Interview

„SAP HCM zwischen Tradition und Zukunft“

Mit unserer Interview-Reihe „Ask the Expert“ beleuchten wir Trends rund um SAP SuccessFactors und Digital HR. Diesmal im Gespräch: Jan Herrmann über HCM im Wandel, hybride Systeme und den Weg in die Cloud

Ähnliche Inhalte ansehen

SAP SuccessFactors
Zusammenfassung

In dieser Folge der „Ask the Expert“-Reihe spricht Jan Herrmann, Lead Expert der tts HCM Community, über die Zukunft von SAP HCM. Er erklärt, warum die Lösung trotz festgelegtem Enddatum 2040 noch lange relevant bleibt und wie Unternehmen in der DACH-Region hybride Systeme mit H4S4 und SAP SuccessFactors gestalten können. Zudem beschreibt er die Rolle von KI in Migrationsprojekten, die Bedeutung von Community-Wissen und gibt klare Empfehlungen, warum Unternehmen frühzeitig handeln sollten. Sein Fazit: Wer den Wandel aktiv gestaltet, verhindert später hektische Notlösungen.

08. September 2025
7 min
Profilbild Florian Simonis
Florian Simonis
Profilbild Jan Herrmann Close-up
Jan Herrmann

Mit unserer Interview-Reihe „Ask the Expert“ geben wir regelmäßig Einblicke in die wichtigsten Fragen der HR-IT-Transformation. In dieser Episode spricht Jan Herrmann, Lead Expert der tts HCM Community, über die Rolle von SAP HCM im Jahr 2025. Er erklärt, warum die Lösung noch lange nicht ausgedient hat, wie Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz den Weg nach H4S4 gestalten – und warum frühzeitiges Handeln entscheidend ist.

SAP HCM: Altkleidersammlung oder Zukunftslösung?

Frage: Gehört SAP HCM eigentlich schon in die „Altkleidersammlung“ oder hat die Lösung noch eine Zukunft?

Jan Herrmann: SAP HCM hat nach wie vor eine Zukunft – zumindest bis 2040, solange die reguläre Wartung garantiert ist. Dieser lange Planungshorizont unterscheidet SAP deutlich von vielen anderen Anbietern, die Funktionen von einem Jahr auf das andere einstellen oder verschieben. Zwar wurde auch bei SAP manches angepasst, etwa beim H4S4-Release, aber die grundsätzliche Roadmap ist verlässlich.

Wichtig ist: Unternehmen dürfen nicht einfach auf 2040 warten und glauben, bis dahin bleibe alles beim Alten. Der Weg in die Cloud und in hybride Landschaften muss aktiv gestaltet werden. Das bedeutet, jetzt schon Migrationspläne zu entwerfen, Schnittstellen zu managen und Mitarbeitende mitzunehmen. Wer die Zeit sinnvoll nutzt, verschafft sich einen echten Vorteil.

Erfahrungen aus Projekten: Was gehört in den „HCM-Rucksack“?

Frage: Wenn du dein HCM-Wissen in einen Rucksack packen müsstest – was darf nicht fehlen?

Jan Herrmann: Ganz klar: die Kund:innen aus dem Fachbereich. Denn ein SAP-System einzuführen darf nie Selbstzweck sein. Am Ende geht es nicht darum, ein IT-System zu betreiben, sondern darum, Produkte herzustellen, Dienstleistungen zu erbringen oder Kund:innen zu bedienen.

Als junger Berater habe ich Fehler gemacht, indem ich den Fachbereich nicht ausreichend eingebunden habe. Heute weiß ich: Nur wenn HR und IT eng zusammenarbeiten, entstehen Lösungen, die nachhaltig funktionieren. Für Projekte in der DACH-Region bedeutet das, Prozesse mit dem Business, nicht gegen das Business zu entwickeln.

Kundenperspektive: Worüber sprechen Unternehmen heute?

Frage: Welche Themen stehen bei deinen Kunden aktuell im Vordergrund?

Jan Herrmann: Zwei Themen dominieren: Transformation und Schnittstellenmanagement. Viele Unternehmen arbeiten noch mit klassischen HCM-Systemen, können diese aber nicht von heute auf morgen abschalten. Daher entstehen hybride Landschaften, in denen HCM, H4S4 und SAP SuccessFactors nebeneinander laufen.

Das bedeutet: Schnittstellen müssen sauber funktionieren, Altdaten müssen integriert werden, und gleichzeitig darf man die Menschen nicht vergessen. Schulungen und Change-Management sind entscheidend, damit Mitarbeitende die neuen Prozesse akzeptieren. Der Übergang ist ein Marathon, kein Sprint – gerade in großen Organisationen in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Unterschiede zwischen HCM und H4S4

Frage: Was sind die größten Unterschiede zwischen klassischem HCM und H4S4?

Jan Herrmann: Technisch gesehen sind die Unterschiede geringer, als viele denken. H4S4 ist etwas schlanker in der Installation, und viele Funktionen sind längst in SuccessFactors oder in die Cloud (z. B. Employee Central Payroll) gewandert.

Für Anwender:innen ändert sich der Umstieg oft weniger stark, ähnlich wie beim Wechsel von Windows 10 auf Windows 11. Für die IT ist es jedoch ein größeres Projekt, vor allem in Kombination mit der HANA-Transformation anderer Module wie MM, SD oder FICO. Unternehmen müssen Tools wie den Readiness Check nutzen, um die Migration vorzubereiten, und sich danach eine Phase der Stabilisierung gönnen. Denn jede Umstellung bringt Belastung mit sich.

Beratung im Wandel: Vom Technikfokus zur Transformation

Frage: Wie verändert sich deine Rolle als Berater im Zuge dieser Transformation?

Jan Herrmann: Früher lag der Fokus stark auf technischen Prozessen. Heute ist Beratung viel stärker transformationsorientiert. Unsere Kunden sind informierter, sie lesen selbst Release Notes oder SAP-Hinweise. Sie erwarten von uns nicht nur IT-Know-how, sondern auch fachliche Expertise und Best Practices: „Wie machen es andere?“

Das bedeutet: Wir müssen unsere Erfahrung aus vielen Projekten bündeln und in die Beratung einbringen. Besonders in der DACH-Region, wo Unternehmen oft komplexe Betriebsrats- und Mitbestimmungsstrukturen haben, sind Kommunikation, Vergleichswerte und Vertrauen wichtiger geworden.

KI in HCM-Migrationsprojekten

Frage: Wie unterstützt KI bei Migrationsprojekten?

Jan Herrmann: KI hilft uns an mehreren Stellen. Zum Beispiel in der Kommunikation mit SAP selbst – im Serviceportal me.sap.com liefert Joule inzwischen bessere Antworten als früher klassische Support-Hinweise.

Wir nutzen KI auch für Data Mining und Migrationsvorbereitung: redundante Stammdaten werden erkannt, Inkonsistenzen wie fehlerhafte Anfangs- und Enddaten aufgedeckt. Dadurch entsteht ein einheitliches Datenbild. Zusätzlich setzen wir die SAP-eigenen Tools wie Cloud Readiness Checks ein, die mit Bots Kundensysteme analysieren. Auf dieser Basis entwickeln wir Roadmaps, die wir gemeinsam mit den Kunden abstimmen. KI ist damit kein Ersatz, aber ein wichtiger Enabler, um Projekte effizienter und nachhaltiger zu gestalten.

Community-Arbeit: Lernen im Team

Frage: Wie funktioniert die Zusammenarbeit in der tts HCM Community?

Jan Herrmann: Unsere Stärke ist die Kombination aus Erfahrung und Lernorientierung. Viele Kolleg:innen kennen die klassische HCM-Welt noch sehr gut, gleichzeitig arbeiten wir eng mit den Communities zu SuccessFactors und S/4HANA zusammen. Denn ohne Verzahnung von HCM und SuccessFactors Employee Central funktioniert keine moderne HR-Landschaft.

Wir treffen uns wöchentlich, tauschen uns zu Kundenthemen aus und diskutieren Innovationen. Zusätzlich bringen externe Impulse – etwa von Partnern wie Gartner oder von Wissenschaftlern – frische Perspektiven. Veranstaltungen wie die „Zukunft Personal“ oder Kooperationen mit Hochschulen helfen uns, Trends frühzeitig zu erkennen. So stellen wir sicher, dass wir unsere Kunden in Deutschland, Österreich und der Schweiz auf höchstem Niveau beraten.

Motivation für HCM-Bestandskunden

Frage: Welchen Rat gibst du HCM-Bestandskunden, die vor einer H4S4-Migration stehen?

Jan Herrmann: Ich würde sagen: Es gibt gute Gründe, warum nicht alle sofort in die Cloud wechseln. Aber es wäre ein Fehler, bis 2039 zu warten. Denn spätestens in den späten 2030er-Jahren wird die Ressourcensituation am Markt angespannt sein – Beraterkapazitäten werden knapp, Projekte überlastet.

Mein Rat: Nutzt die Zeit jetzt, solange sie noch da ist. Plant frühzeitig, entwickelt Migrationsszenarien, nehmt Mitarbeitende mit und setzt erste Schritte um. Wer heute aktiv gestaltet, verhindert morgen hektische Notlösungen.

Fazit: Früh handeln statt warten

SAP HCM ist keine „alte Lösung ohne Zukunft“. Bis 2040 bleibt es relevant – doch der Weg nach H4S4 und SAP SuccessFactors muss rechtzeitig begonnen werden. Für Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz bedeutet das: Transformation aktiv gestalten, hybride Szenarien managen und Mitarbeitende mitnehmen. Jan Herrmann macht deutlich: Der frühe Vogel fängt den Wurm – auch in der HR-IT.

Ähnliche Inhalte ansehen

SAP SuccessFactors

Verwandte Artikel