Wer liebt schon HR-System-Implementierungen?
„Everything old is new again“ ist ein schönes englisches Idiom zum Jahreswechsel. Nun ist insbesondere in der HR-IT-Welt nichts so beständig wie der Wandel, dennoch scheint es ein guter Zeitpunkt, einmal einige grundsätzliche Dinge zu bedenken. Im Gespräch mit Anita Kosa, Frederik Quade und Jan Herrmann wagen wir einen Rück- und Ausblick auf die Themen der Systemimplementierung und den Markt im Wandel der Zeit. Auch dazu, weshalb die tts als vergleichsweise kleines Unternehmen in Sachen HR-Software-Implementierung mindestens genauso gut, wenn nicht sogar besser abschneidet als die zahlenmäßig „Großen“ der Branche.
Julia: Hallo zusammen, wie geht ihr aus dem alten Jahr in das neue hinein?
Anita: Positiv!
Frederik: Optimistisch!
Jan: Realistisch! Wobei ich mich damit den beiden vorigen Nennungen anschließe.
Julia: Blicken wir weit mehr als nur auf das vergangene Jahr zurück – was hat sich für euch in der Beratung über den Zeitraum der letzten 10–15 Jahre verändert?
Frederik: Keine einfache Frage. Es ist vielleicht noch etwas schnelllebiger geworden, sprich: schnellere Projektzyklen, kürzere Zeiträume, was neue Features betrifft … insbesondere innerhalb von SuccessFactors-Implementierungen. Umso mehr scheint Stabilität gewünscht zu sein …
Anita: Absolut! Wobei nach einigen Jahren nun zum Beispiel in den Talent-Management-Bereichen auch mehr Tiefe in den Projekten einzieht. Die Wichtigkeit, auch und gerade im Bereich der Personalentwicklung für alle im Unternehmen etwas anzubieten, steigt.
Julia: War das früher anders?
Jan: Teilweise schon. Meine ersten Talent-Management-Projekte bezogen sich auf die absoluten Grundlagen: Verwaltung von Qualifikationen, Abbildung von Seminarabläufen …
Frederik: Die gute alte SAP LSO …
Jan: Sogar noch das Veranstaltungsmanagement! Aber ja. Im Kick-off trafen sich von Kundenseite je ein Vertreter von IT und Fachbereich – und das in dieser Reihenfolge – dazu ein bis zwei Key-User, und von Beratungsseite der Projektleiter. Und dann wurde erst einmal ein Blueprint geschrieben. Der wurde abgenommen, etwaige Abdeckungslücken der Software identifiziert, und nach rund 10–12 Monaten stand dann eine Lösung zum Testen bereit.
Anita Kosa
Julia: Klassische Wasserfallmethode …
Jan: Genau. Und das ist ja bis heute nicht grundsätzlich falsch, entsprechende Quality Gates zu haben etwa …
Anita: Nur, die Software monatelang nicht zu sehen, ist wohl weniger sinnvoll. Deshalb gehen wir gerade bei gewünscht schnellen Implementierungszeiten frühzeitig mit einem vorkonfigurierten System und Best-Practice-Prozessen in die Projekte, um mit den Anwendern aus dem Fachbereich gemeinsam die bestmögliche Lösung zu entwickeln.
Frederik: Was ja wiederum nur mit entsprechender Erfahrung möglich ist …
Julia: Welche Erfahrung meinst du genau?
Frederik: Das solide Fundament aktueller hybrider Systemlandschaften bildet nach wie vor HR Core, zu 80–90 % ist das in unserem Umfeld Personaladministration, Organisationsmanagement, Personalabrechnung und -zeitwirtschaft auf Basis von SAP On Premise. Das muss man kennen, um die Personalentwicklung in den nächsten Schritten voranzubringen. Insbesondere als Beraterin und Berater.
Julia: IT-Beraterinnen und -Berater allein genügen also nicht? Es geht doch letztendlich „nur“ um die Einführung einer Software.
Jan: Ja und nein. Es braucht beide Verständnisse, was wir versuchen unter anderem in der Rolle von Projekt- und Programmmanagement oft in einer Person darzustellen. Die Priorität liegt auf dem Kunden, nicht auf der Software.
Anita: Und mit diesem Ansatz hat die tts recht früh begonnen.
Jan: Ich denke an unsere SuccessFactors-Task-Force vier Wochen nach der Verkündigung der Übernahme durch SAP in St. Anton. Legendär!
Frederik: Absolut, das war so ziemlich das erste agile Workshop-Wochenende meiner Karriere. Nebenbei: Wir haben diesen Ansatz sogar aus der Zeit vor der Gründung der SAP- und SuccessFactors Consulting-Sparte übernommen: Im Mittelpunkt der Mensch.
Jan Herrmann
Julia: Verstanden. Und wie erreichen wir das als tts?
Anita: Intern? Vorrangig durch ein organisches Wachstum. Wir bilden nicht theoretisch an der PDF-Datei aus, sondern praxisorienriert - in Projekten.
Jan: Dazu gehört dann im Transfer in den Markt der Ansatz der „Implementierung by tts“ – und das können wir in unserer relativ breiten Nische der HR-IT-Beratung eben unabhängig von weiteren Stakeholdern eines sehr großen Konzerns.
Frederik: Wobei man dazu auch sagen kann, dass wir eben in unserem Wettbewerb seit jüngerer Zeit genau in diesem Marktumfeld tätig sind. Bei einer Gesamtanzahl von über 350 Mitarbeitern und im Beratungsbereich deutlich über 100 Beraterinnen und Beratern sind wir damit einer der „Großen“ in Sachen „(Wo)manpower“ in unserem Bereich.
Julia: Und was macht unsere Besonderheit im „Implementierungsansatz“ aus?
Jan: Das gute vom Alten gepaart mit neuen Methoden. Quality Gates wurden schon als Stichwort genannt … starker Prozess- und Kundenfokus, dazu bei Bedarf auch ein vorkonfiguriertes System schon in der Scoping-Phase … kurzum: Kundennähe.
Anita: Und Neues in Sachen Prozess- und System-Design mit agilen Methoden wie Personas und User Stories, iterative Realisierungs- und Testzyklen im Scrum-ähnlichen Ansatz. Wir verfolgen von Beginn an das Ziel des Kunden-Empowerment. Je früher unsere Kunden ihre Systeme kennenlernen, umso selbständiger gelingt die Betreuung im Betrieb.
Durch die gemeinsamen Konfigurationen im Projekt entwickelt sich schnell eine bessere „Reife“ als in Ansätzen, in denen Kunden erst kurz vor oder gar nach dem Go Live geschult werden.
Frederik: Abgerundet durch spezifische Cut-over- und Go-live-Unterstützung und auf Wunsch Aufbau und Unterstützung eines professionellen Application Managements mit langfristiger Qualifizierung.
Jan: Nur der Vollständigkeit halber – wem dieser Projektansatz nicht liegt, der kann auch mit unseren QuickStarts zum Festpreis starten. Bedeutet: Klar definierte Basisfunktionen für den leichten Einstieg in die Cloud. Bieten wir mittlerweile auch für alle Module an.
Anita: Als Basis für weitere Prozesse und Roll-outs, unbedingt. Was der beste Ansatz ist, schauen wir uns dabei immer zu Beginn an.
Frederik Quade
Julia: Was verbirgt sich hinter dem Begriff des Application Management?
Frederik: Im Grunde drei Säulen, kundenindividuell zugeschnitten: Incident Management, Change Request Management und Business Support. Das Ganze eingebettet und abgestimmt im HR- und Release-Kalender unserer Kunden und SAP bzw. SuccessFactors. Sehr gerne auch aus dem Projekt heraus besetzt, d. h., wir verfügen nicht über eine reine „Support-Truppe“, sondern sämtliche Application Manager sind zertifizierte Beraterinnen und Berater – und das auch in einer Global Delivery Experience mit internationaler Erfahrung.
Julia: Man spürt, du brennst für dieses Thema!
Frederik: Ja, das tue ich tatsächlich. Wir sind eher zufällig bei diesem Thema gelandet, heute macht es bereits deutlich über 10 % unseres Umsatzes im Consulting aus. Sicher auch eine Folge unserer typischerweise sehr langen Kundenbeziehungen.
Anita: Kann ich bestätigen, das Engagement. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind dabei nicht ausschließlich im Application Management unterwegs, sondern auch in dieser Einsatzphase weiterhin in konkreten Projekten. Das stärkt den Wissensaufbau.
Julia: Das scheint sich zu bewähren. Kann man die Erfolge denn an irgendetwas festmachen?
Jan: Ja, ich denke, das kann man. Wir waren der erste Partner im deutschsprachigen Raum mit sämtlichen relevanten sogenannten SuccessFactors-Recognised-Expertise-Zertifizierungen. Diese Auszeichnungen kann man sich nicht kaufen, die Bestätigungen stammen nämlich von unseren Kunden, die Jahr für Jahr mit neuen Lösungen produktiv gehen. Es bringt eine Menge Spaß, so arbeiten zu dürfen und dafür auch etwas zurückzuerhalten.
Anita und Frederik (zeitgleich): Und Gewinner der „SAP-Diamant-Initiative“!
Julia: Ein glänzendes Schlusswort, für dieses Mal. Da war viel Neues dabei, trotz oder gerade wegen des Alten. Danke euch!
Anita Kosa, Managing Consultant
Anita ist inzwischen seit über 7 Jahre fester Bestandteil der tts-Consultingfamilie. Ihre Aufmerksamkeit schenkt sie Kunden und Ihrem Team – mit einem Fokus auf den Bereich Talent Management, gerne auch in Multiprojektmanagement-Ansätzen.
Dabei widmet sich Anita besonders den Bereichen Continuous Feedback, Calibration- und Performancemanagement mit großer Begeisterung. Jüngster Erfolg ist dabei die Teilhabe an einem einheitlichen und integrierten Skill-&Competencemanagement für den Beratungsbereich über sämtliche SuccessFactors-Module.
Frederik Quade, Managing Director tts Austria / Head of Central & Eastern Europe
Frederik hat 15 Jahre Erfahrung in der HR-Transformation und HR-Beratung mit Fokus auf Geschäftsprozessen und Systemimplementierungen von SAP-Lösungen, kombiniert mit tiefem technischem Wissen in der Anbindung von SAP- und 3rd-Party-Systemen.
Er leitet das tts Consulting Team in Österreich und ist gleichzeitig Mitglied des globalen tts consulting Management Boards. Darüber hinaus ist Frederik für die Bereitstellung von tts Beratungs- und Implementierungsdienstleistungen mit SAP SuccessFactors verantwortlich, wobei er tts Best-Practice-Ansätze mit lokalen Richtlinien kombiniert.
Jan Herrmann, Senior Managing Consultant / tts Project Management Best-Practice Lead
Jan ist seit 2001 in der HR-IT-Beratung tätig. Seit rund 8 Jahren hat er seine Skepsis gegenüber den Cloud-Lösungen abgelegt und führt Projekte im Umfeld von HR-Core- und Talent Management durch.
Intern verantwortet Jan Herrmann im Consulting-Bereich ein Team, wobei er den bei der tts gelebten Aufgabenmix von Kundennähe und Führung ausdrücklich als eine Bereicherung ansieht.
Jan ist Betriebswirt mit Faible für Sozialpsychologie und Geschichte. Dabei ist er der festen Überzeugung, IT-Lösungen nicht um ihrer selbst einzuführen, sondern stets sinnvoll einzusetzen.