LERNLUST #31 // Eine Zukunft ist nicht genug: Vom Lernen in und über Zukünfte
Wie wollen Menschen in den unterschiedlichsten Arbeitskontexten zukünftig lernen? Wie wollen wir selbst in Zukunft lernen? Was wünschen sich Lernende? Und wie müssen Lernangebote in Zukunft gestaltet sein, damit sie den Anforderungen der heutigen und zukünftigen Arbeitswelten gerecht werden und flexibel, schnell und agil auf individuelle – sich gegebenenfalls auch schnell ändernde - Lernbedarfe eingehen können?
Das sind nur einige der Fragen, die uns als Beratende und Lernbegleitende beschäftigen. Beim Blick in eine wünschenswerte Zukunft helfen Methoden wie beispielsweise Zukünftelabore. Inspiriert durch unseren Learning Productmanager Johannes Starke haben tts Mitarbeitende gemeinsam mit anderen interessierten Menschen Ende letzten Jahres diese Methode der Zukünftebildung kennenlernen können. Angeleitet und begleitet von Dr. Stefan Bergheim vom Zentrum für Gesellschaftlichen Fortschritt (ZGF) konnten wir die enorme Kraft der Methode selbst erleben und natürlich ging es dabei um die Zukunft des Lernens in Unternehmen – und zwar im Jahr 2040.
Wir waren und sind immer noch völlig begeistert, was für ein bewertungsfreies und kreatives Ideenfeuerwerk dabei von allen Teilgebenden gezündet wurde. Das war wirklich faszinierend für ein nur 1,5 stündiges Mini-Zukünftelabor. Neben vielen wertvollen Ideen für mögliche zukünftige Lernszenarien in Unternehmen konnten wir so auf der Metaebene auch ein wenig die Methode selbst kennenlernen.
Aber das brauchte unbedingt Vertiefung und so haben wir uns Stefan Bergheim in die aktuelle Episode unseres LERNLUST Podcasts eingeladen, um noch etwas tiefer einzutauchen, unsere Fragen zu stellen und gemeinsam über das Erlebte zu reflektieren.
Also hören Sie rein in die aktuelle Episode, in der Stefan Bergheim, Johannes Starke und Claudia Schütze darüber sprechen, warum die Zukunft im Plural so wichtig ist, was Futures Literacy genau bedeutet, wie wir Kompetenzen der Zukünftebildung erwerben können, welche verschiedenen Methoden Stefan in welchen Kontexten seiner Arbeit verwendet und natürlich über seine Lieblingsmethode der ‚Zukünftelabore‘. Stefan erklärt detailliert die vier Phasen eines typischen Zukünftelabors und Johannes und Claudia reichern das mit den Ergebnissen, Eindrücken und Gedanken über das erlebte Minilabor an und teilen, was sie an der Methode so toll finden.
Also, lernen Sie mit uns über Zukünfte!
Shownotes
Host:
Claudia Schütze, Senior Learning Consultant & Trainerin // LinkedIn
Gäste:
Dr. Stefan Bergheim, Direktor des ZGF - Zentrum für gesellschaftlichen Fortschritt // LinkedIn
Johannes Starke, Product Manager Learning // LinkedIn
Artikel, Webinare und Podcasts:
Raum für Neues. Antizipationsforschung in der Organisationsentwicklung.
Zukünftebildung – neue Kompetenzen für den Umgang mit dem Später
Webinar: Zukünftebildung – neue Kompetenzen für den Umgang mit dem offenen Später
Podcast: #01.09 Zukünftebildung / Futures Literacy mit Lena Tünkers und Dr. Stefan Bergheim im Hier und Morgen
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Transkript
[Intro]
LernLust, der Podcast für alles rund ums Thema Corporate Learning. Wir sind Susanne Dube und Claudia Schütze und wir sind Learning Consultants bei der tts. Schön, dass du heute dabei bist.
[Stefan Bergheim]
Die Zukunft existiert ja sowieso nicht, die gibt es gar nicht. Und wenn irgendwas zum Thema Zukunft existiert, dann in unserer Vorstellung. Wir unterscheiden zum Beispiel zwischen wahrscheinlichen und wünschenswerten Zukunften und das ist gar nicht so einfach.
Futures Literacy ist möglicherweise eine spezielle Kompetenz darin, mit Zukunft umzugehen. Gerade dieses emanzipatorische Potenzial, das behaupte ich mal, ist uns allen im globalen und auch im deutschen Netzwerk wahnsinnig, wahnsinnig wichtig. Wir müssten mal die verschiedenen Akteure zusammenbringen und mal neu drüber reden.
Aber wer lädt dazu ein? Wer traut sich? In meiner Wahrnehmung haben die Leute immer wahnsinnig viel Spaß.
Da geht dann ein Feuer von Kreativität los.
[Claudia Schütze]
Es schien so leicht, in diesen Modus zu kommen und es schien so leicht, miteinander in hochkommer im positivsten Sinne des Wortes zu spinnen.
[Johannes Starke]
Zuzulassen, dass wir aus der Zukunft lernen oder aus Zukunften lernen können, wie wir bisher nur aus Vergangenheit gelernt haben.
[Stefan Bergheim]
Ich bin ein großer Fan von starken, kraftvollen Fragen, weil da eine Energie drin ist, die zu was anleiten kann, was man im Nachgang machen kann.
[Claudia Schütze]
Ist der Blick in eine Zukunft nicht schon kompliziert genug und jetzt auch noch Zukunfte? Ja, der Plural ist richtig, denn jede und jeder von uns hat viele Ideen über die Zukunft im Kopf. Für uns als Learning Consultants bedeutet das, wir denken über Zukunfte des Lernens in Unternehmen und Organisationen nach.
Und mein Kollege Johannes Starke kam Ende letzten Jahres mit einer erlebten Methode, die ihn so sehr begeistert hat, dass er gesagt hat, das müssen wir alle erleben. Worum ging es? Um ein Zukunftelabor.
Dieses hatte Dr. Stefan Bergheim durchgeführt und genau ihn haben wir uns auch eingeladen, um zumindest in einer Mini-Version zu erleben, wie die Methode funktioniert und natürlich das Lernen zum Thema zu machen. Und weil anderthalb Stunden einfach sehr, sehr wenig Zeit sind und der Blick auf die Metaebene dabei natürlich ein wenig kurz kam, haben wir uns Stefan für diese Episode nochmal eingeladen und sprechen mit ihm über alle Dinge, die uns dazu interessieren. Warum Zukunfte im Plural?
Was ist eigentlich Futures Literacy und welche Methoden können zum Einsatz kommen in der Zukunftebildung und warum ist Zukunftebildung eigentlich überhaupt so wichtig? Wir reden über seine Lieblingsmethode, ihr ratet schon welche, nämlich die Zukunftelabore und wir reflektieren ein bisschen über das, was wir, Johannes und ich, in diesem Mini-Labor erlebt haben und was für uns zum Thema des Lernens in der Zukunft dabei rausgekommen ist. Also bleibt dran bei dieser diesmal etwas längeren Episode.
Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Episode unseres Lernlust-Podcasts, die zweite im Jahr 2023 und tatsächlich mit einer Premiere. Wir haben nämlich heute tatsächlich das allererste einen externen Gast bei uns. Dr. Stefan Bergheim ist heute da. Stefan, herzlich willkommen. Wir haben uns aufs Du geeinigt vorher, das würde ich auch gern beibehalten.
[Stefan Bergheim]
Sehr gerne, freut mich.
[Claudia Schütze]
Schön, dass du da bist und wir haben noch jemand heute dabei, jemand, den die meisten von euch schon gut kennen, mein sehr geschätzter Kollege Johannes Starke.
[Johannes Starke]
Hallo.
[Claudia Schütze]
Hallo Johannes, schön, dass du auch dabei bist. Ich freue mich. Es hat einen Grund, warum wir beide heute da sind und gemeinsam mit Stefan in eine Episode gehen werden, weil wir nämlich beide zusammen die Chance hatten, Stefans Ansätze und Arbeit ein bisschen kennenzulernen.
Und das, was wir mit dir erleben dürften und was uns daran so gefallen hat und was wir spannend fanden, finde ich, gehört es sich, dass wir dich noch mal kurz vorstellen und unseren Hörerinnen kurz sagen, wer du bist und warum du heute bei uns bist. Also, Dr. Stefan Bergheim ist promovierter Volkswirt und hat sich von 1995 bis 2008 bei führenden Banken zum Beispiel mit Konjunkturanalyse beschäftigt, Stefan. Und du hast aber daneben auch Langfristthemen bearbeitet, wo unter anderem auch Bildung war dabei.
Das ist natürlich für uns schon mal ein total schöner Aufhänger. Und seit 2009 bist du Direktor der gemeinnützigen Denkfabrik Zentrum für gesellschaftlichen Fortschritt und lädst in dieser Funktion verschiedenste Menschen oder Gruppen von Menschen ein, um gemeinsam im Dialog zu treten über wünschenswerte Zukunft. Das ist erst mal das, was vielleicht als kurzes Intro von mir kommen soll.
Meine Frage habe ich das erst mal so zu deiner Zufriedenheit dargestellt.
[Stefan Bergheim]
Das ist perfekt, vielen Dank, freut mich sehr.
[Claudia Schütze]
Johannes, mein geschätzter Kollege aus dem Bereich Learning, bei der tts als Produktmanager mit allen Themen des Corporate Learning sozusagen beschäftigt. Also, herzlich willkommen, ihr zwei. Johannes, warum haben wir uns Stefan eingeladen heute?
[Johannes Starke]
Ja, die die wunderbare Welt der Zufälle. Ich bin im vergangenen Jahr, ich glaube, auf LinkedIn auf dein Schaffen, auf dein Wirken aufmerksam geworden, Stefan, über deine Zukunftslabore, die du dort anbietest, die du zu verschiedenen Themen durchführst. Parallel hatte ich das Gefühl, dass das Thema Zukunft, spekulative Ansätze in den letzten Jahren immer mehr an mir, zu mir kommt.
Ich weiß nicht, ob das emergent in der Zeit liegt, da kannst du mehr zu sagen als ich, aber es kam immer wieder. Ich hatte mich im Studium, lang ist es her, schon mal mit eher künstlerischen Positionen in dem Umfeld beschäftigt, aber habe dann jetzt auf der Republika im letzten Jahr und vor drei Jahren kamen ganz, ganz viele Gruppen, Ansätze, die wissenschaftlich, die eher künstlerisch, die von urbanistischen Positionen geprägt sich mit diesem Thema beschäftigt haben. Ich habe dann dein Buch gelesen, habe da sehr, sehr viel auch praktisches Methodenwissen gefunden, wo ich dachte, das lohnt sich wirklich, dass wir uns damit intensiver beschäftigen.
Und ja, da hat sich eine ganz neue Welt für mich aufgetan und freue mich sehr, dass du dann ja direkt sehr ansprechbar und zugänglich bist, um gemeinsam solche Dinge weiterzutreiben.
[Claudia Schütze]
Genau, und mit deiner Begeisterung, Johannes, hast du mich angesteckt und ich habe natürlich auch das eine oder andere gefunden, was mich daran reizte. Großgruppenmethoden ist was, was du verwendest, Stefan, und das ist was, was mich auch schon viele, viele Jahre in meinem Beruf umtreibt, immer mal wieder intensiver, immer mal wieder etwas weniger intensiv. Aber viele dieser Ansätze sind für mich etwas, was ich sehr, sehr spannend und interessant finde.
Und damit hatte Johannes mich natürlich auch sofort geködert. Und ich glaube, ehe wir ein bisschen erzählen, in welchem Kontext wir dich erlebt haben und wie wir dich erlebt haben und womit wir dich erlebt haben, würde ich einfach mal jetzt ins Thema starten, damit unsere ZuhörerInnen eben auch ein bisschen andocken können an dem, was wir in der Vorstellung schon quasi über dich verraten haben. Zwei Dinge.
Wir haben das Wort Zukunft erwähnt und Johannes hat über ein Buch gesprochen, was du geschrieben hast, und vielleicht ist das ein ganz guter Zeitpunkt, während ich es jetzt unsichtbar für unsere ZuhörerInnen in die Kamera halte. Also es heißt Zukunft offen für Vielfalt. Ein Handbuch für den Umgang mit dem Später.
Stefan, und jetzt ist mindestens zweimal in dieser Mini-Anmoderation das Wort Zukunft vorgekommen. Und es ist vielleicht etwas, was wir im Eigentumssprachgebrauch gar nicht so wahnsinnig oft in dieser Form verwenden, also ein Zukunft in der Mehrzahl. Und vermutlich ist es die Frage, die dir am häufigsten auch als erste gestellt wird, und da will ich mich einreihen und fragen, Stefan, was bedeutet dieses Zukunft, mit dem du arbeitest?
[Stefan Bergheim]
Ja, das ist natürlich eine riesengroße Frage, die ich auch jedes Mal von meinem Textverarbeitungsprogramm gestellt bekomme. Was ist denn da falsch? Du schreibst Zukunfte, die ich auch von potenziellen Verlegern und VerlegerInnen von meinem Buch bekommen habe.
Die sagten Zukunft, das gibt es nicht im Duden, diesen Begriff. Das wird nicht funktionieren als Buch, aber eben drum, es war mir ganz, ganz wichtig, diesen Plural in die Welt zu bringen. Das ist wirklich Essenz von dem, was ich tue, was wir auch in einem globalen Netzwerk machen, was wir in einem deutschsprachigen Netzwerk machen, diesen Plural in die Welt hineinzutragen, aufzuzeigen, dass es ganz, ganz viele verschiedene Zukunfte gibt, weil die nämlich in unseren Vorstellungen existieren.
Die Zukunft existiert ja sowieso nicht, die gibt es gar nicht. Und wenn irgendwas zum Thema Zukunft existiert, dann in unserer Vorstellung. Und dann existiert in Claudias Vorstellung mindestens eine Zukunft, möglicherweise mehrere, möglicherweise wünschenswerte und wahrscheinliche.
In Johannes Vorstellung, in meiner Vorstellung, das sind schon mal mindestens sechs verschiedene Zukunfte. Und um die geht es, die einfach sichtbar zu machen und im Idealfall noch was obendrauf zu setzen und zu sagen, ja, okay, das ist jetzt ganz gut, was ihr da an Vorstellungen habt von Zukunft. Wir laden dann regelmäßig dazu ein, denkt doch noch mal über ganz andere Zukunfte nach.
Vielleicht öffnet das das Nachdenken noch mal weiter. Ja, das ist dann den Teilnehmenden im Regelfall überlassen. Das ist selten oder so gut wie nie, dass wir sagen, so und so muss Zukunft sein oder so und so wird Zukunft sein.
Manchmal kreieren wir selbstständig, wir nennen das die alternativen Zukunft, die zum Nachdenken anregen sollen, die eine Inspiration sein sollen, mal möglicherweise die ausgetretenen Pfade einen Schritt weit zu verlassen. Je nachdem, je nach Gruppe einen Schritt weit oder ganz viele Schritte weit diese ausgetretenen Pfade zu verlassen und mal anders nachzudenken und sich darüber auch bewusst zu werden, okay, ich war da auf dem ausgetretenen Pfad. So, so.
Und man kann auch anders über Zukunft nachdenken. Aha, da wollen wir gerne hin.
[Claudia Schütze]
Okay, das klingt super spannend, würde ich sagen und gibt uns jetzt eine Idee, warum wir über Zukunft sprechen, also in der Mehrzahl. Und tatsächlich, Stephan, wenn ich dich richtig verstanden habe, geht es ja für dich darum, das auch in die Welt zu bringen, hast du eben auch selber noch mal so formuliert. Das heißt, auch Menschen größerer Zahl mit diesem Thema zu konfrontieren oder eine Auseinandersetzung, Beschäftigung zu ermöglichen.
Und es braucht einen Begriff, ich habe vorhin, glaube ich, die UNESCO vergessen zu erwähnen, als ich es vorgestellt habe, als ich dich vorgestellt habe, aber in diesem Kontext gibt es einen Begriff, der auftaucht, der Futures Literacy heißt, auf Englisch. Und Johannes und ich haben ziemlich viel fantasiert über diesen Begriff. Johannes, magst du mal ganz kurz sagen, was uns da beschäftigt hat an dieser Terminologie?
[Johannes Starke]
Tatsächlich erst mal die Übersetzung. Also ich maße mir nicht an, die potenzielle Vielfalt von Literacy, was ich nicht mal oder kaum aussprechen kann, zu beschreiben. Aber im Deutschen steckt natürlich in Bildung unglaublich viel drin.
Und wir haben überlegt, ist diese Übersetzung, Futures Literacy, auf zukünftige Bildung vielleicht sogar eine bessere? Also für mich ist sie, birgt sie unglaublich viele Möglichkeiten. Bildung, natürlich im klassischen Bildungsbegriff, die Möglichkeit, sich die Welt zu erschließen, in der Welt gestaltend tätig zu sein, aber auch ganz handfest Bildung, etwas aufbauen, etwas bilden, aktiv werden.
Und ich meine, ich kenne natürlich deinen Ansatz jetzt ein bisschen, deswegen interpretiere ich da wahrscheinlich auch so viel rein oder sehe ich da in diesem Begriff schon viel drin. Aber für mich birgt er großes emanzipatorisches Potenzial, vielleicht auch schon.
[Claudia Schütze]
Stefan, magst du was dazu sagen?
[Stefan Bergheim]
Ja, ach, das freut mich so. Gerade dieses emanzipatorische Potenzial, das behaupte ich mal, ist uns allen im globalen und auch im deutschen Netzwerk wahnsinnig, wahnsinnig wichtig. Und wir haben natürlich diese Begriffsdiskussion, die führen wir im deutschen Sprachraum natürlich auch seit vielen Jahren und haben da auch mal natürlich in den Duden reingeschaut.
Was steht denn da zum Thema Bildung? Und da ist eben auch von Bild und Gestalt und Schöpfung die Rede. Oder auf Wikipedia, die sagen, dass das Althochdeutsch was mit Vorstellung und Vorstellungskraft zu tun hat.
Und da ist natürlich genau die Beziehung zu dem, was ich eben gesagt hatte. Da entsteht Zukunft oder Zukunfte in unserer Vorstellungskraft. Der Begriff, also Bildung finde ich einfach einen fantastischen Begriff.
Der funktioniert halt im Englischen nicht. Das geht andersrum. Also wir sind da auch im globalen Netzwerk im Kontakt, auch mit den französisch Sprechenden.
Gibt es nicht im Englischen. Das funktioniert dort wiederum nicht. Deshalb haben wir uns im Deutschen für den Begriff aktuell, ändert sich vielleicht auch nochmal, Zukunfte Bildung als Übersetzung für Futures Literacy entschieden, der wiederum sehr stark ja die letzten zehn Jahre von der UNESCO als Bildungsorganisation promotet wird.
Und da ist halt das Thema Literacy ganz großes im Englischen. Da passt das wunderbar zu deren Arbeit dazu. Aber das ist alles so flexibel.
Im Moment nutzen auch die UNESCO-Leute und das globale Netzwerk eher die Literacies, sogar im Plural, die Kompetenzen. Aber das geht dann wieder im Deutschen nicht. Bildungen, das haut dann da wieder nicht weg.
Also ja, das ist alles ein Vortasten, sowohl in den Begrifflichkeiten als auch in der Umsetzung. Mit wem macht man das? Wie weit geht man da rein?
Das ist der Kollege Real Miller, der das in der UNESCO vorangetragen hat. Der sagt im Englischen als Only the Beginning. Wir fangen erst damit an und er macht das seit 40 Jahren.
[Johannes Starke]
Wo wir gerade bei Begrifflichkeiten sind. Ein anderer Begriff, der uns jetzt, glaube ich, allen Teilen begegnet, ist Future Skills. Wo sind da potenzielle Gemeinsamkeiten oder Unterschiede?
[Stefan Bergheim]
In meiner ziemlich subjektiven Wahrnehmung ist der Unterschied, dass Future Skills sind einfach die Fähigkeiten, die ein Mensch in Zukunft vielleicht haben sollte. Also mit Computern umzugehen und mit anderen Menschen umzugehen. Also diese verschiedenen Skills oder Kompetenzen.
Und Futures Literacy ist möglicherweise eine spezielle Kompetenz darin, mit Zukunft umzugehen. Also nicht nur mit Wörtern gut umzugehen und mit Technik gut umzugehen und mit Menschen gut umzugehen und was noch alles möglich ist, sondern eben auch mit den Zukunften gut umzugehen.
[Johannes Starke]
Interessant. Ich hätte das jetzt spontan eher umgekehrt gedacht. Ich hätte gedacht, Futures Literacy baut die großen Ideen, in denen wir uns bewegen könnten in Zukunften.
Und die Future Skills sind dann das konkrete Handwerkszeug, in dem wir uns in diesen potenziellen Zukunften bewegen.
[Stefan Bergheim]
Aber vielleicht sollte man doch kurz definieren, was meinen wir eigentlich mit Futures Literacy?
[Claudia Schütze]
Unbedingt, Stefan. Das wäre tatsächlich auch meine Einladung an dich gewesen, weil tatsächlich eben mir ja auch aufgefallen ist, weil ich eben eher in der deutschen Begrifflichkeit in der Vorbereitung unterwegs war und mich gefragt habe, ist es eben das, dass ich eine gewisse Fähigkeit erwerbe, mich mit Zukunft auseinandersetzen zu können in einem adäquat passenden Weg für die Welt der Zukunft? Oder ist es eben, dass ich Zukunft bilden kann?
Auch das kann man ja daraus ableiten beispielsweise. Also insofern ja, bitte unbedingt, mach bitte nochmal eine Begriffsklärung für uns.
[Stefan Bergheim]
Also der zweite Teil ist ja dieser emanzipatorische Aspekt, den Johannes auch schon aufgebracht hatte, der auch ganz, ganz stark mitschwingt. Aber der wichtigere Aspekt ist wirklich das, was du eingangs gesagt hast oder in meiner Kurzfassung lautet die Definition von zukünftige Bildung und Futures Literacy, dass ich die Zukunft für unterschiedliche Zwecke, ist auch angedeutet, also unterschiedliche Gründe nutze ich die Zukunft und ich nutze sie mit unterschiedlichen Methoden. Also ich setze verschiedene Techniken ein, um mit Zukunft umzugehen.
Und im Idealfall passt natürlich die Methode zum Zweck. Warum will ich das machen und wann nutze ich dann eine Expertenprognose zum Beispiel und wann nutze ich eine Großgruppenmethode? Da geht es dann schon los mit den Unterschieden.
Wie lange gucke ich nach vorne? Wie stark mache ich eine Prognose? Wann setze ich eine Visionsmethode ein und, und, und.
Also da gibt es ein riesengroßes Spektrum von Methoden und ein riesengroßes Spektrum von Gründen, warum ich die Zukunft nutze. Und ich setze mal gleich ein, wo dieses Spektrum losgeht. Das geht ja schon ganz einfach los, wenn ich morgens möglicherweise in meine Wetter-App reinschaue und gucke, soll es regnen?
Ziehe ich eine Regenjacke an, wenn ich rausgehe, nehme ich ein Regenschirm mit? Ja, nein. Das sind ganz wichtige, ganz grundsätzliche Beschäftigungen mit Zukunft.
Oder wenn ich dann über eine Straße gehe und mich rechts und links umgucke, kommt da was, was möglicherweise zur gleichen Zeit an dem Punkt ist, wo ich vorhabe zu sein, dann sollte ich mir nochmal überlegen, ob ich jetzt über diese Straße gehe. Das sind alles Beschäftigungen mit Zukunft, die völlig automatisch sind. Dann gibt es natürlich viel größere.
Dann mache ich Pläne für meine Firma, für meine Organisation oder Urlaubspläne. Das ist alles, alles ist Beschäftigung mit Zukunft. Manches unbewusst, manches bewusst, manches strukturiert.
Und da versuchen wir einfach ein bisschen mehr Struktur reinzugeben und das Spektrum von Gründen aufzuzeigen, warum man mit Zukunft arbeiten kann und das Spektrum von Methoden aufzuzeigen, wie man damit arbeiten kann.
[Johannes Starke]
Interessant. Du hast jetzt den Wetterbericht erwähnt, an dem wir uns orientieren, ob wir eine Jacke anziehen wollen oder nicht. Das finde ich ganz spannend, weil um das Wetter vorhersagen zu können, da kann ich ja meteorologisches Fachwissen mit reinbringen.
Ich kann Quellen studieren und dann habe ich eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass das so eintritt, wie es ist. Und es gibt ja auch viele Menschen, Forscher, Wissenschaftler, die sich mit, sag ich mal, Zukunft im Singular beschäftigen. Die behaupten, wir gehen hier mit wissenschaftlichen Methoden dran und es wird so sein.
Wir werden dann und dann bestimmte Technologien haben, um auch gesellschaftliche Probleme angehen zu können. Auch so ein bisschen diese Projektion in fünf Jahren. Lass es sechs sein oder lass es vier sein, aber zu dem Zeitpunkt X wird das und das sein und dann ist die Welt gut oder jetzt wird spitz ausgedrückt.
Was unterscheidet dein Ansatz davon? Also ich glaube jetzt, dein Ansatz ist anders.
[Stefan Bergheim]
Ich behaupte mal, dass der zukünftige Bildungsansatz einfach breiter ist. Der lässt das natürlich auch zu, was du genannt hast. Es gibt, wir hatten bei der Wetterprognose angefangen, aber es gibt auch technische Prognosen wie ein Gesetz zur Rechenleistungsfähigkeit von Computern.
Ja, was soll ich damit rumstreiten? Das ist halt einfach seit Jahrzehnten so und dann gehe ich einfach mal davon aus, dass das auch weiter so sein wird. Und in den meisten Ländern haben wir einen ziemlich klaren Anstieg der Lebenserwartung, zumindest vor Corona gehabt.
Da gehe ich einfach mal davon aus, dass das weiter so bleiben wird. So, das ist alles akzeptabel, alles in Ordnung. Für mich die entscheidende Frage ist natürlich, was mache ich denn dann damit?
Was mache ich mit diesen Rechenleistungen? Wie setze ich die ein? Und wenn ich dann eben eine Kausalkette sehe, wie man sagt, ja, die wird für Gutes eingesetzt, dann sage ich, ja, fände ich auch schön, wenn dem so wäre.
Aber wie sicher sind wir uns denn, dass dem tatsächlich so ist? Oder mit der Demografie. Ja, wir sind uns ziemlich sicher, dass die Lebenserwartung steigt.
Ja, aber was machen wir denn mit unseren zusätzlichen Lebensjahren? Wie gehen wir damit um? Das ist völlig offen.
Das ist natürlich im Fünf-Jahres-Horizont nicht so stark zu beeinflussen. Aber gut, auch da gibt es deutliche Veränderungen möglicherweise. Aber längerfristig sind das einfach die Themen, mit denen wir uns beschäftigen sollten.
Und da komme ich dann wieder mit Großgruppenmethoden, Dialog, Öffnen, möglichst viele Teilnehmer dazu einzuladen. Was machen wir denn mit unseren technischen Fähigkeiten, mit unseren Kompetenzen an zusätzlicher Bildung und, und, und? Wofür wollen wir die denn nutzen?
Und dann sind wir wieder bei den wünschenswerten Zukunften.
[Claudia Schütze]
Okay, es bringt mich noch zu einem Gedanken, Stefan. Danke, dass du das jetzt noch mal so dargestellt hast für uns. Jetzt weißt du ja, wir sind Menschen in, Johannes und ich und in unserer Organisation, in der wir arbeiten, wo wir uns mit Bildung beschäftigen.
Also, wir über Bildung in Organisationen reden. Also hat das ja irgendwie was damit zu tun? Ich habe jetzt schon verstanden, es geht schon irgendwie auch um das Erwerben einer Fähigkeit, um Erwerben von Kompetenz.
Also fragen wir uns natürlich auch so ein bisschen, was kann man denn tun, um diese, nennen wir es jetzt mal Kompetenz, auch wenn es vielleicht nicht ganz der richtige Begriff dafür ist. Aber was kann man tun, um die zu erwerben?
[Stefan Bergheim]
Ich würde gerne einen Schritt vorher einsetzen und nachfragen, warum will man das überhaupt haben, diese Kompetenz? Wozu das Ganze denn überhaupt? Warum möchte ich eine höhere Kompetenz haben, mit Zukunft umzugehen?
Auch da gibt es, wie gesagt, ganz viele verschiedene Gründe. Die einen wollen einfach bessere Prognosen machen, die wollen besser vorbereitet sein, besser planen können. Dazu kann auch gehören, dass sie ein breiteres Spektrum von möglichen Zukunften einfach mal diskutiert haben, miteinander im Gespräch waren.
Wir haben es ja jetzt letztes Jahr gesehen, alle sind davon ausgegangen, dass Gasversorgung aus Russland sicher ist und kaum jemand hat darüber diskutiert, wenn da mal was schiefgehen könnte. So unerfreulich das wäre und so unwahrscheinlich wir das damals vielleicht gesehen haben. Aber dieses Was-wäre-wenn, das einfach mal zu diskutieren, also mehr Zukunft aufzumachen und darüber ein breiteres Spektrum von Hintergründen zu haben, das kann eben über dieses Planen hinausgehen.
Wir haben auch Leute, die sagen, wir wollen einfach was ganz Neues haben. Wir sind so wieder die eingetretenen Pfade, wir machen immer das Gleiche und wir reden immer das Gleiche und mit den gleichen Leuten und wir brauchen Innovation, was immer genau das dann sein möchte und ob die Organisation wirklich in der Lage ist, Innovationen einzusetzen, sind wir dahingestellt. Aber das ist ein ganz großer Beweggrund, sich mit verschiedenen, mit einer großen Vielfalt von Zukunften zu beschäftigen, weil man darüber auf neue Ideen für die Gegenwart kommt.
Wir machen ja immer Nutzung der Zukunft, immer mit Ziel Gegenwart. In der Gegenwart irgendwas anderes zu sehen, was anderes wahrzunehmen, was anderes zu tun, da wollen wir alle hin. Das wäre so ein Spektrum von möglichen Gründen, warum möchte ich diese Zukunftskompetenz anheben in meiner Organisation oder auch für mich als Individuum?
[Johannes Starke]
Den Punkt Innovation finde ich tatsächlich einen ganz, ganz spannenden, weil das ist ja auch ein Treiber, aus dem ich mich schon lange mit ähnlichen Gedanken auch im beruflichen Kontext beschäftige. Wie wollen wir unser Lernen im Unternehmen neu aufstellen? Wir wollen eine neue Academy bauen, wir brauchen neue Lernformate, wir wollen informelles Lernen fördern, aber wie machen wir das denn mit unseren Strukturen, die wir haben?
Und da biete ich oft mit meinen KundInnen LEGO Serious Play Workshops an, wo wir dann wirklich konkrete Modelle bauen von zukünftigen Arten des Lernens. Ich habe da bisher ganz bewusst immer in Drei-Jahres-Horizonten gearbeitet, weil ich oft das Gefühl hätte, alles andere darüber hinaus ist reine Glaskugelgucken. Und erst durch die Beschäftigung mit deinem Ansatz oder mit eurem Ansatz habe ich gemerkt, da steckt so viel Möglichkeit drin, wenn man bewusst dann mal weiter in die Zukunft guckt, als diese sehr, sehr kurzen Zeithorizont, der so stark geprägt ist von den aktuellen Strukturenbeschränkungen, die wir haben, dass dann ganz oft kommt, ja, das ist ja reine Spekulation im negativen Sinne gesehen oder das geht doch bei uns sowieso nicht. Und wir uns dann ganz, ganz schnell auf den Antrieb, die Wünsche, die Hoffnungen, die wir haben, die Möglichkeiten, wie etwas anders und besser werden könnten, gleich ausblenden.
[Stefan Bergheim]
Ja, also dieser relativ kurze, jetzt in unserer Wahrnehmung, kurze Zeithorizont von drei Jahren, das ist vielleicht eher so ein Planungshorizont, dass man, also die meisten Projekte, die längerfristigen Projekte, die ich mache, die brauchen so zwei Jahre, die haben ein halbes Jahr Vorlauf, dann ein, zwei Jahre Umsetzung und dann steht da was. Also das ist ein klassischer, in meiner Wahrnehmung, klassischer Planungshorizont. In unserer Zukunft der Arbeit gehen wir, wie du angedeutet hast, üblicherweise im Zeithorizont deutlich weiter hinaus, über den üblichen Horizont hinaus, also dann eher das Jahr 2040, also eher 15, 20 Jahre nach vorne gucken.
Natürlich nicht mit dem Anspruch, dass wir es genau wissen wollen, wie es dann dort sein wird, überhaupt nicht, sondern wir wollen eben in diese Kreativität hinein einladen, in diese Offenheit auch mal was anderes zu denken und stellen immer wieder fest, dass wir dadurch auch, weil Zukunft ja auch nicht existiert, wir wissen das nicht, was richtig oder falsch sein wird und dadurch kommt auch in die meisten Gruppen eine zusätzliche Entspannung auch rein, dass man sich eben nicht überstreitet über die Ressourcen fürs nächste Jahr und wer darf jetzt was machen, sondern wir laden dazu ein, dass ganz frei, ganz offen über das sehr viel später nachgedacht wird und kommen dann erst später zurück in die Gegenwart und sagen dann, okay, was bedeutet das, was wir jetzt alles aufgemacht haben, was wir alles gesehen haben, was wir uns alles kreativ ausgedacht haben, was bedeutet das für die Gegenwart? Das kommt aber viel später.
[Claudia Schütze]
Stefan, ich würde mal gern zwei Schleifen oder zwei Punkte aufgreifen, die du bisher schon gesagt hast. Also da gab es einerseits die Idee, dass es verschiedene Methoden gibt für verschiedene Ansätze oder aus verschiedenen Gründen werde ich mich mit verschiedenen Methoden dieser Zukunft, die Idee nähern, das war so der eine Gedanke und dann hast du jetzt schon gerade über sehr viel gesprochen, was diese Methode kennzeichnet, also was du eben sagst, dass zum Beispiel dieser große Zeithorizont, diese Freiheit, die entsteht in dem Beschäftigen damit, die Kreativität, die entstehen kann, alles das sind Dinge, über die ich sehr, sehr, sehr, sehr gerne mit dir sowieso sprechen wollte. Jetzt hast du dich schon ein bisschen aufs Trapez gebracht und vielleicht noch mal meine Frage, du hast gesagt, es gibt viele Methoden, mit denen man sich der Zukunft nähern kann.
Magst du vielleicht für unsere ZuhörerInnen einfach mal ein paar wenige nennen, vielleicht ganz kurz sagen, was ist ein Einsatzgebiet dafür und ich weiß, glaube ich, dass es eine gibt, die du sehr häufig anwendest und da könnten wir dann ja vielleicht noch tiefer eintauchen.
[Stefan Bergheim]
Ja, sehr, sehr, sehr gerne. Also das Methodenspektrum ist in der Tat riesengroß und wie ich gesagt habe, es hängt eben, was ich einsetze, hängt davon ab, wozu will ich das denn einsetzen, was will ich denn machen und dazu gehört auch, mit wem will ich das dann machen, um wen geht es denn hier, wer sind denn die Akteure, die im Raum sind, die schon da sind oder die reingeholt werden müssten. Braucht es, vielleicht braucht es die auch gar nicht.
Also ich gehe noch mal zu den Prognosen zurück. Manchmal brauche ich halt datenbasiert Wissenschaftler, die in großen Computermodellen einfach eine Prognose machen für die deutsche Altersstruktur oder für die Zahl der Sechsjährigen, damit ich die Schulplanung besser machen kann für die Grundschulen. Das ist eine völlig legitime Zukunftsmethode, die uns auch das Leben erleichtern soll.
Anderswo geht es vielleicht darum, dass ich in einer Organisation, vielleicht auch in einem Land, in einer Region möglicherweise mich darauf verständige oder mindestens mal ins Gespräch komme, möglicherweise mich auch darauf verständige, wo wollen wir denn alle gemeinsam gerne hin. Und dann empfehle ich einen Visionsprozess. Dann hole ich viele Leute rein und wir reden wirklich mal nur über wünschenswerte Zukunft und blenden alles andere aus, was noch alles passieren könnte.
Und diese ganze Vielfalt haben wir schon genug, weil jeder möglicherweise unterschiedliche Vorstellungen der wünschenswerten Zukunft hat. Das ist schon schwer genug, das alles zusammen zu bringen. Und dann konzentriere ich mich nur auf so einen Visionsprozess möglicherweise.
Dann gibt es Möglichkeiten, dass ich in einem sehr kontroversen Kontext unterwegs bin, wo es viel Streitereien gibt, wo es ganz viele unterschiedliche Perspektiven darauf gibt, unterschiedliche Präferenzen, vielleicht auch Macht ein großes Thema ist. Dann brauche ich natürlich primär jemanden, der erstmal einlädt zu den meisten von diesen Methoden, auch zu einem Visionsprozess brauche ich irgendeine Organisation oder eine Person, die sagt, ja, wir machen das. Und in so einem Fall von sehr kontroversen Situationen mit vielen verschiedenen Anspruchsgruppen hat sich für mich als sehr, sehr gute Methode die Zukunftssuche herausgestellt, Englisch future search, wo man dann in unterschiedlichen Konstellationen durch Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft durchgeht und dann den kleinsten gemeinsamen Nenner auch herausarbeitet, dass man den anderen auch nochmal besser kennenlernt auf dem Weg. Also das ist auch eine Methode, die ich sehr gerne mag, wo allerdings die Einsatzmöglichkeit leider ein bisschen überschaubar ist, weil es dann so wenig Gastgebende gibt. Das ist für mich in all diesen Methoden die größte Hürde.
Alle sehen das im bilateralen Gespräch, sagen alle, ja, ja, wir müssten eigentlich mal und das kann so nicht weitergehen und wir müssten mal, also gerade im Bildungsbereich, wir müssten mal die verschiedenen Akteure zusammenbringen und mal neu darüber reden und, und, und. Ja, aber wer lädt dazu ein? Wer traut sich?
Schwer. Also das, sage ich mal, das sind so drei von den, von den Methoden, um mal auch das Spektrum aufzumachen, wie man unterschiedlich vorgehen kann und was es für unterschiedliche Bedarfe, unterschiedliche Gruppen gibt und dann andere unterschiedliche Methoden einsetzt.
[Claudia Schütze]
Okay. Stefan, wir haben dich kennenlernen dürfen, Johannes und ich, in einem, in einer Lernsession, die wir bei uns regelmäßig veranstalten, die wir Ende letzten Jahres gehabt haben und wo du uns an die Hand genommen hast, um noch ein weiteres Format, über das du eben noch gar nicht gesprochen hast. Wir haben ein Zukunftslabor in so mini, mini Steps erleben dürfen und ich glaube verstandsamt, dass wir auch nur einen Teil davon gemacht haben, des Gesamtdurchlaufes, aber ich fand das so spannend, was wir da mit dir erleben dürften.
Und natürlich haben wir als Bildungsanbieter oder Begleiter in dem Bereich Bildung natürlich gucken wollen auf Lernen in Unternehmen. Wir haben das eben als Format mit dir erleben dürfen so und meine Begeisterung ist groß und ich würde so gerne, dass du unseren ZuhörerInnen dazu vielleicht auch noch mal ein paar Details mitgibst. Was sind diese zukünftige Labore, von denen ich glaube, dass du die recht häufig veranstaltest, richtig?
[Stefan Bergheim]
So ist das. Das ist meine Lieblingsmethode, weil sie besonders flexibel ist und für ganz unterschiedliche Kontexte, Gruppen, Themen, Bedarfe funktionieren kann, auch in ganz unterschiedlichen Längen. Wie angedeutet bei euch war das eine sehr, sehr kurze Session.
Da ging es wirklich nur darum, mal ein Gespür dafür zu bekommen, wie sowas aussehen könnte. Da ging es darum, überhaupt mal zu sehen, so was gibt es auch da draußen. Dieser Kompetenzaufbau, das war ja Teil des Ziels in dem Mini-Zukunfts-Labor mit euch, zu sehen, aha, wir unterscheiden zum Beispiel zwischen wahrscheinlichen und wünschenswerten Zukunften und das ist gar nicht so einfach.
Das ist schon mal ein Einblick, den wir immer wieder haben und der glaube ich auch da sichtbar wurde, der auch hilfreich ist als Teil dieses Kompetenzaufbaus. So und was wir eben gemacht haben, ist dieses Zukunfts-Labor. Wie gesagt, auch dort, jedes Labor ist anders.
Jedes Labor hat ein anderes Thema, hat eine andere Zielgruppe, hat eine andere Intention. Warum wollen wir das denn machen? Warum kommen wir hier eigentlich zusammen?
Hatte ich auch schon grob angedeutet. Dann fängt man auch unterschiedlich an. Gibt es ein Kennenlernen am Anfang zum Reinkommen, zum Warmwerden.
Da hatte ich bei euch nachgefragt, gibt es da schon Erfahrungen mit Zukunften und da kommen dann eben auch so Sachen wie Lego Series Play auch natürlich rein und unterschiedliche Horizonte und das kommt rein. Also das passiert eigentlich immer am Anfang, je nachdem, ob sich die Leute kennen oder kennenlernen sollen. Mal ist es auch ein stärkeres Teambuilding.
Also das ist so eine Eingangsphase und dann legen wir die Basis für alles, was später kommt, also die verschiedenen Phasen. Wir nutzen meistens vier Phasen, die bauen wirklich aufeinander auf und ich kann nicht hinten raus mit einer alternativen Zukunft gleich starten, ohne am Anfang die Basis gelegt zu haben, indem ich Teilnehmer einlade, sich mal bewusst zu machen, was erwarten sie denn von der Zukunft des Themas. Ein Thema, könntet ihr bei euch was lernen im Unternehmen.
Anderswo ist es Zukunft von Arbeit oder Zukunft von Demokratie oder Gesundheit oder sowas. Also zunächst mal im ersten Schritt zu überlegen, was erwarte ich denn, wo bin ich mir relativ sicher. Also da sind wir bei dieser Trendthematik, die wir schon andiskutiert hatten.
Wo gibt es wissenschaftliche Evidenz, dass dem so sein wird oder wo bin ich mir einfach, habe ich irgendeine Überzeugung, dass das so sein wird. Das ist der erste Teil von dieser ersten Phase und dann laden wir, was wir auch schon besprochen hatten, ein zum Thema, wie wünsche ich mir denn, wie es sein soll. Da sehen wir dann ganz oft, dass in den wahrscheinlichen Zukunften ganz zu Beginn auch schon ganz viel Wünsche drin verpackt werden, wo quasi der Wunsch der Vater, das Gedanken der Erwartung ist.
Allein das sichtbar zu machen, aha, eigentlich weiß ich gar nicht, ob dem wirklich so sein wird. Ich wünsche es mir. Wunderbar, dass man sich was wünscht, alles gut.
Aber wie sicher bin ich mir, dass das tatsächlich so sein wird. Also das wird wirklich am Anfang alles sichtbar gemacht, alles rausgeholt und üblicherweise gehen wir so vor, dass wir die Teilnehmer erst mal einzeln einladen, sich Gedanken zu machen. Was wünschst du dir als einzelne Person?
Dann wird das üblicherweise je nach Zeit und Format in kleinen Gruppen diskutiert. Aha, jetzt erzählen wir uns gegenseitig von unseren Erwartungen und dann später von unseren Wünschen und dann wird die Essenz daraus im großen Plenum auch nochmal präsentiert. Also das ist dann eine riesengroße Menge an Perspektiven, an Erwartungen und Wünschen, die sichtbar gemacht wird.
Und dann gehen wir üblicherweise noch einen Schritt weiter und sagen, ja wunderbar, dass ihr jetzt eure Bilder von Zukunft, die Imaginationsfähigkeit, diese Vorstellungskraft, was wir diskutiert hatten, das sind eure Vorstellungen. Und dann nehmen wir so ein bisschen die Luft raus und sagen, ja das ist aber auch die Box, in der ihr denkt. Das ist die ausgetretenen Pfade, auf denen ihr unterwegs seid.
Alles wunderbar, alles wahnsinnig wichtig, das sichtbar zu machen. Und dann fragen wir, ja wo kommt denn diese Box her? Wie wurde die denn gebaut, diese Box?
In der wissenschaftlichen Terminologie sind das denn die Annahmen, auf denen unsere Modelle basieren, mit denen wir uns Zukunft bauen, Zukunft konstruieren. Also diese Annahmen, die gehen wir dann meistens nochmal explizit an und sagen, was steckt denn da möglicherweise dahinter? Und dann kann man fragen, wo kommt das denn her, diese Annahme aus?
Weil irgendein Lehrer mal in der Grundschule irgendwas gesagt hat. Oder weil ich eine Science-Fiction-Serie geschaut habe. Oder in der Zeit, ich lese halt diese Zeitung, jemand anderes liest jene Zeitung.
Also diese Quellen, diese Annahmen. Und allein darüber zu reden, das ist schon so wichtig und so großartig und passiert so selten, dass ich allein da diese erste Phase schon für wahnsinnig wichtig und relevant erachte. Also das war jetzt alles nur erste Phase.
[Claudia Schütze]
Das ist alles die erste Phase gewesen, die wir gemacht haben, die in deinem Modell tatsächlich Aufdecken heißt. Einfach um das nochmal mit einem Namen zu versehen sozusagen. All das durften wir erleben und ich fand, Janis, du kannst auch vielleicht aus deiner Gruppenarbeit oder zumindest aus der Arbeit damit ja auch nochmal vielleicht sagen, wie es dir ergangen ist.
Aber ich fand es unglaublich interessant zu sehen, wie unterschiedlich teilweise die Dinge sind, die von den Menschen dann in den Kleingruppen geäußert worden sind. Aber teilweise auch, wie ähnlich die Dinge waren, die geäußert worden sind. Und das war für mich tatsächlich eine sehr interessante Beobachtung.
Janis, wie ging es dir mit dieser ersten Phase?
[Johannes Starke]
Ich fand es zunächst erstmal ganz grandios, wie schnell da viel an Ideen zusammengetragen worden sind. Das ist ja generell ein schönes Bild, wenn viele Post-its in kurzer Zeit entstehen und dort die Menschen dann auch anfangen, schon direkt Cluster zu bilden. Also diese Muster sich an anderen orientieren.
Ach ja, da auch noch was beisteuern können und so. Das war ein sehr, sehr schönes und auch kreatives Bild. Tatsächlich, als ich mir die Ergebnisse über diese erste Annahmenphase, dieses gemeinsame Sammeln nochmal angeschaut habe, ist mir aufgefallen, wir haben Ideen, die ganz, ganz weit in ferne Zukunft reichen.
Wir haben aber auch sehr, und das ist wahrscheinlich durch Annahmen geprägt, sehr Dinge, die im konkreten Arbeitskontext wahrscheinlich entstanden sind. Also Probleme, Frustrationen oder auch Wünsche, die Menschen gerade jetzt in ihrem aktuellen Tun haben und jetzt einfach mal die Möglichkeit haben, das rauszulassen. Also wir haben Dinge, die in den nächsten fünf Minuten hätten entstehen können.
Und wir hatten Dinge, die wahrscheinlich auch technologisch bedingt erst eher so Science-Fiction geprägt in 30 Jahren entstehen könnten. Genau. Und aber wirklich auch schon ganz, ganz handfeste Ideen, die man jetzt umsetzen kann.
Ich habe hier mir ein paar Dinge, gucke ich mir gerade an, auf dem Board. Offene Lernzirkel als Rekrutierungstool, also aus der Situation heraus, dass Fachkräftemangel ja aktuell ein großes Thema ist und als Treiber für lebenslanges, krossdisziplinäres Lernen und so weiter dient. Also das sind solche Dinge, die aus dem Hier und Jetzt, glaube ich, entspringen.
Dann wurde natürlich, interessanterweise hatten wir unsere Session kurz vor dem großen Künstlich-Intelligenz-Hype, der Ende des Jahres losgebrochen ist. Wurde aber dennoch ganz oft genannt, Künstlich-Intelligenz als Lernassistent, bis hin zu ja schon transhumanistisch anmutenden Ideen von Wissen kommt mit Chip im Kopf und umgekehrt und technologisch geförderte Wissenstransfer. Also wirklich Dinge, die eher in Science-Fiction-Erzählungen heute noch zu finden sind.
[Claudia Schütze]
Okay. Stefan, diese Bandbreite, kommt dir das bekannt vor, was den Arbeiten mit anderen Gruppen?
[Stefan Bergheim]
Ja, total. Vielleicht zwei Beobachtungen dazu, um das nochmal auf den Punkt zu bringen. Das eine ist, natürlich können wir uns nicht lösen von der Gegenwart.
Die Gegenwart ist das, wo wir Dinge wahrnehmen, was wir sehen, was wir hören und die beeinflusst natürlich unsere Vorstellung von Zukunft. Das ist völlig, völlig normal und das gehört auch zum Teil dazu, zu solchen Veranstaltungen, dass man sich dessen bewusst wird, wie eng, was ich gesagt habe, diese ausgetretenen Pfade und die Box. Ich denke halt so, wie ich heute denke.
Nochmal das Beispiel Russland und Gas, das ist die letzten 50 Jahre gut gegangen, warum soll das jetzt nicht mehr gut gehen? Das erstmal sichtbar zu machen, dass ich davon ausgehe, dass es auch in den nächsten 20 Jahren Gas aus Russland geben wird, das ist mal wahnsinnig wichtig. Und das andere, was du angedeutet hast, Claudia, eben diese Vielfalt zu sehen zwischen den Teilnehmenden.
Und da sind wir bei einem anderen Grund, warum man solche Veranstaltungen machen kann, gerade im Unternehmenskontext, sich einfach viel besser kennenlernen darüber. Ach, gucke mal, die Claudia, die sieht das genauso wie der Johannes oder die hat eine ganz unterschiedliche Vorstellung als der Johannes. Können wir sie mal ins Gespräch dazu bringen oder können wir mit weiterarbeiten?
Und das ist mein Erleben, ein sehr subjektives, dass die meisten Teilnehmer das wahnsinnig wertschätzen und dass auch das viel zu selten passiert in den Organisationen, dass genau das sichtbar gemacht wird. Dass die Menschen eine Gelegenheit haben, sich mit anderen zu verbinden und ganz oft, auch wenn die ursprüngliche Intention eine ganz andere war, wo es dann um Innovation und was auch immer geht, dann sagen die Teilnehmer am Ende, das Wertvollste hier an der Veranstaltung war das Kennenlernen untereinander. Ach, gucke mal, die aus der IT-Abteilung, das sind ja auch ganz tolle Menschen und die haben auch ganz fantastische Ideen.
Lass uns doch öfters mal miteinander reden zum Beispiel. Also sowas finde ich dann auch ganz tolle Ergebnisse, auch wenn es jetzt hier nicht konkret um zukünftige Bildung geht, sondern eher um Kommunikation, um Dialog und Verständnis. Das spielt da natürlich alles mit rein.
[Claudia Schütze]
Ja, und es ist uns ein Herzensthema, Johannes. Also tatsächlich ja in allem, was wir tun, dieses sich kennenlernen und dieses miteinander übergreifend über Abteilungsgrenzen in den Austausch zu gehen.
[Johannes Starke]
Wir haben jetzt ja, ich habe eben erst über die erste Phase gesprochen, wo noch jeder jede mehr oder weniger für sich gesammelt hat. Aber genau, was du eben schon angedeutet hast oder was wir eben schon angedeutet haben, die richtige Kraft kam dann, als es dann in die Gruppenarbeiten ging, meines Erachtens. Vielleicht fahren wir mal mit dieser Phase dann fort.
[Claudia Schütze]
Genau.
[Stefan Bergheim]
Ich sage mal, was dann passiert. Also jetzt haben wir die ausgetretenen Phase sichtbar gemacht, haben die Box sichtbar gemacht, indem wir denken, haben vielleicht auch die Boxen der anderen gesehen, unsere Kolleginnen und Kollegen sehen, aha, deine Box steht da, haben die auch möglicherweise auch wertgeschätzt. Okay, ich sehe, ich erkenne, deine Box sieht anders aus als meine Box.
Interessant, bereichernd, spannend. Und dann kommen wir eben wirklich in die zweite Phase und das ist in meiner Meinung auch etwas Einzigartiges in dieser Methode der Zukunft der Labore, dass wir dann die Teilnehmer einladen, mal ganz andere Zukunften zu entwickeln oder sich in ganz anderen Zukunften zu tummeln, die wir vielleicht mitgebracht haben und die auszugestalten mit Detail.
[Claudia Schütze]
Wie machst du das, Stefan? Weil das klingt für mich jetzt erstmal schon durchaus wie eine Herausforderung, weil wir denken das, was wir immer gedacht haben und wir beschäftigen uns mit den Gedanken, die wir vorher eben auch schon hatten. Und für mich klingt es jetzt durchaus nach einer Herausforderung, da jetzt was anderes anzuschließen.
[Stefan Bergheim]
Das ist in der Tat eine Herausforderung sowohl für uns als Designer und Moderierenden von solchen Veranstaltungen als auch für die Teilnehmenden. Wir nutzen gerne so eine S-Lernkurve, um darzustellen, wie so ein Labor funktioniert und der Anfangsphase oder auch eine Bergsteiger-Metapher. Die Anfangsphase ist eher so flach auf dem Land.
Man tastet sich so langsam ran. Das ist Phase 1 mit den wahrscheinlich wünschenswerten, breit ausgetretenen Pfaden, gut asphaltiert und da kommt man gut voran und dann wird es halt steiler und anstrengender. Auch dazu ist es gut, Phase 1 gemacht zu haben, weil dann ist man schon warm gelaufen, hat sich schon vorbereitet, ist in der Zukunftsdenke schon drin, kennt die anderen ein bisschen.
Und dann geht es rein in die, je nachdem, wie steil die Gruppe das verträgt. Das müssen wir auch jeweils individuell uns anschauen. Will man gleich in den Klettersteig gehen oder reicht es schon, wenn der Anstieg einfach steiler ist und wir ins Sitzen kommen?
Vielleicht reicht das ja auch schon. Wir wollen die Leute nicht überfordern. Wir wollen sie nicht unterfordern, auch nicht überfordern.
Und wie machen wir das? Ganz oft machen wir das so, dass wir uns im Vorfeld Gedanken darüber machen, was könnte denn in Phase 1 möglicherweise gesagt werden? Was erwartet diese Gruppe möglicherweise?
Was wünscht sie sich, diese Gruppe? Und dann entwickeln wir in zwei, drei Sätzen eine alternative Zukunft, die einfach anders ist, als das, was wir vermuten, was sie sich vorstellen. Und bei euch habe ich ja dann die Teilnehmer eingeladen, das quasi erst mal selber zu machen, selber auszuprobieren.
Okay, ihr habt jetzt gesehen eure Box, jetzt bewegt euch mal raus von der Box und entwickelt mal eine Zukunft, die auch nicht unbedingt gewünschenswert sein muss, die auch nicht wahrscheinlich sein muss. Bitte diskutiert das nicht. Das hatten wir ja alles.
Das haben wir alles schon sichtbar gemacht. Das wissen wir alles schon. Jetzt diskutiert einfach mal, entwickelt einfach mal in eurer Kreativität eine ganz andere Zukunft.
Und dann ist der Schock erst mal riesengroß. Was sollen wir machen? Das haben wir noch nie gemacht.
Und dann laden wir ein, einfach mal auszuprobieren. Einfach mal, es gibt kein richtig oder falsch. Gerade bei diesen alternativen Zukunften, die kennt keiner.
Da geht es auch nicht darum zu sagen, ja, und so wird das dann kommen. Das wollen wir überhaupt nicht. Macht einfach mal, steckt mal die Köpfe zusammen und entwickelt mal was.
Und dann kommen die schrägsten Dinge möglicherweise raus, die einfach anders sind. Und am Ende von der Phase, zumindest in meiner Wahrnehmung, haben die Leute immer wahnsinnig viel Spaß. Da geht dann ein Feuer von Kreativität los.
Und wenn man dann auch noch vergleicht, quer über die Gruppen, was habt ihr entwickelt, dann ist das Gelächter meistens riesig. Nicht, dass es lächerlich wäre, sondern weil es halt so anders ist. Und man freut sich dran an der Kreativität auch der anderen.
Das ist einfach voll wahnsinnig schön.
[Claudia Schütze]
Ihr habt mich jetzt laut nicken sehen dazu. Und ich glaube, das kann ich nur unterstützen, weil das war sozusagen auch mein Eindruck nach dieser Phase, dass das ein Feuerwerk der Ideen freigesetzt hat. Und quasi, wo wir uns oft ja so wahnsinnig schwer tun, in so Kreativmodus zu kommen.
Also wenn wir so auf Knopfdruck Kreativität produzieren müssen, klar gibt es dafür auch Methoden und Dinge, die man anwenden kann. Aber ich glaube, jeder von uns weiß, wie schwer es tatsächlich ist, auch eben im Projekt-, im Arbeitskontext sowas dann auch wirklich zu finden. Und da fand ich, also was, ich sage es jetzt einfach vielleicht schon mal an der Stelle, was mich so beeindruckt hat, es war, es schien so leicht, in diesen Modus zu kommen.
Und es schien so leicht, miteinander in hochkommer, im positivsten Sinne des Wortes, zu spinnen und etwas zu entwickeln, was überhaupt keinen Anspruch auf richtig, falsch, Daseinsberechtigung, was auch immer hat, sondern was eben einfach abgefeuert worden ist und ja, für Freude an dem Prozess gesorgt hat tatsächlich.
[Johannes Starke]
Ich hatte so ein bisschen den Eindruck, dass bei den beiden Zukunfts-Laboren, die ich ja mit dir miterlebt hatte, Stefan, bei den ersten Zukunft der Demokratie, da war die Übung, da hattet ihr ja ein eher, ich glaube, das konnte man schon dystopisch lesen, dieses Alternativ-Szenario, was ihr uns gegeben hattet. Das lud dazu ein, mit so einer Impro-Theater-Methode aufeinander aufbauend sich gegenseitig die Bälle zuzuwerfen. Das war einfach allein schon durch die Methode und die Kreativität, was sage ich jetzt, aufbauend auf dem, was meine Vorrednerin gesagt hat, ein großer Spaß.
Bei unserer Durchführung, Zukunft des Lernens in Unternehmen, haben sich die Gruppen, glaube ich, ihre Methode eher selbst in den kleinen Gruppen überlegt, wie sie es machen. Und ich habe dann, als ich mir im Nachgang die Ergebnisse durchgelesen habe, gesehen, manche sind tatsächlich so in einen Storytelling-Modus gegangen. Ich glaube, gerade bei deiner Gruppe, Claudia, meine ich, das herausgelesen zu haben, haben eine sehr blumige, sehr anschauliche Sprache entwickelt von Lern-Co-Piloten, die durch die Galaxien des Wissens steuern, die Bäume der Erkenntnis, deren Früchte pflücken und so weiter.
[Claudia Schütze]
Die Lernzeitkapsel, übrigens mein Lieblingswort und was mir wirklich nachklingt tatsächlich aus dieser Geschichte, wie wir es schaffen könnten, im übertragenen Sinne tatsächlich diese Lernzeitkapsel zu finden.
[Johannes Starke]
Manche sind eher in einen dystopischen Modus gegangen und haben von Megakonzernen, die mit staatsähnlichen Strukturen Lerncurricula vorgeben. Ich glaube, da sind viele, viele Sorgen reingegangen, Narrative reingegangen, wie unsere Gesellschaft geprägt wird. Es ging viel um Selbstbestimmung versus Fremdbestimmung.
Was bedeutet Wissen für unsere Gesellschaft? Wissen ist Macht. Wird das vielleicht doch irgendwann wieder ein bestimmendes Thema?
Technologische Entwicklungen wurden verarbeitet in den Erzählungen, die die Gruppen entwickelt haben. Natürlich die Rolle der künstlichen Intelligenz, die Rolle von Mensch-Maschine-Kommunikation. All das war ein Thema.
Lernzeit, Gestaltung von Arbeit generell. Was bedeutet Arbeitszeit? Was bedeutet Lernen für Employability?
Hangeln wir uns zukünftig von Gig zu Gig? Es ist unglaublich, was da für neue Felder aufgemacht wurden, die eigentlich erst mal nichts mit unserer täglichen Beschäftigung mit Corporate Learning zu tun haben, aber eine ganz große Rolle spielen. Absolut.
[Stefan Bergheim]
Ja, und das ist wirklich das Entscheidende, was du jetzt artikuliert hast in Phase 2, dass da andere Aspekte aufkommen als in Phase 1. Dass wirklich das Denken nochmal weiter öffnet. Zusätzliche Perspektiven natürlich immer am Thema bleiben.
Und das hat, glaube ich, auch wunderbar funktioniert. Zusätzliche Elemente, zusätzliche Aspekte aufzumachen und das reinzubringen. Das ist ein ganz wichtiges Element von Phase 2.
Und man kann, wie du auch angedeutet hast, für die zweite Beobachtung, das auch ganz unterschiedlich angehen. Du hast zwei verschiedene Formen schon gesehen. Da gibt es auch noch mindestens vier, fünf, sechs andere, ähnliche in Phase 1.
Man kann auch die wünschenswerten Zukünfte in Phase 1 zeichnen lassen. Man kann sie in Lego Series Play darstellen. Oder auch da gibt es ganz viele Möglichkeiten, das zu machen.
Hängt, wie gesagt, von den Teilnehmenden und von der Zeit und von der Räumlichkeit ab. Also die Variationsmöglichkeit, das nochmal zu dem Zukunfts-Labor, einfach eine Stärke, dass man unterschiedliche Übungen machen kann, unterschiedliche Anleitungen reingeben kann, unterschiedlich lang sich auch mit beschäftigt. Also bei euch, die wahrscheinlichen Zukünfte, da haben wir uns ja nur drei, vier Minuten mit beschäftigt.
Und ich habe die Teilnehmer eingeladen, macht euch einfach einzelne Notizen drauf dazu, zu diesem Thema. Und dann laufen wir weiter. Dann haben wir das mal reflektiert, jeder Einzelne.
Und dann können wir auch weitergehen. Anderswo ist das eine ewig lange Diskussion. Und ja, warum und wie sicher bist du dir und warum haben wir dazu noch nichts gesagt und sowas.
Da kann man auch Stunden mit verbringen. Nur das nochmal, diese Vielfalt an Zugängen. Und das ist eben auch unsere Aufgabe als Moderierende.
Oder im Englischen, auch da wieder eine Schwierigkeit der begrifflichen Übersetzung. Im Englischen sind das Facilitators, also die Erleichterenden oder die Erleichterer. Im Deutschen funktioniert das halt leider auch nicht.
Dann sind wir nur Moderierende. Aber das ist dann so nah an einem Nachrichtensprecher dran. Und das ist genau die Aufgabe, gerade in so einer schwierigen Phase, auch die Teilnehmer, wenn es dann an den Stallen, an den Klettersteig geht, zu sagen, du schaffst das und wir sind bei euch und wir haben das uns so ausgedacht, dass das funktioniert.
Und wenn es irgendwo nicht läuft, sind wir an eurer Seite und unterstützen euch. Das ist genau da die Aufgabe.
[Claudia Schütze]
Die Begleiter vielleicht viel besser als nur der Moderator, glaube ich, wenn es um die deutsche Terminologie geht. Super, Stefan. Wir sind am Klettersteig.
Da wollen wir aber nicht bleiben. Wie geht's weiter?
[Stefan Bergheim]
Genau. Wir wollen natürlich oben, wir wollen was machen damit. Gibt einen Grund.
Da hatten wir auch jetzt schon drüber gesprochen. Gibt einen Grund, warum wir das machen. Und davon hängt dann ab, wie wir nach dieser Phase zwei mit den bisherigen Ergebnissen weiter umgehen.
Geht es möglicherweise darum, einfach neue Ideen zu kreieren, die vielleicht auch erst mal für sich stehen bleiben dürfen? Oder will ich ganz konkrete Projekte entwickeln, die dann auch im nächsten Monat oder im nächsten Jahr von einer Organisation zum Beispiel umgesetzt werden? Davon hängt sehr stark ab, wie wir dann mit Phase drei und vier weitermachen.
Phase drei geht es zunächst mal darum, die verschiedenen Zukunft, also diese große Menge von Vorstellungen, von Bildern von Zukunft, die wir in Phase eins und zwei erarbeitet haben, die mal nebeneinander zu legen, mal abzugleichen. Na gucke mal, in Phase eins haben wir darüber ganz viel gesprochen und in zwei gar nicht. Und in zwei kam das neu raus.
Oder der Unterschied zwischen wahrscheinlich und wünschenswert ist hier besonders groß. Oder da tut sich auch für jeden jede irgendwas Neues auf, eine andere Fragestellung. Und danach suchen wir dann, wo ist deine Aufmerksamkeit?
Was ist da passiert für dich? Und welche Frage ergibt sich daraus? Bin großer Fan von starken, kraftvollen Fragen, weil da eine Energie drin ist, die zu was anleiten kann, was man im Nachgang machen kann.
Das heißt, fast immer laden wir in der Phase dazu ein, Fragen zu formulieren. Ob die dann individuell sind oder in einer großen Gruppe geteilt werden oder oder. Das ist dann nochmal unterschiedlich.
Und dann schauen wir in Phase vier, wo es dann ums Handeln geht. Schauen wir einfach, wie ist die Gruppe? Geht es wirklich darum, was Gemeinsames auf die Beine zu stellen?
Und dann wählen wir nochmal neue Gruppen, Leute, die sich mit ähnlichen Fragen vielleicht beschäftigen wollen, dass wir die zusammenbringen und sagen, okay, fangt mal an, eine Antwort anzudenken oder zumindest einen Pfad, wie ihr zu einer Antwort kommen könnt im Nachgang dieser Veranstaltung. Oder fangt mal ein Produkt an zu kreieren oder oder. Das ist immer, das ist so unterschiedlich.
Jetzt bei euch in der ganz kurzen war da im Prinzip nur die Einladung da. Es gibt eine Frage. Macht was damit.
Irgendwann mal, wenn es für euch passt, schreibt es euch auf, nehmt sie mit, hängt es euch vielleicht über den Schreibtisch, wenn es euch wertvoll ist. Und irgendwann kommt die wieder zurück zu euch, diese Frage und macht was mit euch. Das ist da die ganz niedrigschwellige Idee.
Anderswo ist es viel formaler.
[Claudia Schütze]
Aber wir hatten ja auch wirklich wenig Zeit, Stefan. Das muss man jetzt auch wirklich vielleicht nochmal dazu sagen. Und ich glaube, für die Kürze der Zeit, die wir hatten, nämlich diese anderthalb Stunden, haben wir so viel probieren, tasten, ausprobieren, erspüren, erleben, was auch immer dürfen.
Das ist, glaube ich, eine große Inspiration gewesen von dem, was ich dort erlebt habe und wie ich das erlebt habe. Und tatsächlich auch die Ergebnisse sind eine Inspiration. Und ich glaube, Johannes, du hast tatsächlich jetzt auch mit diesen Ergebnissen ja schon ein bisschen was gemacht oder machen können in der Aufbereitung zumindest.
[Johannes Starke]
Nein, ich bin immer noch ganz am Anfang. Was mir tatsächlich aber aufgefallen ist, dass es wurden ja auch im Nachgang von einzelnen teilgebenden Fragen geteilt. Mir ist zum Beispiel eine, die ein Teilgeber auf LinkedIn veröffentlicht hat, der Roland Ernst.
Werden wir es schaffen, uns sinnvolle Tätigkeiten zu erarbeiten oder erhalten, welche unseren Bedürfnissen als Mensch gerecht werden? Diese zukünftigen Tätigkeiten haben einen großen Einfluss auf das Lernen der Zukunft. Die Frage hat mich tatsächlich sehr erfreut, dass er es geteilt hat, öffentlich und auch sehr beeindruckt, weil ich vermute einfach mal, dass sie tatsächlich inspiriert ist durch das, was er alles erlebt hat während dieses zukünftige Labors.
Und das ist der eine Punkt genau. Und ein weiterer Punkt, was dann tatsächlich auch passiert ist, schon während der Session und auch im Nachgang, ist, dass das Teilgebende angefangen haben, eine gewisse Kuration zu betreiben. Also tatsächlich Fundstücke, die sie entdeckt haben, TED-Talks, Artikel und so weiter, dann an die Ergebnisse der anderen dran zu heften.
Also das, wo sie gemerkt haben, das, was hier als mögliche Zukunft skizziert wurde, da gibt es schon Fragmente in der heutigen Realität.
[Stefan Bergheim]
Ich nutze die Gelegenheit, mal vielleicht auch eine Frage zu beantworten, Claudia, die du eingangs gestellt hattest, die ich aber noch nicht beantwortet hatte. Nämlich, wie lerne ich das denn überhaupt?
[Sprecher 5]
Ja, super.
[Stefan Bergheim]
Ich wäre zurückgekommen. Da hattest du ja gerade gesagt, einfach gemeinsam, das ist der eine Punkt, was Johannes auch gerade gesagt hat, sich gegenseitig zu inspirieren, gemeinsam im Miteinander die unterschiedlichen Perspektiven sichtbar zu machen. Das ist der eine Punkt.
Und dann eben im Erleben, im Machen. Das war eben der Schwerpunkt in eurer sehr kurzen Session, war auf diese ganz speziellen Elemente des Zukunftslabors. Wir haben uns relativ lang eben mit diesen alternativen Zukunften beschäftigt und auch mit den Annahmen haben wir relativ viel gemacht, was eben nicht so üblich ist.
Da haben wir viel Wert drauf gelegt. Anderswo sind es andere Schwerpunkte. Aber überall geht es einfach Machen im Erleben.
Das habe ich ganz oft. Das wird jetzt vielleicht den ein oder anderen Zuhörerinnen jetzt genauso gehen. Sie sagen, das ist alles noch sehr abstrakt hier.
Wenn ich euch jetzt zuhöre oder wenn Leute eben das Buch lesen oder sowas, deshalb immer dieses Selbermachen, Selbererleben. Ob das jetzt die Improvisationsarbeit ist, die Johannes in dem Demokratielabor erlebt hat, ein Gespür dafür zu bekommen, wie das funktionieren kann. Das ist die Einladung, auch immer in meinem Buch, in jedem Kapitel einfach das mal auszuprobieren, einfach mal zu machen.
[Johannes Starke]
Wie du schon gesagt hast, ich glaube, die Vielfalt ist da unglaublich. Ich hatte auch vor einiger Zeit eine Begegnung mit einer Zukunftsforscherin, die tatsächlich künstlerische Artefakte baut. Also als Resultat der Arbeit mit möglichen Zukunften ein künstlerisches Objekt zu schaffen, was dann auf dem Schreibtisch thront und dich immer daran erinnern kann, was alles möglich sein könnte.
Spiele ist auch so ein Thema, was du in deinem Buch ja noch anreißt, wo wir in der Kürze der Zeit wahrscheinlich nicht mehr auf alles eingehen können.
[Claudia Schütze]
Ich glaube, da müssen wir Stefan nur ein zweites Mal einladen, Johannes. Und das, wo ich weiß, dass dir das Spiele-Thema ja eine Herzensangelegenheit ist. Wir hätten damit eher starten müssen, glaube ich, um das in der Gänze zu vertiefen.
Aber wir haben es erwähnt, wenigstens. Und ich glaube, das ist schon mal ein ganz, ganz wichtiger Punkt, um eben zu zeigen, es ist nicht nur die gedankliche Auseinandersetzung damit und das Denken und sich gemeinsam etwas erklären und diskutieren, sondern es kann eben diesen spielerischen und künstlerischen Ansatz eben auch haben. Und Johannes, vielleicht ist das eine ganz gute Überleitung jetzt, nachdem Stefan uns ja diese vier Phasen dieses Zukunftslabors nochmal sehr schön und anschaulich dargestellt hat.
Wollten wir beide ja vielleicht auch zu dritt gerne nochmal darüber nachdenken, gemeinsam, was wir so wertvoll eigentlich an dieser Methode und an diesem Ansatz finden. Wenn ich sage, mich hat das sehr inspiriert, ja, was genau fand ich denn so wertvoll? Dass ich vielleicht auch manches adaptieren würde in andere Arbeiten oder wo ich vielleicht auch einfach nochmal so ein bisschen geschüttelt worden bin und mich erinnert habe an Dinge, die ich natürlich vielleicht schon wusste, die ich früher in bestimmten Kontexten auch schon bewusst angewendet habe und die vielleicht in der letzten Zeit gar nicht mehr so ganz wichtig waren.
Und dafür war es auf jeden Fall definitiv auch gut. Johannes, magst du mal starten? Dann können wir einfach mal ein bisschen brainstormen zusammen.
[Johannes Starke]
Ja, ich glaube, vieles ist schon angeklungen, warum ich persönlich sehr begeistert bin, auch gerade mit Bezug auf meine Arbeit als Learning Designer, als beratender Mensch, der zum Thema Lernen in Organisationen arbeitet. Das Thema gute Fragen, Stefan, das ist ja auch etwas, was dir sehr wichtig ist. Also ich glaube wirklich, dass diese Methode uns hilft, gute Fragen zu formulieren, ein Nichtwissen zuzulassen.
Und ich habe es an einer anderen Stelle mal gelesen, zuzulassen, dass wir aus der Zukunft lernen oder aus Zukunft lernen können, wie wir bisher nur aus Vergangenheit gelernt haben. Das ist ein ganz großartiges Gefühl, was ich entwickelt habe. Dann der Umgang mit Komplexität, also dass unser Drang, Komplexität zu vereinfachen, eigentlich nicht hilfreich ist in vielen Dingen, sondern dass es eher sogar das Gegenteil sein kann, dass wir Komplexität erhöhen sollten, um Dinge, die von außen auf uns einprasseln, also diese unvorhersehbaren Geschehnisse zum Beispiel, aber auch andere Dinge, mit denen wir einfach in der Organisation bisher nicht umgehen konnten, bearbeitbar, also erstmal besprechbar zu machen, bearbeitbar zu machen, um das so weit einzuüben, dass wir diese Flexibilität und Anpassungsfähigkeit in unserer internen Zusammenarbeit üben.
Und als dritter Punkt ganz konkret, das Konkrete, also dass wir hier nicht auf der Ebene von Visionen, die in Unternehmen oft so gerne an der Wand hängen, stehen bleiben, sondern uns wirklich sehr konkret Geschichten erzählen, wie es sein könnte und damit auch dieses, einerseits dieses ganz individuelle, what's in it for me, was habe ich davon, wenn ich dazu beitrage, dass sich die Zukunft so entwickelt, Schritt für Schritt, aber auch, was haben wir als Gemeinschaft also zum Beispiel im Unternehmen davon. Und das sind alles Dinge, die ganz essentieller Bestandteil von Lernen in Unternehmen sein sollten.
[Claudia Schütze]
Absolut. Und ich glaube, ich habe bei allem jetzt genickt. Alles das, glaube ich, trifft irgendwie auf mich auch zu.
Und ich würde es vielleicht einfach, auch wenn ich das, glaube ich, vorher schon mal gesagt habe, nochmal jetzt an der Stelle ergänzen. Also was mir so gut gefallen hat, ist diese Kreativität, die entstanden ist tatsächlich. Die bewertungsfreie Kreativität, also alles ist erlaubt, alles wird akzeptiert.
Das ist im Prinzip, glaube ich, wenn man sowas öfter macht oder die Art zu arbeiten öfter anwendet, lernt man auch einen anderen Umgang miteinander und einen anderen Umgang mit den Ideen der anderen. Und dazu gehört für mich auch tatsächlich, Stefan, in deinem Buch erwähnst du es am Anfang, dieses Thema echten Dialog zu ermöglichen. Ich frage mich, wie oft wir das wirklich heute praktizieren und wie jeder Einzelne von uns, wie gut wir es können, im Dialog zu sein.
Und du schreibst es an der Stelle, und ich glaube, das wissen auch alle, die sich damit beschäftigen, nicht nur zuzuhören, um eigentlich eigene Gedanken schon zu formulieren, sondern zuzuhören und das erst mal stehen zu lassen. Und ich glaube, dass das tatsächlich, so klein es scheint, etwas sehr, sehr, sehr Wichtiges ist für Umgang miteinander, aber damit eben auch für Lernen. Weil jede Idee, die erst mal spinnert, klingt, muss einen Raum haben, existieren zu dürfen, da sein zu dürfen, bevor man, oder um sich mit ihr weiter beschäftigen zu können.
Und das sind, glaube ich, so die Dinge, die mich sehr, sehr angesprochen haben. Und dieses ganze Thema der Limitierung, also dieses, hat auch was mit der Kreativität zu tun. Wir denken nicht in zwei Jahren in dem, was wir können, in dem, was wir immer schon gedacht haben.
Und damit denken wir auch immer wieder das, was wir immer schon gedacht haben und drehen uns in denselben Kreisen mit kleinen Anpassungen irgendwie. Sondern wir erlauben uns, das größer zu denken. Und gerade wenn es, ich meine, in unseren Schulungskontexten, Lernkontexten, die wir kreieren, geht es relativ oft auch um Software natürlich.
So, und dann ist oft so die Frage, ja, warum macht ihr das so? Ja, weil wir das immer schon so gemacht haben. Und das ist doch eine Antwort, die alleine jetzt schon so triggert, zu sagen, okay, dann denk doch mal, wie es wäre, wenn es anders möglich wäre.
Und das hat mich sehr inspiriert. Das hat mich tatsächlich sehr inspiriert. Also, das nehme ich mit, warum mich diese Methode so begeistert hat.
[Stefan Bergheim]
Ja, alles und noch viel mehr. Aber vielleicht auch eben dieses, das ist schon auch voraussetzungsreich, anders zu denken. Und vieles von dem, was du artikuliert hast oder was ihr beide artikuliert habt, muss zum gewissen Maß auch geübt sein.
Dieses Dialogische ist nicht so natürlich. Ich habe das immer wieder, dass die Leute gerne eine Debatte, eine kontroverse Debatte haben möchten mit zwei gegensätzlichen Seiten, die sich da quasi die Fäuste um die Ohren hauen. Das ist halt, das ist das in meiner Wahrnehmung noch sehr weit Verbreitete in diesem Land.
Das Geübte, das Dialogische ist zu wenig geübt. Und das Bewertende ist auch sehr weit verbreitet. Und das Wertungsfreie ist nicht so weit verbreitet.
Und die größere Herausforderung, die ich sehe, das lässt sich alles üben. Die größere Herausforderung ist dann, mit den neuen Dingen umgehen zu können. Das ist ja schon irritierend.
Und wenn ich es gerne bequem habe oder auch meine Position beschützen möchte, dann möchte ich bitte keine Irritation haben. Dann möchte ich bitte nichts Neues hören. Ich möchte bitte so, dass wir alle so weitermachen wie bisher auch.
Ich weiß zwar, dass das nicht taugt, aber die Alternative tut mir persönlich noch mehr weh. Also das sehe ich leider sehr, sehr häufig und manchmal dann auch die Suche danach. Ja, wie könnte es denn anders gehen?
Ich merke, das geht so nicht. Das taugt so nicht. Gibt es einen Weg daraus, vielleicht auch einen gesichtswahrenden Weg daraus, der auch wirklich funktioniert, der mir gut tut, der der Organisation gut tut?
Und wo ich, was Johannes gesagt hatte, dann hinten raus auch konkret werde. Oder ich nutze gerne den Begriff der Anschlussfähigkeit, dass ich damit tatsächlich auch was machen kann im Alltag meiner Organisation. Eben nicht nur ein buntes Feuerwerk losbrenne und dann puff ist alles weg und wir hatten mal schön reingeschaut und dann fallen wir wieder zurück in unseren Alltagstrott.
Das wollen wir natürlich gerne vermeiden. Zum gewissen Maß findet das immer statt. Das lässt sich nicht komplett vermeiden, ist auch völlig in Ordnung so.
Aber hier und da einen neuen Impuls zu setzen, ja, da muss man erstens bereit sein dafür und zweitens dann die Veranstaltung so organisiert sein, so strukturiert sein, dass sie genau da auch hinführt, dass im Nachgang was bleibt.
[Johannes Starke]
Und ich vermute, was da den Beteiligten auch entgegenkommt, ist diese Möglichkeit, Szenarien aufzumachen. Weil oft ist es ja so in so klassischen Planungsstrategie-Workshops, dass dann die konkreten To-Dos festgehalten werden, die aber eben im Hier und Jetzt so funktionieren müssen. Und dann ist es eine einzelne individuelle Verantwortung, die da einer Person zugeschoben wird.
Aber wenn wir ein Alternativ-Szenario erzählen, dann können wir die ganzen Strukturen, die dazu notwendig sind, um diese nächsten Schritte durchzuführen, ja mit erzählen und mit beschreiben.
[Stefan Bergheim]
Ja und wir sind gemeinsam besser in der Lage, wenn dann Dinge doch anders passieren, als wir uns das in unserer einen offiziellen Zukunft so vorgestellt haben. Dann wissen wir, ah ja, da haben wir schon mal drüber nachgedacht oder da hat die Kollegin in der Abteilung auch schon eine Idee dazu. Und dann weiß man leichter, wie man damit umgehen kann.
Das ist für mich ganz essentieller Teil von Zukunft der Arbeit.
[Claudia Schütze]
Und ich glaube, es sind zwei Dinge. Das eine ist, ich muss ein Bewusstsein dafür haben, was überhaupt geht. Außerdem, dass ich quasi kurzfristig mir vielleicht Pläne mache.
Also dafür könnte unser Podcast vielleicht heute auch eine Möglichkeit geboten haben, zu sagen, ich höre erstmal, was es da überhaupt gibt an Zukunft der Arbeit, an Methoden, an Techniken, die ich anwenden kann, um so etwas zu tun. Und der zweite Schritt ist, und da schließt sich jetzt vielleicht ein bisschen der Kreis zu dem Anfang, was kann ich denn tun, um diese Fähigkeit neben dem Bewusstsein zu erwerben oder zumindest anzufangen, mich damit so zu beschäftigen, dass ich sagen kann, ich kann mich damit beschäftigen. Ich bin gewappnet für Zukunfte, die kommen.
Und auch wenn es jetzt sozusagen in den letzten Minuten des Podcasts ist und vielleicht etwas, was wir schon bald nicht mehr hören können, aber diese VUCA-Welt, die uns eben umgibt, es ist die Realität heutzutage. Und wir müssen uns wappnen, um damit umgehen zu können. Und wir müssen uns wappnen, das ist eine tolle Aussage.
Aber ich hoffe, dass wir mit den Ideen, die wir heute mit dir, Stefan, gemeinsam quasi skizzieren durften, also die du skizziert hast und wir ein bisschen unsere Erfahrungen dazu aus einem Erleben mit dazugegeben haben, dass wir damit eben einfach ein bisschen das Wie unterstützen können. Wie mache ich das dann? Wie kann ich vorbereitet sein?
Wie kann ich besser vorbereitet sein? Und eigentlich bleibt ja nur permanentes Tun. Das ist irgendwie so für mich ein bisschen die Quintessenz davon.
[Stefan Bergheim]
Oder die Verbindung eben aus dem Verstehen schon auch. Also allein Komplexitätstheorie zu verstehen, wie komplexe, emergente, adaptive Systeme funktionieren in Deutschland, ist das nicht so selbstverständlich in meiner Wahrnehmung. Und dann eben das Tun und sagen, okay, ja, es gibt einen Weg auch oder trotz der ganzen Komplexität oder vielleicht sogar die Komplexität sogar zu umarmen.
Das ist so ein Begriff, den die Komplexitätsforscher auch nutzen und sagen, hurra, wir haben Komplexität. Sonst wäre es ja langweilig. Sonst könnten wir ja alles vorherbestimmbar und bestimmen, wenn wir diese Komplexität nicht haben.
Und damit was zu tun und die als Reichtum anzuerkennen, anzunehmen und eben zu wissen, ja, okay, und das ist auch navigierbar, diese Komplexität. Ich weiß, wie ich damit umgehen kann. Das wäre meine wünschenswerte Zukunft.
Sehr schön.
[Claudia Schütze]
Stefan, ich finde, das ist ein super schönes Schlusswort für diese Episode, für den heutigen Podcast, den wir mit dir gemeinsam aufzeichnen durften. Und dann sage ich ganz, ganz herzlichen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast, Stefan, dass du heute da warst und ein bisschen über dein Herzensthema, über deine Methode, über deinen Ansatz, über deine wünschenswerte Zukunft gesprochen hast. Und Johannes, danke, dass du das mit mir heute ein bisschen moderiert hast tatsächlich oder auch deine Gedanken auch mit dazu beigetragen hast.
Dann sage ich ein herzliches Dankeschön an euch da draußen, dass ihr diesmal ziemlich lange, hoffentlich bis hierhin gehört habt, dabei wart und dass ihr ganz viele Inspirationen bekommen habt aus dem, was wir hier heute besprochen haben. Wir werden natürlich wie immer in den Shownotes, denke ich, viele Materialien verlinken. Da gibt es, glaube ich, etliches, was sich lohnt, reinzugucken aus Stefans Literaturquellen, eben einfach auch etwas mit zur Verfügung zu stellen.
Und ansonsten, Stefan, dich findet man bei LinkedIn. Da gibt es eine Chance, mit dir in Kontakt zu treten, mit uns auch. Und dann würde ich jetzt sagen, vielen, vielen Dank fürs Zuhören und teilt gerne eure Ideen mit uns.
Und bis zum nächsten Mal, bis zur nächsten Lernlust.
[Sprecher 5]
Vielen Dank.
[Claudia Schütze]
Ach ja, habt ihr uns eigentlich schon abonniert? Das geht überall da, wo ihr eure Podcasts am liebsten hört. Lernlust gibt es alle drei Wochen neu und wir freuen uns sehr auf euer Feedback und vor allen Dingen auf den Austausch mit euch.
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