HR und Cloud: Auf der Suche nach dem rechten Maß

Nach anfänglicher Skepsis drängen immer mehr HR-Fachbereiche in die Cloud. Sie wollen damit ihre operativen Prozesse digitalisieren und zersplitterte IT-Landschaften möglichst umfassend in einer globalen HR-Suite konsolidieren. Der Bezug von Lösungen aus der Cloud bedeutet jedoch weitaus mehr als nur einen Wechsel des IT-Betriebsmodells. Damit sich der erhoffte Mehrwert auch tatsächlich einstellt, müssen die Unternehmen drei zentrale Fragen für sich beantworten und das rechte Maß finden.
09. Dezember 2021
4 min

1. Was wandert in die Cloud und was verbleibt on premise?

Auch wenn der Trend in Richtung Cloud geht, spielen On-premise-Systeme für viele Unternehmen weiterhin eine wichtige Rolle. Viele HR-Cloud-Lösungen weisen gerade bei der Zeiterfassung und der Gehaltsabrechnung funktionale Lücken auf – auch wenn die führenden Anbieter mit Hochdruck daran arbeiten, sie zu schließen – und behelfen sich mit einer Aufgabenteilung in einer hybriden Systemlandschaft.

Die etablierte und auf die unternehmensspezifischen Besonderheiten angepasste On-premise-Lösung dient dabei als stabiles Fundament für die Kernprozesse, die (noch) nicht in der Cloud abgebildet werden können, während in der Cloud Innovationen agil vorangetrieben werden. Vor allem strategisch wichtige Aufgaben wie das Talent Management, das Recruiting und das Performance Management wandern deshalb in die Cloud genau wie eine zeitgemäße Stammdatenhaltung und ein global einheitliches Organisationsmanagement.

Die unternehmensweite Harmonisierung der Systeme sorgt nicht nur für durchgängige Transparenz, sondern schafft auch die Basis für Echtzeit-Datenanalysen. Sozusagen ganz nebenbei erhöht sich damit auch die Bedienfreundlichkeit und die Mitarbeitenden werden direkt eingebunden.

2. Welche Rolle übernimmt HR und welche Aufgaben die IT?

Die Verlagerung von Prozessen in die Cloud verändert die Rollen von HR und IT. So sind es in der Regel die HR-Fachbereiche, die den Anstoß für Cloud-Projekte geben. Immer häufiger übernehmen die Personalabteilungen auch Aufgaben im Rahmen der Bereitstellung der Cloud-Services, etwa im Support oder bei der Bewertung und der Anpassung neuer Features. Aus diesem Grund benötigen sie neben der klassischen Fachexpertise zusätzlich auch Know-how in Sachen IT.  

Die Unternehmens-IT hingegen bewegt sich weg von der blueprintbasierten technischen Umsetzung. Stattdessen fokussiert sie sich stärker auf die Integration von Cloud-Lösungen, mit denen sie den sicheren und wirtschaftlichen Betrieb der digitalisierten HR-Prozesse gewährleistet. Gleichzeitig entwickelt sich die IT hin zu einer beratenden Instanz, wenn es um die Weiterentwicklung des HR-Produktportfolios, etwa im Rahmen des Release-Managements.

Datensilos, die sich eventuell zwischen HR und IT gebildet haben, lösen sich dadurch auf, im Idealfall entstehen fachübergreifende Teams. Die Voraussetzung dafür ist, dass auf jeder Ebene der HR-IT-Organisation die fachliche Rolle (HR) durch ein Pendant in der IT gespiegelt wird. Das heißt zum Beispiel, dass auf leitender Ebene sich je ein:e Vertreter:in des Global HR Product Managements und des HR IT Platform Managements gegenüberstehen. Dieses Prinzip wird für jeden HR-Funktionsbereich, also etwa Talent Management oder Talent Acquisition, fortgesetzt, sodass immer ein:e Prozessmanager:in aus der HR und ein:e Funktionsmanager:in aus der HR-IT die Prozesse und Systeme im Tandem betreiben und weiterentwickeln.

3. Wo global harmonisieren und wo lokale Freiheitsgrade belassen?

Gerade dezentral organisierte Unternehmen mit Standorten in verschiedenen Ländern stehen vor der Frage: Wie verbinde ich die neu etablierte, globale Funktionswelt aus der Cloud mit den Standorten? Ein Zuviel an lokaler Eigenständigkeit wirkt sich negativ auf die neu gewonnene Transparenz und Prozesseffizienz aus, ein Zuwenig mindert die Akzeptanz der Lösung.

Um das richtige Maß zu finden, empfiehlt sich ein Mix aus Bottom-up- und Top-down-Ansatz: Einerseits bringen regionale Repräsentant:innen fachliche und regulatorische Anforderungen zum Beispiel für den Raum Asia Pacific konsolidiert ein. Parallel dazu informieren globale Funktionen über geplante Initiativen und Änderungen, etwa im Kontext der regelmäßigen Cloud-Releases. Dieser Austausch findet in sogenannten Change Governance Communities statt. In diesen Foren kommen die Stakeholder:innen regelmäßig zusammen und tauschen sich aus: Wo sind Anpassungen nötig? Wie können wir bestimmte Funktionsbereiche weiterentwickeln? Was läuft gut, und wo sind Nachbesserungen nötig?

Durch die Einbindung der Standorte wie auch der regionalen Stakeholder:innen können diese nicht nur an dem neuen globalen Prozessmodell teilhaben, sondern sich aktiv einbringen und es vorantreiben. Sie stehen somit auch in der Verantwortung, die HR bei der Kommunikation und vor allem der Umsetzung der Transformation zu unterstützen.

Die richtige Balance finden

Unternehmen, die sich auf dem digitalen HR-Transformationspfad befinden, sollten HR und IT ganzheitlich betrachten. Wenn es darum geht, die Bereiche neu aufzustellen, und von dieser Basis aus, globale Anforderungen zu definieren und Prozesse abzuleiten, sollten sie gemeinsam überlegen: Was ist machbar? Wo bringt die Cloud konkreten Mehrwert, und wo sollte der Status quo erhalten bleiben? Eines jedoch steht fest: HR und IT werden künftig enger zusammenarbeiten. Im Rahmen der Einführung einer HR-Cloud-Lösung gilt es, dafür ein belastbares Fundament zu schaffen.

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