Interview

„Wir erschaffen eine Anlaufstelle für alle Fragen“

Um die Mitarbeitenden bestmöglich auf die weltweite Einführung von SAP S/4HANA vorzubereiten, setzt ContiTech auf ein ausgefeiltes Trainingskonzept. Wo die Besonderheiten liegen und welche strategische Rolle die tts performance suite dabei spielt, erklärt Leonie Middelberg, Change Specialist bei Continental.
28. Juli 2022
6 min
Henk Arts Henk Arts

Henk Arts: Frau Middelberg, Sie führen bei ContiTech gerade SAP S/4HANA ein. Welche Dimensionen hat das Projekt?

Leonie Middelberg: Die Einführung betrifft den kompletten Group-Sektor ContiTech. Am Ende des Tages werden weltweit rund 16.000 User:innen an über 120 Standorten in mehr als 20 Ländern mit dem System arbeiten.

H. Arts: Wo stehen Sie aktuell?

L. Middelberg: Im letzten Jahr haben wir uns vor allem um die Prozessdefinitionen gekümmert und das Templating abgeschlossen. Seit Anfang 2022 sind wir in der Roll-out-Phase. Derzeit gehen wir mit dem neuen System an drei Pilotstandorten live, die jetzt entsprechend geschult werden. Es liegt aber noch ein weiter Weg vor uns. Die Pilotstandorte eingerechnet, wird es in den nächsten fünf Jahren insgesamt acht Roll-out-Wellen geben.

H. Arts: Was bedeutet die Umstellung für Ihre Mitarbeitenden?

L. Middelberg: Stand heute sind bei uns immer noch mehr als zwölf verschiedene SAP-Lösungen und -Versionen sowie Drittlösungen im Einsatz, die nicht immer optimal miteinander kommunizieren. In der Praxis bedeutet das eine enorme Zusatzbelastung für unsere Mitarbeitenden, weil sie regelmäßig manuelle Zwischenschritte einlegen müssen. Das entfällt nach der Konsolidierung. In Zukunft wird es fast nur noch standardisierte Prozesse und Vorgehensweisen geben. Für unsere Mitarbeitenden wird dadurch vieles einfacher. Allerdings müssen sie auch einiges lernen, deshalb ist die Einführung von SAP S/4HANA kein reines IT-Projekt. Es ist auch ein Transformationsprojekt, bei dem wir den Fokus auf Change Management und offenen Dialog legen.

H. Arts: Mit welchem Schulungskonzept bereiten Sie Ihre Mitarbeitenden auf die Veränderungen vor?

L. Middelberg: Wir wollen möglichst individuell auf die Lernbedürfnisse der Mitarbeitenden eingehen. Deshalb haben wir uns für einen Blended-Learning-Ansatz entschieden. Insgesamt bieten wir fünf verschiedene Trainingsformate an. Zwei davon sind klassische Schulungen, die wir in Präsenz oder virtuell durchführen, nämlich Classroom Trainings und Info-Sessions mit Systemdemonstrationen. Drei weitere sind Selbstlerneinheiten – Stichwort Performance Support –, die die Mitarbeitenden direkt im Arbeitsalltag unterstützen. Dazu zählen Web-based Trainings, Dokumentationen und Editorial Guides.

H. Arts: Welche Rolle spielt die Digital Adoption Platform tts performance suite bei der Erstellung von Trainingsmaterialien?

L. Middelberg: Die Lösung von tts ist bei Continental schon länger im Einsatz. Aufgrund der guten Erfahrungen haben wir uns entschlossen, die tts performance suite als zentrale Lernplattform zu nutzen. Mit der Digital Adoption Platform können wir Trainingsmaterialien in unterschiedlichen Formaten erstellen. So treffen wir punktgenau die Bedürfnisse der End User und die der Key User.

Außerdem ist die Lösung rund um die Uhr verfügbar und im gesamten Konzern lizensiert. Wir vom zentralen Team sind so zum Beispiel in der Lage, englische Trainingsmaterialien bereitzustellen, aus denen lokale Key User:innen dann die jeweiligen Sprachversionen anfertigen. Bisher haben wir rund 100 Autor:innen intern und extern geschult und 300 Dokumente erstellt. Am Ende des Tages sollen es 650 bis 800 Dokumente werden.

Leonie Middelberg, Change Specialist, Continental

Mit der Digital Adoption Platform von tts können wir Trainingsmaterialien in unterschiedlichen Formaten erstellen. So treffen wir punktgenau die Bedürfnisse der End User und die der Key User.

Leonie Middelberg, Change Specialist, Continental

H. Arts: Wie organisieren Sie die Content-Erstellung im Rahmen der SAP-Einführung?

L. Middelberg: Pro Thema gibt es aufseiten von ContiTech einen Content Owner und eine für den Qualitätscheck verantwortliche Person, außerdem noch einen externen Content Creator, der ebenfalls mit der tts performance suite arbeitet.

H. Arts: Wie kann Ihnen die Digital Adoption Platform dabei helfen, Ihre mit der SAP-Einführung verbundenen Ziele zu erreichen?

L. Middelberg: Der wichtigste Punkt ist, dass wir mit der tts performance suite eine zentrale Anlaufstelle für alle offenen Fragen schaffen, eine Single Source of Truth, von der alle wissen, dass sie dort eine Antwort finden – ohne zu überlegen oder lange in der SAP-Hilfe und anderen Quellen suchen zu müssen. Sobald den Anwender:innen klar ist, dass sie mit einem Klick auf die Orange* (Anm. d. Redaktion: Die Orange ist die kontextsensitive Hilfe der tts performance suite und bietet einen Schnellzugriff auf sämtliches Wissen des Unternehmens) die passende Lösung finden, arbeitet die Digital Adoption Platform für unsere Ziele – etwa, wenn den Mitarbeitenden das Wissen für einen kleinen Prozessschritt fehlt, wenn ihnen unklar ist, welche Art von Zahl sie in eine Maske eingeben oder ob sie ein Häkchen setzen müssen.

H. Arts: Versprechen Sie sich auch positive Auswirkungen auf das Wissensmanagement bei ContiTech?

L. Middelberg: Definitiv. In Zukunft wird es wesentlich leichter sein, unsere SAP-Wissensbasis inhouse zu erweitern und das Wissen zu teilen. Durch die kürzlich erfolgte Verknüpfung der tts performance suite mit unserem LMS können wir Inhalte einfach per Link einbinden. Außerdem können wir den Mitarbeitenden nun personalisiert Trainings zuweisen und nachverfolgen, ob ein Training abgeschlossen wurde. Hinzu kommt: Durch das Monitoring von KPIs sehen wir, welcher Content wie oft geklickt wird. So können wir schnell erkennen, was wie gut ankommt und wo wir noch nachlegen müssen.

H. Arts: Auch wenn es noch Zukunftsmusik ist: Welche Rolle wird die tts performance suite nach dem Pilot-Go-live spielen?

L. Middelberg: Wir werden die Digital Adoption Platform auch für den industrialisierten Go-live nutzen. Die Funktion des Performance Support wird dann an jedem digitalen Arbeitsplatz verfügbar sein und für das Onboarding neuer Mitarbeitender genutzt werden – sei es auf Ebene der End User, der lokalen Key User oder im zentralen Team.

Mit Blick auf die Lerninhalte würde ich mir wünschen, dass wir noch mehr Aufwand in die Erstellung und Optimierung stecken können. Voice over, Animationen und viele weitere Möglichkeiten der tts performance suite haben wir noch nicht ausgeschöpft. Trotzdem denke ich, dass wir mit der Vereinheitlichung schon jetzt einen sehr guten Standard erreicht haben; um den Rest kümmern wir uns später.

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