Talent Pool – mit fünf Fragen zum Ziel
Personaler:innen, die heute auf die Suche nach geeigneten Talenten gehen, sind nicht zu beneiden. Besonders im IT- und im MINT-Bereich, also in den naturwissenschaftlich-technischen Fächern, ist der Markt wie leer gefegt. Führende Recruiting-Profis wie das Berliner Start-up Talentwunder bekommen für diese Fachrichtungen 150 Jobanfragen – pro Woche, wohlgemerkt. Wer für eine solche Dienstleistung kein Geld ausgeben möchte, hat die Wahl: Entweder man sucht selbst auf Jobmessen und in einschlägigen Karriereportalen wie Xing oder LinkedIn nach Kandidat:innen, oder man baut sich einen eigenen Talent Pool auf.
Immer mehr Unternehmen scheinen Letzteres zu bevorzugen. Darauf weist die Studie „Recruiting Trends 2019“ der Universität Bamberg hin. Demnach gilt der Talent Pool bei den 1.000 befragten Unternehmen als der beliebteste Active-Sourcing-Kanal, jede zweite Organisation nutzt ihn inzwischen für High Potentials.
Die Talente sind schon da
Im Grunde handelt es sich beim Talent Pool um eine Datenbank oder Onlineplattform mit Expertenprofilen. Das können Profile von erfahrenen Mitarbeitenden sein, aber auch externe Kontakte, etwa von Second-Best-Bewerber:innen, also Kandidat:innen, die im Bewerbungsverfahren knapp gescheitert, aber durchaus qualifiziert sind. Solche Bewerber:innen können bei einer passenden Stelle schnell wieder kontaktiert werden.
Der Wert einer solchen Datenbank erschließt sich fast von alleine. Zum einen vereinfacht sie die zielgerichtete Nachfolgeplanung. Fachleute mit den erforderlichen Schlüsselqualifikationen sind im System vorhanden und können anhand des Profils gezielt identifiziert werden. Zum anderen erleichtert sie dem hauseigenen Recruiter:innen die Suche nach dem ersehnten High Potential. Statt teure Headhunter:innen und externe Recruiting-Profis einzusetzen, kann man den internen Talent Pool nutzen und dort möglicherweise Bewerber:innen mit den gewünschten Kompetenzen finden.
Ausgewählte Vorteile
Die Vorteile für die Unternehmen liegen auf der Hand:
Das HR-Business wird entlastet, es spart Zeit, und die Kosten für das Recruiting werden reduziert.
Ist eine freie Stelle zeitnah neu zu besetzen, haben die Verantwortlichen schnell passende Kandidat:innen an der Hand und können auf eine Ausschreibung sowie den damit einhergehenden zeitlichen und finanziellen Aufwand verzichten.
Das Risiko einer Fehlbesetzung wird minimiert.
Da im Talent Pool bereits eine Vorauswahl durch HR und – im Fall von B-Kandidat:innen –durch weitere Personen getroffen wurde, kann der Auswahlprozess nicht nur verkürzt, sondern auch optimiert werden. Die Talente hatten schon persönlichen Kontakt mit Mitarbeitenden des Unternehmens, somit können beide Seiten einschätzen, ob es auch auf der persönlichen Ebene „passt“.
Die Zufriedenheit der Mitarbeitenden und die Bindung ans Unternehmen steigen.
Auch in der Nachfolgeplanung sind Talent Pools ein hilfreiches Tool, um Vakanzen schnell durch interne Mitarbeitende zu besetzen. Geeignete Kandidat:innen werden frühzeitig identifiziert, in den Talent Pool aufgenommen und auf die neue Stelle vorbereitet. Diese können so ihr Potenzial entfalten und sich weiterentwickeln Das steigert ihre Zufriedenheit und stärkt die Bindung an den Arbeitgeber.
Das Employer Branding wird positiv unterstützt.
Durch ein gutes Beziehungsmanagement und regelmäßige Kommunikation mit den Talenten können Unternehmen ihre Arbeitgebermarke stärken.
Beziehungsmanagement ist das A und O
Manch einer mag sich wundern, warum bei all den Vorteilen der Talent Pool nicht längst zum festen Bestandteil aller HR-Abteilungen geworden ist. Entscheidend ist: Man muss es richtig machen und muss, wie bei allen Neuerungen, erst einmal investieren.Letztendlich ist es wie im richtigen Leben: Wer eine Beziehung lebendig halten möchte, muss miteinander im Gespräch bleiben. Das kostet Zeit, zahlt sich aber aus.
Beim Talent Pool ist das genauso. Erfolgreich sind Arbeitgeber:innen, die mit ihren Talenten in Kontakt bleiben. Leer gehen die aus, die die Daten der potenziellen Kandidat:innen zwar speichern, sich sonst aber nicht um sie kümmern. Dabei ist es gar nicht so schwer, eine Beziehung zu festigen. Was spricht dagegen, die Kontakte in regelmäßigen Abständen mit relevanten Informationen zu versorgen, etwa mit Artikeln zur Branche und zum Unternehmen? Oder die qualifizierten Kandidat:innen über offene Stellen auf dem Laufenden zu halten und sie zu Webinaren, Insider-Events oder in Communitys einzuladen?
Leider lassen viele Organisationen diese Recruiting-Maßnahme ungenutzt. Sie pflegen ihre Talent Pools nachlässig, segmentieren falsch und kommunizieren unzureichend. Das ist schade, denn laut einer Studie erkennen auch abgelehnte Bewerber:innen die Vorteile eines solchen Instruments durchaus und würden trotz Absage einen Talent Pool für eine zweite Chance nutzen. Doch statt lobender Worte äußern drei von vier Befragten eher Kritik, weil sie schlechte Erfahrungen gemacht haben. Jede:r dritte klagt über unpassende Stellenangebote, und fast jede:r zweite bemängelt, keinerlei Informationen über vakante Stellen erhalten zu haben.
Fünf Fragen führen zum Ziel
Einen Talent Pool aufzubauen und zu pflegen ist kein Hexenwerk. Es gilt jedoch, einige Regeln zu beachten. Wer dabei die folgenden fünf Fragen für sich beantwortet, ist auf dem richtigen Weg.
Frage 1: Wer ist ein passendes Talent?
Zunächst gilt es, festzulegen, welche Voraussetzungen jemand mitbringen muss, um in die Datenbank aufgenommen zu werden. Reichen die Eindrücke aus dem Telefoninterview, dem Bewerbungsschreiben oder dem Assessment-Center? Welche Fähigkeiten werden benötigt? Und passen diese zu den Zielen des Arbeitgebers? So unterschiedlich Branchen und Unternehmen sind, so verschieden sind auch die Anforderungen an die Kandidat:innen.
Frage 2: Wie findet man passende Talente?
Gelegenheiten, mit Kandidat:innen in Kontakt zu kommen, gibt es zuhauf: über Stellenanzeigen, Jobmessen, durch Empfehlungen, Social-Media-Kampagnen.
Aber Achtung: Bevor ein Unternehmen die Daten einer Person in den Pool aufnimmt, muss es, erstens, ihre Zustimmung einholen und sie, zweitens, darüber informieren, welche Daten wie lange gespeichert werden. Dies ist wichtig, um die Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung einzuhalten.
Frage 3: Wie verwalte ich den Talent Pool sinnvoll?
Am meisten Erfolg hat, wer geeignete Kandidat:innen so zielgerichtet wie möglich anspricht. Deshalb ist es empfehlenswert, die Daten potenzieller Mitarbeiter:innen von vornherein zu segmentieren, etwa über den Bildungsgrad, die Berufsausbildung und die Berufserfahrung. Sinnvoll ist zudem eine geografische Einordnung, um den Einsatzort möglicher neuer Mitarbeiter:innen einzugrenzen. In der Regel setzt jede Unternehmung bei der Gruppierung andere Prioritäten.
Frage 4: Wie bleibe ich in Kontakt?
Unternehmen halten den Kontakt zu Job-Interessierten am besten aktiv, indem sie sie, wie oben beschrieben, regelmäßig mit relevanten Informationen versorgen. Hierbei ist es wichtig, den Talenten klar mitzuteilen, wie sie von der Aufnahme in den Talent Pool profitieren können, aber auch, wo die Grenzen liegen. Bedeutend ist ferner die kontinuierliche Pflege der Datenbank. Um die Informationen aktuell zu halten, können ab einem festgelegten Zeitpunkt automatisierte E-Mails versendet werden mit der Bitte, die Kontaktdaten zu überprüfen.
Frage 5: Wie erfährt ein Unternehmen, was der Talent Pool letztlich bringt?
Die Antwort auf diese Frage erhält man am besten durch das Feedback der Kandidat:innen. Wichtig ist aber auch, zu erfahren, inwieweit der Talent Pool das Recruiting verbessert. Verkürzt sich der Recruiting-Prozess? Erhöht sich die Qualität der Bewerbungen? Ist dem so, sollten die Recruiting-Verantwortlichen aktiv nachverfolgen, durch welche Maßnahmen und über welche Kommunikationswege die Bewerber:innen in den Pool gelangen, um den positiven Effekt nachhaltig zu verbessern.
Lösungen, die helfen
Das hört sich nach viel Arbeit an und ist es auch. Die gute Nachricht lautet jedoch: Es gibt zahlreiche Software-Lösungen, die den Aufwand beim Recruiting reduzieren und den Aufbau und das Management von Talent Pools vereinfachen. Zum Beispiel SAP SuccessFactors: Damit haben gefürchtete Zeiträuber keine Chance, und auch die Beziehungspflege, sprich das Talent Relationship Management, wird mit der richtigen Software-Unterstützung wesentlich einfacher. So können Unternehmen zum Beispiel eine gebrandete Karriere-Website erstellen, mit der sich einzelne Zielgruppen – von Auszubildenden bis zu Senior Professionals – gezielt ansprechen lassen. Darüber hinaus können Recruiter:innen komfortabel Kontakt zur Talent Community halten und über systematisches E-Mail-Marketing die Bindung der eigenen Mitarbeitenden und potenzieller Kandidat:innen zum Unternehmen festigen.
Wer es als Unternehmen am besten versteht, diese Bindung lebendig zu halten, hat im Wettbewerb um Talente alle Trümpfe in der Hand. Jetzt ist es an Ihnen, den nächsten Schritt zu machen und das Spiel erfolgreich zu gestalten. Mit den Antworten auf die oben genannten fünf Fragen sollte dies gelingen.