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Digital – die neue Normalität

Warum digitale Formate überleben und alte Praktiken aussterben werden

Vor Millionen von Jahren sind die Dinosaurier ausgestorben. Doch nicht alle. Auch in Zeiten von Corona scheint, so wie damals, „groß sein“ nicht das entscheidende Kriterium zu sein, wenn es um das wirtschaftliche Überleben geht. Was zählt, ist die Bereitschaft, digital zu denken und entschlossen zu handeln.
16. Juni 2020
7 min
Hermann Ude, Managing Partner, tts - knowledge matters. Hermann Ude

Vor etwa 66 Millionen Jahren beherrschten die Dinosaurier alle wichtigen ökologisch wichtigen Gebiete der Erde. Ja, es gab auch die ersten Säugetiere – kleine Tiere, nicht größer als eine Ratte, die die Vorfahren der heutigen Pferde werden sollten. Dann, etwa zur Zeit des Einschlags des Chicxulub-Meteoriten auf unserem Planeten, starben die meisten Arten aus. Fast kein Tier/Lebewesen überlebte, das mehr als 25 Kilogramm wog.

Kleine Säugetiere jedoch kamen besser davon. Sie hatten ein Fell, das sie bei wechselnden Temperaturen schützte. Die Plazenta ermöglichte es der nächsten Generation, in der Sicherheit des Körpers ihrer Mutter heranzuwachsen. Und schließlich waren sie im Hinblick auf die Nahrung nicht übermäßig spezialisiert. Noch heute beherrschen die Säugetiere die Welt und haben eine unglaubliche Vielfalt an Varianten entwickelt, vom Blauwal bis zur Hummelfledermaus – und natürlich uns, die menschliche Rasse.

Die Corona-Krise nachhaltig meistern

Von einem unbedeutenden Anfang zur Weltherrschaft

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Es scheint also, dass Größe nicht unbedingt ein Wettbewerbsvorteil sein muss. Schiere Kraft kann unter den Auswirkungen einer Krise schwinden, während Innovationsfähigkeit und Flexibilität zum Erfolg führen. Wenn das die Lektion ist, die es zu lernen gilt, welche Schlüsse ziehen wir dann für unseren Arbeitsalltag aus der Corona-Krise?

Schon heute leben wir mit den Auswirkungen der Krise: Viele Menschen arbeiten von zu Hause, es gibt kaum persönliche Treffen, Konferenzen finden nur noch virtuell statt, und Reisen wurden bis auf Weiteres gestrichen. Doch wie können wir die Ergebnisse dieser Krise nachhaltig gestalten? Und wie können wir dafür sorgen, dass wir auch der nächsten Krise, die bereits vor unserer Haustür lauert – dem Klimawandel – zukunftsträchtig begegnen?

Arbeitsweisen vor der Krise

Führen wir uns einige Fakten über die Arbeitsweise vor der Krise vor Augen:

  • Die Menschen wurden in Großraumbüros zusammengepfercht, ihnen wurden Arbeitsplätze im Miniformat zugewiesen. Gleichzeitig standen an jedem Arbeitstag durchschnittlich 37 Prozent aller Büroflächen weltweit leer.
  • Wir unterhielten riesige, prestigeträchtige Besprechungsräume, die beheizt und gereinigt werden mussten. Doch ihre Auslastung ging selten über 50 Prozent hinaus, sprich, sie standen zu 85 Prozent der Zeit leer.
  • Wir trafen uns in unseren Zentralen in London, New York und Singapur zu wichtigen Meetings; die Ausgaben für Geschäftsreisen wuchsen zwei- bis dreimal schneller als das BIP.
  • Die Pendelzeit betrug in den USA durchschnittlich 79 Minuten pro Tag (in Deutschland waren es 60, in Israel 97 Minuten).
  • Bei großen Besprechungen stand eine Person vor Dutzenden oder sogar Hunderten von Menschen.
  • Wir brachten Mitarbeiter aus allen Ländern der Erde zusammen, um sie in einer neuen Software zu schulen. Dabei wissen wir seit der ersten Veröffentlichung von Ebbinghaus im Jahr 1885, dass 66 Prozent aller formalen Lerninhalte schon nach einem einzigen Tag vergessen sind.
  • Die Unternehmen betrauten externe Berater mit der Gestaltung und der Dokumentation von Prozessen, während ihre eigenen Fachkräfte in Passivität verfielen.
  • Andere Unternehmen delegierten die Prozessgestaltung an Shared-Service-Betriebe in Niedriglohnländern. Doch die Menschen dort unterhielten weder eine emotionale Bindung zum Unternehmen noch zu den Mitarbeitern oder den Kunden.

Die Zukunft der Arbeit

Angesichts dieser Praktiken kommt mir die Analogie zum Dinosauriersterben in den Sinn: Sie sind groß, aber in diesem Moment der Krise nutzlos. Doch zum Glück (für uns) existieren ja die „Säugetiere“ bereits. Sie mögen klein und unbedeutend erscheinen und nicht sehr zahlreich sein, aber sie haben das Potenzial, die Zukunft der Arbeit zu bestimmen:

  • Die Vorteile des Homeoffice liegen auf der Hand: täglich eine Stunde weniger Fahrtzeit, niedrigere Bürokosten, geringere Umweltverschmutzung etc. Trotzdem werden derzeit nur rund acht Prozent aller infrage kommenden Stunden von zu Hause aus gearbeitet. Zwar könnten etwa 75 Prozent aller deutschen Büroangestellten remote arbeiten, doch nur 50 Prozent der Arbeitgeber verfügen bisher über die hierfür notwendige Technologie und nur 26 Prozent über Richtlinien, die diese Praxis ermöglichen.
  • Aus der Not heraus werden immer mehr Meetings virtuell abgehalten. Das Problem: Die Qualität variiert, und wir versuchen, die digitalen Treffen wie traditionelle Sitzungen durchzuführen.
  • Das Virtual-Classroom-Training ersetzt zunehmend Schulungen vor Ort. Statt dessen Potential aber voll auszuschöpfen und den größtmöglichen Lerneffekt zu erzielen, legen Unternehmen den Schwerpunkt häufig auf die Kostenreduzierung.
  • In Unternehmens-Wikis, Intranetportalen und Learning-Management-Systemen (LMS) wird den Mitarbeitern Wissen zugänglich gemacht. Leider ist die Nutzung dieser Systeme aber häufig umständlich und die Verwaltung der Inhalte schlecht geregelt. Kein Wunder also, wenn unter den Mitarbeitern die Überzeugung wächst, dass die Technologie sie nicht hinreichend unterstützt.

Doch es gibt nicht nur schlechte Nachrichten. Immer mehr Unternehmen setzen – teilweise bedingt durch die Krise – Technologien ein, die die Zusammenarbeit und die Unabhängigkeit der Mitarbeiter wirklich unterstützen. Und ich bin überzeugt, dass diese positiven Erfahrungen die Arbeit der Zukunft prägen werden.

Den Wandel vorantreiben

Als Vordenker und Evangelisten des Wandels empfehlen wir, heute Entscheidungen zu treffen, die den Praktiken von morgen Rechnung tragen.

  • Die Vorzüge des Homeoffice sind unbestreitbar. Die Mitarbeiter sparen wertvolle Zeit ein (mehr Produktivität) und Ihr Unternehmen kann die Immobilienkosten deutlich senken. Das klingt einfach? Tatsächlich gibt es einige Vorbehalte gegen diese Entscheidung.
  • Um alle Aspekte der Arbeit in verteilten Teams zu unterstützen und Mitarbeiter zu fähigen Fernarbeitern zu entwickeln, wird die Kommunikationstechnologie unerlässlich.
  • Der Zugang zu Wissen muss direkt in den Arbeitskontext der Angestellten integriert werden, denn der erfahrene Kollege sitzt nicht mehr nur zwei Schreibtische entfernt. Hier bietet sich das Konzept der „5 Moments of Need“ an sowie, als technologische Lösung, die tt performance suite, die aus einer einzigen Quelle sowohl IT- als auch Non-IT-Inhalte bereitstellt.
  • Die Fachexperten müssen lernen, wie sie ihr Know-how aufbereiten, kuratieren und teilen – am besten in Echtzeit. Die Voraussetzung hierfür ist, dass beispielsweise der Opportunity-Management-Prozess im Verkauf, die Auftragsabwicklung in der Buchhaltung oder die Entwicklungstätigkeiten im Ingenieurwesen vollständig konform durchgeführt und professionell verwaltet werden.
  • Die Führungskräfte müssen lernen, verteilte Teams zu leiten und zu koordinieren. Denn woran erkennen Sie, ob jemand, der sich in einer Websession nicht zu Wort meldet, noch aufmerksam ist, schon döst oder seine E-Mails bearbeitet?
  • Mittels „weicher“, virtueller Formate müssen wir Kreativität und emotionales Engagement ermöglichen. Ich kenne viele Manager, die „Lego Serious Play“ oder „Working Out Loud“ als Zeitverschwendung betrachten. Die Forschung bestätigt jedoch, wie bedeutend diese Formate sind – insbesondere für die Arbeitsbereiche, die nicht in absehbarer Zeit durch künstliche Intelligenz ersetzt werden.
  • Das Lernen gewinnt in einer agilen Wirtschaft enorm an Bedeutung. Denn während der Erfahrungstransfer schwieriger wird, ändert sich das erforderliche Wissen immer schneller. Ein guter Blended-Learning-Ansatz kombiniert deshalb digitales Lernen mit Virtual-Classroom-Training (einschließlich praktischer Übungen) und stellt beides über ein LMS zur Verfügung. Ergänzt werden diese Angebote idealerweise durch Performance Support, der digitale Inhalte (Schritt-für-Schritt-Anleitungen, Dokumentation, Simulationen etc.) direkt in den Arbeitskontext der Mitarbeiter bringt. Denn am Ende sind es die Mitarbeiter, die entscheiden, welche Hilfe sie benötigen, um ihre Arbeit korrekt auszuführen.
  • Employee Self-Service wird das neue Paradigma für Lernen und Wissenszugang werden, denn Präsenztraining im herkömmlichen Sinne wird ausgedient haben. Wenn Menschen sich künftig treffen, dann zur Ideenentwicklung, zur Koordination und zum Teambildung.

Auf dem Weg zum Erfolg

Auch wenn diese Forderungen zunächst schwerfällig und theoretisch klingen mögen, es gibt schon heute gute Beispiele, die beweisen, dass dieses Konzept funktioniert:

  • Continental:
    Einer der führenden Automobilzulieferer mit 230.000 an 554 Standorten in 61 Ländern, sieben „Konzernsprachen“ und immer mehr internationale IT-Anwendungen, welche sich „agil“ ändern. Wie lässt sich da das volle Potenzial von IT-Applikationen ausschöpfen und gleichzeitig das Helpdesk entlasten?
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  • Schwarz-Gruppe:
    Die Schwarz-Gruppe, mit über 440.000 Mitarbeitern einer der größten Einzelhändler der Welt, hat eine Technologieplattform geschaffen, die es dem Unternehmen ermöglicht, internationale Märkte zu erobern. Eine zentrale Rolle spielt hierbei die hohe Kompetenz der Mitarbeiter, durch die sich das Unternehmen wesentlich von seinen Wettbewerbern unterscheidet.
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  • REWE:
    Der bekannte Lebensmitteleinzelhändler mit 220.000 Mitarbeitern hat nicht nur die Arbeitsplätze für Büroangestellte digitalisiert. Er hat den Marktmitarbeitern auch das Wissen über Prozesse und Produkte virtuell zugänglich gemacht und damit den HR Excellence Award gewonnen.
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  • Wacker:
    Das Chemieunternehmen mit 17.000 Mitarbeitern hat seine Vertriebsmannschaft mit einem intelligenten Produktkonfigurator ausgestattet. Dieser weiß „alles, was Sie wissen müssen“, und bringt höchste Kompetenz auf den Punkt – direkt im Moment der Anwendung. (Link)

Die Krise als Chance

Wenn Ihr Unternehmen nicht das Schicksal der Dinosaurier teilen, sondern in der neuen, digitalisierten und umweltfreundlichen Welt gedeihen soll, müssen Sie schnell und entschlossen handeln. Die technischen und organisatorischen Grundlagen hierfür sind bereits vorhanden. Doch um sie für Ihr Geschäftsmodell nutzbar zu machen, müssen Sie eine klare Agenda entwickeln und umsetzen. Das Coronavirus – vielleicht die perfekte Gelegenheit, um Ihre Axt zu schärfen.

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