Job Rotation – Schlüssel zu mehr Mitarbeiterzufriedenheit

Job Rotation kann das Engagement der Mitarbeitenden und ihre Produktivität steigern, dennoch wird dieses Modell bislang kaum genutzt. Das könnte sich jedoch bald ändern. Denn die Chancen überwiegen die Risiken – vor allem, weil sich der Aufwand für Organisation, Einarbeitung und Lernen mit einem guten Learning-Management-System minimieren lässt.
26. August 2021
7 min

Es gibt ein weit verbreitetes Phänomen, das nicht nur Unternehmen, sondern die gesamte Wirtschaft schwächt: die Unzufriedenheit vieler Mitarbeiter:innen an ihrem Arbeitsplatz. Laut dem aktuellen Gallup Engagement Index ist ein Drittel der mehr als 40 Millionen Erwerbstätigen hierzulande unzufrieden und hat innerlich gekündigt. Fachleute schätzen den dadurch für die Wirtschaft entstehenden Schaden auf 96 bis 114 Milliarden Euro. Noch gravierender wirkt sich das Bore-out-Syndrom aus. Von Langeweile auf der Arbeit berichten zehn Prozent der arbeitenden Bevölkerung. Geschätzte Folgekosten: mehr als 200 Milliarden Euro.

So wird der Job attraktiver

Was ist Job Rotation?

Bei Job Rotation rotieren die Angestellten innerhalb des Unternehmens und eines definierten Zeitraums zwischen unterschiedlichen Arbeitsplätzen. Dieser Wechsel von Arbeitsplatz und Aufgaben kann den Alltag für die jeweiligen Personen bunter und interessanter gestalten.

Ein probates Mittel gegen Langeweile bei der Arbeit ist Abwechslung – und die bringt unter anderem die Job Rotation. Dabei rotieren die Angestellten innerhalb des Unternehmens und eines definierten Zeitraums zwischen unterschiedlichen Arbeitsplätzen. Dieser Wechsel von Arbeitsplatz und Aufgaben kann den Alltag für die jeweiligen Personen bunter und interessanter gestalten.

Das Prinzip der Job Rotation wurde erstmals im Jahr 1951 von dem britischen Sozialpsychologen Eric Lansdown Trist beschrieben. Eine einheitliche Definition findet sich in der Literatur jedoch bis heute nicht. Laut Gabler Wirtschaftslexikon spricht man von Job Rotation, wenn Mitarbeiter:innen systematisch den Arbeitsplatz und/oder die Aufgabe wechseln. Ganz entscheidend ist dabei der Begriff „systematisch“: Es kommt nämlich maßgeblich auf eine solide Planung des Konzepts und auf die Vorbereitung der Mitarbeitenden an.

Wie das Ganze im Detail von den Personalverantwortlichen gestaltet wird, hängt von der Art der Arbeit und der Aufgabe ab. Handelt es sich um eine monotone, körperlich anstrengende Tätigkeit, macht ein Job Enlargement Sinn. Bei dieser Form der Job Rotation werden den Mitarbeiter:innen zusätzliche Aufgaben im Umfeld ihrer üblichen Tätigkeit übertragen. Diese Arbeitserweiterung zeichnet sich durch kürzere Wechselintervalle aus, die entlasten und Monotonie verhindern sollen. Geht es primär darum, geistig anspruchsvollere Arbeitsbereiche zu vertiefen, bietet sich das sogenannte Job Enrichment an. Beim Job Enrichment übernehmen die Mitarbeiter:innen noch verantwortungsvollere Aufgaben; längere Intervalle sind dann sinnvoll. Ob Job Enlargement oder Job Enrichment – jede Art der Job Rotation bietet dem Human-Resources-Management die Möglichkeit, den Job und die Aufgaben der Mitarbeiter:innen aufzuwerten – und zwar so, dass der Mensch nicht allein als Produktionsfaktor, sondern als Mensch wahrgenommen wird.

Job Rotation - Ein probates Mittel gegen Langeweile bei der Arbeit

Alle gewinnen

Denn eines der Ziele von Job Rotation ist es, die persönliche Entfaltung der Mitarbeitenden zu unterstützen. Sie werden in den kompletten Betriebsprozess eingebunden, ihr Verständnis für interne Abläufe wird geschult, ihre Identifikation mit dem Betrieb wird gefördert, und sie fühlen sich besser ins Team integriert. Das steigert die Attraktivität der Arbeitsplätze, die Arbeitszufriedenheit und damit die Produktivität insgesamt. Job Rotation kommt also eigentlich den Interessen sowohl der Arbeitgeber:innen als auch der Arbeitnehmer:innen entgegen. Eigentlich! Zwar wünschen sich mehr als zwei Drittel der Mitarbeitenden eine regelmäßige Rotation, wie eine Bitkom-Umfrage aus dem Jahr 2019 zum Thema New Work ergab, aber die Situation in der freien Wirtschaft stellt sich ganz anders dar: Bislang bieten hierzulande nur wenige Firmen ein Modell des systematischen Arbeitsplatzwechsels an. Und diejenigen, die es tun, haben als Zielgruppe meist nur Praktikant:innen, Trainees und Berufseinsteiger:innen im Blick.

Woher rührt diese zurückhaltende, bisweilen sogar ablehnende Haltung? Und: Gilt das für alle Länder? Ein vergleichender Blick zeigt, dass Job Rotation in einzelnen Kulturkreisen unterschiedlich bewertet wird: In Japan beispielsweise schätzt man das Prinzip der Rotation als Kernstück der Personalentwicklung über alles. Seit den 1950er-Jahren ist diese Methode die Basis für das Funktionieren von Lean Production. Indem neue Mitarbeiter:innen verschiedene Arbeitsstationen entlang eines Produktionsprozesses durchlaufen, lernen sie den Gesamtablauf kennen. Sie werden so zu Generalisten und sind als solche flexibel einsetzbar.

In westlichen Unternehmen ist die Arbeitsorganisation völlig anders geprägt. Hier herrscht das Prinzip der Arbeitsteilung und Spezialisierung, ein Konzept, das jedoch zunehmend hinterfragt wird. Immer mehr Führungskräfte erkennen das Potenzial der Job Rotation und ihre wichtige Rolle, wenn es darum geht, die Attraktivität eines Unternehmens für die Arbeitskräfte von morgen zu steigern. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels ist dies überlebenswichtig – auch weil die junge Generation ganz andere Erwartungen und Wünsche hegt.

Die Job Rotation bietet enorme Chancen – und zwar sowohl für die Arbeitnehmer:innen als auch für die Unternehmen selbst. 

Chancen für die Mitarbeitenden

  • Abwechslung: Ein systematischer Wechsel der Aufgaben hält nicht nur den Geist fit, sondern kann auch Haltungs- und Gesundheitsschäden vorbeugen, weil einseitige Belastungen unterbunden werden.
  • Zusätzliche Qualifikationen: Durch immer neue Herausforderungen entwickeln die Mitarbeiter:innen neue Kompetenzen und Soft Skills und werden so zu wertvollen Generalisten.
  • Wertschätzung: Job Rotation trägt zu einem besseren Verständnis für Abläufe, Prozesse und Arbeitszusammenhänge bei. Die Mitarbeiter:innen entwickeln ein Gespür für den Wert der eigenen Aufgabe, gleichzeitig lernen sie die Arbeit anderer Fachbereiche wertzuschätzen und verinnerlichen auf diese Weise den Teamgedanken.
  • Weitsichtigkeit und Verantwortungsbewusstsein: Im Rahmen der Job Rotation lernen die Mitarbeiter:innen andere Abteilungen kennen. Sie werfen einen Blick über den Tellerrand und werden angeregt, in Zukunft weitsichtiger und verantwortungsbewusster zu agieren.
  • Motivation und Engagement: Job Rotation gibt den Mitarbeitenden die Chance, an einer neuen Aufgabe zu wachsen. Sie gewinnen dadurch neue Motivation, für ihre Arbeit und sind insgesamt engagierter.

Chancen für das Unternehmen

  • Flexibilität: Die Belegschaft kann flexibler eingesetzt, Mehrarbeit in Hochphasen der Produktion besser abgefedert werden. 
  • Größerer Handlungsspielraum: Durch die Weitergabe und Verbreitung von Know-how verringert sich die Abhängigkeit von Fachkräften. Personallücken lassen sich im Bedarfsfall (Krankheit, Schwangerschaftsvertretung, Ausscheiden) schnell neu besetzen.  
  • Wider die Betriebsblindheit: Fehler können vermieden und die Qualität kann hoch gehalten werden.
  • Innovationsfähigkeit: Die Mitarbeiter:innen bringen frische Ideen, Impulse und Verbesserungsvorschläge in ihre neuen Rollen ein, sodass sich der Gesamtprozess kontinuierlich verbessert.  
  • Mitarbeiterbindung: Mitarbeitende, denen immer wieder verschiedene Aufgaben zugewiesen werden, sind zufriedener und engagierter. Die Produktivität steigt, weil das Wirgefühl gestärkt wird, was sich wiederum positiv auf das Betriebsklima auswirkt.
  • Wissenskultur: Internes Wissen wird weitergegeben, eine neue Wissenskultur kann sich etablieren.
  • Wider das Silodenken: Eine Rotation bricht das Silodenken auf, da die Mitarbeitenden die internen Prozesse umfassender und das Unternehmen als Ganzes besser verstehen.

All diese Vorteile sollen allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass Job Rotation, wie jede Methode, auch ihre Grenzen bzw. mögliche Nachteile hat, etwa bei hochspezialisierten Aufgaben oder in Fachbereichen, die erfahrenes Personal erfordern. Daher gilt als oberste Prämisse: Erst prüfen, dann planen, dann praktizieren. Wird dies nicht beherzigt, muss man mit folgenden Nachteilen rechnen:

Mögliche Nachteile für den Arbeitnehmer

  • Frustration: Rotierende Mitarbeiter:innen, die ins kalte Wasser geworfen und in ihrem neuen Job alleingelassen werden, sind schnell unzufrieden oder frustriert.
  • Stress: Zu häufige Wechsel verursachen Stress. In der Folge sinken Motivation und Produktivität. Ist die Rotationsrate hingegen zu gering, schleichen sich Langeweile, Unkonzentriertheiten und damit Fehler ein.

Mögliche Nachteile für den Arbeitgeber

  • Ablehnung: Werden die Mitarbeiter:innen nicht ausreichend informiert und einbezogen, sind sie weniger offen für die gute Sache und wechseln den Arbeitsplatz nur widerwillig.
  • Organisationsaufwand: Job Rotation will gut durchdacht und geplant sein; den nötigen Organisationsaufwand scheuen viele Unternehmen.

Je schlechter die Planung und Organisation im Vorfeld, desto niedriger ist also die Akzeptanz bei den Mitarbeiter:innen. Daher ist es wichtig, ihnen schon im Vorfeld die Vorteile vor Augen zu führen, sie bei der Einarbeitung in die neue Aufgabe zu unterstützen und den organisatorischen Aufwand rund um das Management einer Job Rotation für die HR-Verantwortlichen von vornherein so gering wie möglich zu halten. Softwarelösungen wie SAP SuccessFactors Succession & Development oder SAP SuccessFactors Learning leisten hier gute Dienste.

Die Lösungen unterstützen die Verantwortlichen bei der Organisation und Umsetzung. Sie helfen bei der Auswahl der infrage kommenden Talente, machen Entwicklungsperspektiven transparent und ermöglichen es, Entwicklungsziele zu planen, zu dokumentieren und zu messen. Eine weitere zentrale Komponente sind die übersichtlich zu verwaltenden Mentoringprogramme. Sie unterstützen eine effektive und rasche Einarbeitung, indem sie Mentor und Mentee zusammenbringen und sicherstellen, dass der Mentee bestmöglich begleitet wird und sich in seiner neuen Rolle schnell zurechtfindet.

Mit SuccessFactors Learning können die Mitarbeitenden außerdem jederzeit auf begleitende Trainingsmaßnahmen zugreifen und gewinnen durch den Transfer von Wissen rasch an Sicherheit.

Unterm Strich kann man also sagen: Job Rotation lohnt sich – als wirksames Mittel gegen Bore-out, vor allem aber, weil das Rotationsmodell ein Unternehmen für Talente interessant macht und ein mächtiges Mittel zur Mitarbeiterbindung ist.

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