HR-Transformation – Aufbruch zu einer neuen HR-Excellence
Unternehmen haben dann einen Wettbewerbsvorteil, wenn sie individuelle wie organisationale Kompetenzen optimal ausschöpfen. Dabei spielt HR als strategischer Partner eine entscheidende Rolle. Erst indem HR-Abteilungen sich digital neu aufstellen und aufwendige Verwaltungsprozesse automatisieren, schaffen sie sich den notwendigen Freiraum für die neue Rolle. Gefragt ist die Ambidextrie: Das bedeutet, der HR-Bereich der Zukunft muss beidhändig agieren – einerseits Stabilität durch stabile Prozesse und Leistungen garantieren, andererseits agil auf Veränderungen reagieren. In der VUCA-Welt wird gerade der letzte Faktor und damit auch die Digitalisierung immer wichtiger. Damit der Change zum ambidexteren Player und zu HR 4.0 aber überhaupt gelingt, braucht es die Akzeptanz der Beteiligten und den Aufbau eines digitalen Mindsets, die notwendigen digitalen Tools und Lösungen sowie ein entschiedenes Handeln der HR-Verantwortlichen im Sinne einer neuen HR-Strategie.
Der Erfolg eines Unternehmens steht und fällt mit seinem Geschäftsmodell, seinen Patenten, Lizenzen und neuen Technologien – und nicht zuletzt auch mit den Mitarbeiter:innen. Entscheidend sind also sowohl die individuellen, vor allem aber auch die sogenannten organisationalen Kompetenzen. Wer als Unternehmen beides optimal ausschöpft, wird im Wettbewerb die Nase vorne haben.
Dabei spielt HR eine entscheidende Rolle. Und zwar nicht nur als Akteur, der Schlüsselpositionen ideal besetzt, sondern auch als strategischer Partner, der Weichen in der Personalentwicklung stellt und Strategien zum effektiven Verteilen von Wissen, insbesondere zur Stärkung von digitalen Kompetenzen und Skills, im Unternehmen anbietet. Der schließlich auch in der Lage ist, die Personalplanung und die damit verbundenen Kompetenzrisiken clever zu managen.
Digitalisierung schafft Freiraum
Genau dieser Rolle wird die HR-Funktion häufig nicht gerecht. Den Mitarbeiter:innen fehlt für diese Aufgaben schlicht die Zeit, weil sie mit dem operativen Tagesgeschäft voll ausgelastet sind, das zeigen Umfragen und Studien zum Thema immer wieder. Hier stellt sich den HR-Verantwortlichen die entscheidende Frage: Wie das eine tun, ohne das andere zu lassen? Der Schlüssel liegt in der Digitalisierung. Sie hat, bildlich gesprochen, auf das Handling des operativen Geschäfts den gleichen Effekt wie das Schärfen der Axt auf das Holzhacken: Die Prozesse laufen hinterher schneller und effektiver. In dem Maß, wie es dem HR-Bereich also gelingt, sich digital neu aufzustellen und aufwendige Verwaltungsprozesse zu automatisieren, schafft er sich Freiraum für seine Rolle als strategischer Partner und Berater.
„Digital HR“ bedeutet für die Mitarbeiter:innen in der Personalabteilung aber noch mehr. Sie schaufeln damit nicht nur Ressourcen frei, sondern sorgen mit harmonisierten digitalen HR-Basisprozessen für Datenintegrität und Effizienz gleichermaßen – und auf diese Weise für ein verlässliches Stammdatenmanagement, kurz, sie bringen mit der Digitalisierung maximale Stabilität in ihr Management und ihre administrativen Prozesse.
Mit den durch die digitale HR-Transformation frei werdenden Kapazitäten können sie nun gezielt ihre Rolle als agile Player und kompetente HR-Business-Partner wahrnehmen. Als solche treiben sie die Themen HR-Transformation und Innovation im Unternehmen aktiv voran, etwa indem sie konsequent auf datenbasierte HR-Lösungen setzen und damit den Erwartungen ihrer Zielgruppe, den eigenen Mitarbeiter:innen sowie potenziellen neuen Fachkräften entgegenkommen.
Das Prinzip der Beidhändigkeit
Aus dem Gesagten wird klar: Der Human-Resources-Bereich der Zukunft sollte beide Rollen aus dem Effeff beherrschen: zum einen die Rolle des Dienstleisters, der das operative Tagesgeschäft vom Recruiting bis zum Vergütungsmanagement im Griff hat, und zum anderen die Rolle des Strategen und Innovators, der die HR-Digitalisierung Schritt für Schritt umsetzt.
Der Prozess der Transformation lässt sich anhand einer Grafik gut darstellen. Auf der x-Achse sind die Bausteine des operativen Geschäfts abgebildet. Je ausgereifter ihr Digitalisierungsgrad, desto stabiler die Prozesse und desto einfacher das Management. Läuft das operative Geschäft zuverlässig, schlägt die Stunde agilen Handelns, das, häufig in engem Zusammenspiel mit anderen Funktionen, Innovationen in HR und darüber hinaus im Unternehmen ermöglicht.
Was heißt das nun für die Kompetenzen? Expert:innen sprechen diesbezüglich vom Konzept der Ambidextrie (lat., Beidhändigkeit). Das heißt, der HR-Bereich der Zukunft muss beidhändig agieren – mit der linken Hand nach dem Primat der Stabilität, etwa indem er ein solides Stammdatenmanagement gewährleistet, und mit der rechten Hand nach dem Primat der Agilität.
Virtuoser Player in der VUCA-Welt
Der Trend zeigt, dass der Faktor Agilität immer wichtiger wird. Die fortschreitende Digitalisierung zwingt den HR-Bereich zur Veränderung und dazu, die HR-Services sukzessive zu digitalisieren. Wie das Unternehmen als Ganzes ist er dabei, sich im Rahmen von HR-Transformation strategisch neu auszurichten in einer Welt, die geprägt ist von „volatility“ (Unbeständigkeit), „uncertainty“ (Unsicherheit), „complexity“ (Komplexität) und „ambiguity“ (Mehrdeutigkeit). In dieser VUCA-Welt bietet ihm die Digitalisierung ganz neue Möglichkeiten, den Anforderungen und Erwartungen der Zielgruppe, also der Mitarber:innen sowie des potenziellen Nachwuchses gerecht zu werden und personalisierte Lösungen bereitzustellen.
Gerade im Ringen um talentierte Nachwuchskräfte sind digitale Kompetenz und zielgruppengerechtes Handeln der Personalverantwortlichen heute unabdingbar. Sie müssen dem Trend folgen, sich auf den einschlägigen Portalen und Karriereseiten positionieren und ihren Ansprechpartnern digital auf Augenhöhe begegnen. Eine Personalkraft mit ausgewiesener Social-Media-Kompetenz wird im Werben um die Wunschkandidaten eher ans Ziel kommen als eine Person, die sich hinter einer anonymen E-Mail-Adresse verbirgt und nach dem klassischen Prinzip Bewerbungsunterlagen anfordert und auswertet. Social-Media-Kompetenz beschränkt sich jedoch nicht darauf, Gesicht zu zeigen, sondern bedeutet auch, zu wissen, auf welchen Plattformen sich welche Fachkräfte tummeln, und als Recruiter dafür zu sorgen, dass das Unternehmen durch das richtige Verschlagworten von Jobs auch gefunden wird.
Digitale Kompetenz unterstützt aber nicht nur das Recruiting. Mit digitalen Technologien lässt sich auch die Personalentwicklung vorantreiben. Das Bereitstellen einer Learning Experience Platform (LXP) beispielsweise hebt das Lernen auf ein ganz neues Niveau. Eine LXP beschert den Nutzer:innen nie für möglich gehaltene Lernerlebnisse. Sie erhalten zielgerichtete Empfehlungen genau für die Arbeitssituation, in der sie sich gerade befinden. Mithilfe von künstlicher Intelligenz finden die besten Plattformen heraus, welche Informationen oder welches Know-how benötigt werden, und stellen dieses Wissen im richtigen Moment zur Verfügung.
Ran an die Zielgruppe
Die Beispiele machen eines deutlich: Wenn HR-Verantwortliche heute erfolgreich sein wollen, sind sie auf die Digitalisierung angewiesen. Sie ermöglicht eine neue Nähe zur Zielgruppe, hilft, deren Erwartungen zu verstehen und Erlebnisse bedarfsgerecht zu gestalten. Denn genau das ist der Anspruch von Mitarbeiter:innen und Bewerber:innen heute.
Expert:innen sprechen in diesem Kontext auch von Human Experience Management. Dabei geht es darum, die Employee Experience zu optimieren und für die Mitarbeiter:innen ein Umfeld zu schaffen, in dem sie gern arbeiten – und zwar vom ersten Tag an. Dass er wertschätzend empfangen wird, mit moderner IT arbeitet, einen reibungslosen Zugang zum System erhält und bei Fragen ein Ansprechpartner zur Verfügung steht. Für HR heißt das, funktionsübergreifend zu denken und zu agieren. Und beispielsweise, wie beim Onboarding, mit der IT und dem Facility-Management zusammenzuspielen und mitarbeiterzentriert zu handeln.
Im Grunde geht es darum, die Erwartungen und Bedarfe der Mitarbeiter:innen zu antizipieren. Sie wollen nicht als anonyme Belegschaft oder Human Capital wahrgenommen werden. Sondern als Menschen, als Individuen, deren Beitrag geschätzt wird und die sich beruflich und persönlich weiterentwickeln wollen. Die aber auch Ansprüche haben im Hinblick auf sinnstiftenden Purpose, flexible Arbeitsformen oder Work-Life-Balance und den Arbeitsalltag nach den Prinzipien des New Work leben möchten. HR kann hier Wegbereiter für ein „Arbeiten 4.0“ sein und für die Organisation digitale Strukturen schaffen, Dynamik ins Business bringen und für die Personalarbeit neue Wege bahnen.
Das Mindset als Türöffner
Damit der Change zum ambidexteren Player und zu HR 4.0 aber überhaupt gelingt, braucht es die Akzeptanz der Beteiligten und dafür wiederum eine hohe Glaubwürdigkeit der HR. Veränderung und der erfolgreiche Wandel zu einer digitalen Organisation lassen sich nur mit den Menschen, nie gegen sie vollziehen. Im Umkehrschluss bedeutet dies: Transformation muss gewollt sein und kann nicht von oben verordnet werden. Der Nutzen muss für die Menschen innerhalb und außerhalb von HR transparent sein. Die digitale HR-Transformation ist auch kein IT-Projekt, sie muss als Reise ganzheitlich gedacht werden. Wenn es um den Ausbau des digitalen Reifegrades geht, betrifft das nicht nur Prozesse und Technologien, sondern auch Rollen, Strukturen und Governance bis hin zu Haltung und Kultur. Das geht nur im engen Zusammenspiel mit den internen Kund:innen, mit dem Betriebsrat und mit anderen Disziplinen wie der Unternehmensentwicklung oder der IT.
Auf diese Weise können Berührungsängste erfolgreich ausgeräumt werden, und die HR-Transformation kann gelingen. Aus einem veränderten Verhalten wird dann mit der Zeit eine neue Haltung, und aus dieser Haltung heraus entwickeln sich schließlich neue Arbeitsweisen, die auf den Prinzipien der Agilität gründen, die interdisziplinäres Arbeiten fördern, die von vornherein viele Akteure einbeziehen und mit denen sich Innovationen nach dem Prinzip von „Fail early, learn fast“ rascher als bisher vorantreiben lassen.
Erst die Pflicht, dann die Kür
Wer HR-Transformation ganzheitlich denkt, kommt unweigerlich zu dem Schluss: „Stability first“. Deshalb sollten ein verlässliches Stammdatenmanagement und reibungslos funktionierende Basisprozesse in jedem Unternehmen oberste Priorität haben. Ansonsten geht die Glaubwürdigkeit verloren, und jeder Vorschlag für eine digitale Innovation, und sei er noch so „cool“, läuft ins Leere. Das heißt, das gesamte operative Geschäft ist über ein stabiles IT-Rückgrat, häufig eine HCM-Suite, sicherzustellen (siehe Grafik). An diese Suite lassen sich IT-Lösungen andocken, die HR ganz neue Perspektiven in puncto Agilität und Human Experience Management bieten.
Die Zeit ist reif für Veränderung
Die entsprechende HR-Software und Lösungen für nahezu die gesamte HR-Landschaft stehen also bereit. Jetzt sind Entscheidungen gefragt und ein entschlossenes Handeln der HR-Verantwortlichen. Im Rahmen einer neuen HR-Strategie können sie den digitalen Wandel im Unternehmen als Transformationspartner forcieren und aktiv mitgestalten. Je höher der Reifegrad in der Digitalisierung des eigenen HR-Bereichs ist, desto überzeugender kann HR selbst ins Unternehmen hineinwirken, den Wandel beschleunigen und eine Unternehmenskultur fördern, in der das Thema digitale Transformation seinen festen Platz hat.
Die Pandemie lehrt uns, wie wichtig und wertvoll digitale Lösungen sind. Sie sorgen für Kontinuität und Stabilität, wenn persönliche Kontakte und physische Präsenz nicht mehr möglich sind. Dann schlägt die Stunde der digitalen Transformation, und dann ist die HR-Funktion als Partner der Transformation gefordert. Sind Sie für diese Herausforderung gerüstet?