinnt dieser Wandel besondere Bedeutung. Performance Management wird zu einem Instrument, das Agilität und Anpassungsfähigkeit fördert.

Feedbackkultur als Teil der Lernkultur

Frage: Welche Trends beobachtest du beim Thema Feedback?

Olga Seewald: Feedback wird ernster genommen und ist längst kein „Nice-to-have“ mehr. Immer mehr Unternehmen begreifen: Ein Tool allein sorgt nicht für Feedback. Es braucht Kultur, Vertrauen und Vorbilder. Führungskräfte müssen Feedback vorleben, Mitarbeitende müssen lernen, konstruktiv zu geben und anzunehmen.

Was wir beobachten: Feedback wird stärker als Bestandteil der Lern- und Entwicklungskultur verstanden. Es geht nicht mehr nur darum, Leistung zu bewerten, sondern darum, Organisationen lernender und reflektierender zu machen. Das ist ein echter Kulturwandel. Gerade im DACH-Raum, wo Unternehmen oft traditionell geprägt sind, ist dieser Schritt wichtig, um im internationalen Wettbewerb Schritt zu halten.

SAP SuccessFactors Performance & Goals: Flexibilität trifft Change Management

Frage: Was bedeuten diese Entwicklungen in der Feedback-Kultur für SAP SuccessFactors?

Olga Seewald: Das Performance and Goals Modul ist extrem flexibel. Technisch lässt sich fast alles abbilden – vom klassischen Jahresgespräch über kontinuierliches Coaching bis hin zu hybriden Formaten. Diese Flexibilität ist ein Vorteil, weil Unternehmen unterschiedlich reif sind.

Die eigentliche Herausforderung liegt aber im Change Management. Man muss klären: Warum bewerten wir Leistung überhaupt? Geht es nur um Kontrolle, oder geht es um Entwicklung und Motivation? Erst wenn das Ziel klar ist, entfaltet das Tool seine volle Stärke. In Projekten in Deutschland und der Schweiz sehen wir, dass Kunden besonders dann profitieren, wenn sie Prozesse, Sprache und Formulare so gestalten, dass Vertrauen und Transparenz entstehen. Dann wird aus einem Bewertungsprozess ein echter Hebel für Weiterentwicklung.

Vom Kontroll- zum Entwicklungsinstrument

Frage: Wie positioniert ihr Performance Management als sinnstiftendes Instrument?

Olga Seewald: Indem wir das Gespräch vom Tool auf die Ziele und Wirkungen lenken. Performance Management soll Klarheit schaffen: Welche Rolle übernimmt die Führungskraft? Wann wird der Mitarbeitende aktiv eingebunden? Welche Entwicklungsperspektiven entstehen aus der Bewertung?

Wenn diese Fragen beantwortet sind, entsteht Sinn. Prozesse und Sprache können Vertrauen schaffen – und aus einem Kontrollsystem wird ein Empowerment-Ansatz.

Ich sehe zudem einen deutlichen Wandel: Wir sprechen immer öfter nicht mehr von Performance Management, sondern von Entwicklungsmanagement. Das bedeutet: Potenziale sichtbar machen, Entwicklung mit Business Needs verknüpfen, Orientierung geben. KI verstärkt diesen Trend, weil sie Skill Gaps erkennt, Lernpfade vorschlägt und individuelle Empfehlungen gibt. Gerade Unternehmen in Österreich und der Schweiz sind hier Vorreiter, weil sie stark in Talententwicklung investieren.

Künstliche Intelligenz: Chancen und Grenzen

Frage: Wie unterstützt KI im Performance Management – und wo liegen ihre Grenzen?

Olga Seewald: KI ist ein starkes Analysewerkzeug. Sie erkennt Muster: Wer gibt regelmäßig Feedback? Wer erreicht Ziele? Wo treten systematische Unterschiede auf? Diese Hinweise sind wertvoll, weil sie HR-Abteilungen helfen, Prozesse gezielt anzupassen.

Aber: KI ist nur so gut wie die Daten, die sie erhält. Im HR-Bereich sind Daten oft unvollständig, kulturell geprägt oder verzerrt. Und KI kennt keine individuellen Biografien, keine persönlichen Umstände. Deshalb kann sie das menschliche Gespräch nicht ersetzen.

Die Zukunft liegt in einer Symbiose: KI liefert datenbasierte Impulse, Menschen interpretieren sie, setzen sie in Kontext und handeln auf Basis von Werten. So entstehen Prozesse, die effizient sind und gleichzeitig menschlich bleiben.

Community-Wissen als Erfolgsfaktor

Frage: Wie unterstützt ihr euch in der Performance & Goals Community gegenseitig?

Olga Seewald: Jeder Kunde ist individuell – und genau das macht unsere Arbeit spannend. Prozesse unterscheiden sich, Kulturen sind unterschiedlich, Systeme entwickeln sich weiter. In unserer Community tauschen wir kontinuierlich Erfahrungen und Best Practices aus. Manchmal reicht ein kurzer Austausch, um in einem Projekt den entscheidenden Hinweis zu erhalten.

Unsere Stärke liegt darin, dass niemand alles wissen muss – aber gemeinsam wissen wir sehr viel. Wir verstehen uns als lernender Organismus, der ständig wächst. Für Kunden im DACH-Raum bedeutet das: Auch wenn sie nur mit einer Beraterin oder einem Berater arbeiten, fließt das gesamte Wissen der Community in ihre Projekte ein.

Unbequeme Wahrheiten im Performance Management

Frage: Was ist die unpopulärste Wahrheit über Performance Management?

Olga Seewald: Dass es manchmal unangenehm ist. Performance Management bedeutet auch, Klarheit zu schaffen – und die fühlt sich nicht immer gut an. Feedback kann weh tun, Bewertungen können unbequem sein.

Aber gerade hier beginnt Veränderung. Wenn es schmerzt, ist das ein Hinweis, dass etwas angepasst werden muss. Diese Ehrlichkeit ist nicht populär, aber notwendig. Nur so wird aus Performance Management ein Instrument, das echte Veränderung und Entwicklung ermöglicht.

Fazit: Von Performance zu Entwicklung

Performance Management ist im Wandel – weg vom Kontrollsystem hin zu einem entwicklungsorientierten Ansatz. Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz setzen zunehmend auf Feedbackkultur, flexible Zielzyklen und KI-gestützte Potenzialanalyse. Mit SAP SuccessFactors Performance & Goals lassen sich diese Trends technisch abbilden, aber die wahre Herausforderung bleibt das Change Management. Olga Seewald zeigt: Die Zukunft liegt nicht im reinen Bewerten, sondern im Entwickeln und Empowern von Mitarbeitenden.

Ähnliche Inhalte ansehen

SAP SuccessFactors

Verwandte Artikel