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Vom Blumentopf zum Garten – wie modernes Talentmanagement Wachstum ermöglicht

Talente wachsen nicht von allein – und schon gar nicht in starren Strukturen. Warum modernes Talentmanagement mehr mit Vertrauen als mit Verwaltung zu tun hat, zeigt Leo Bättig.

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Talent Management Digital HR
Zusammenfassung

Das klassische Talentmanagement stößt in Zeiten schneller Skillveränderungen an seine Grenzen. Leo Bättig, Managing Director von tts Schweiz, zeigt in seinem Webinar, wie Unternehmen den Wandel hin zu einem entwicklungsorientierten Talentmanagement gestalten können – mit Fokus auf Skills, Feedback und Eigenverantwortung. Technologie wie SAP SuccessFactors wird dabei zum Enabler, Kultur zum entscheidenden Erfolgsfaktor. Ob Konzern oder KMU: Wer Talente wachsen lassen will, muss Kontrolle abgeben – und Vertrauen säen.

07. November 2025
6 min
Leo Bättig, tts Schweiz
Leo Bättig

Wenn Talent Wurzeln schlagen darf

Talente wachsen nicht von allein. Sie brauchen Raum, Licht und Nährboden – oder, wie Leo Bättig es in seinem Webinar formulierte: „Vertrauen, Vision und Lernchancen.“

Das klassische Talentmanagement hat lange versucht, Potenzial zu identifizieren und zu verwalten. Doch in einer Arbeitswelt, in der sich Jobprofile, Technologien und Erwartungen schneller verändern als je zuvor, genügt das nicht mehr. Unternehmen müssen ein Umfeld schaffen, in dem Mitarbeitende sich eigenverantwortlich entwickeln können – ein Ökosystem für kontinuierliches Lernen statt ein Gewächshaus voller Prozesse.

Leo Bättig, tts Schweiz

Das klassische Talentmanagement war lange ein Verwaltungssystem – heute geht es darum, Wachstumsräume zu schaffen.

Leo Bättig, tts Schweiz

Warum das alte Talentmanagement an Grenzen stößt

Die Halbwertszeit von Wissen sinkt, neue Technologien verändern Berufsbilder – und Organisationen müssen Schritt halten. Laut dem Future of Jobs Report 2023 des World Economic Forum verändern sich rund 23% aller Jobs so stark, dass sie neu gedacht oder ersetzt werden müssen.

Wo früher Excel-Listen und Nachfolgepläne dominierten, braucht es heute agile Strukturen, die Kompetenzen sichtbar machen, Lernchancen eröffnen und Mitarbeitende befähigen, ihre Entwicklung selbst in die Hand zu nehmen. Der Wandel von Talentverwaltung zu Talententwicklung ist damit nicht nur semantisch, sondern kulturell.

Drei Prinzipien für entwicklungsorientiertes Talentmanagement

Wie gelingt dieser Wandel in der Praxis? Bättig formuliert im Webinar drei Grundprinzipien, die modernes Talentmanagement prägen – unabhängig von Unternehmensgröße oder Branche.

1. Skills statt Stellenprofile

Rollen ändern sich, Fähigkeiten bleiben. Statt in fixen Positionen zu denken, rückt das Kompetenzportfolio der Mitarbeitenden in den Fokus. Unternehmen, die ihre Talente entlang von Skills statt Jobtiteln entwickeln, können agiler auf Marktveränderungen reagieren – und Talente dort einsetzen, wo sie am meisten Wirkung entfalten.

2. Verantwortung statt Kontrolle

In vielen Organisationen war HR bisher Hüterin des Prozesses: Performance-Gespräche, Zielvereinbarungen, Nachfolgeplanung. Entwicklungsorientiertes Talentmanagement kehrt diese Logik um. Mitarbeitende definieren eigene Entwicklungsziele, schlagen Lernpfade vor und holen aktiv Feedback ein. Führungskräfte begleiten – statt zu kontrollieren. Das erfordert Mut zum Loslassen, bringt aber eine neue Form von Engagement hervor.

3. Feedback als Lernmotor

Wachstum entsteht dort, wo Reflexion möglich ist. Regelmäßiges, konstruktives Feedback – von Kolleg:innen, Vorgesetzten und Projektpartnern – ist der Schlüssel dazu. Bättig betont, dass Feedbackprozesse in vielen Unternehmen zwar existieren, aber selten gelebt werden. Ein kontinuierlicher Dialog ersetzt starre Jahresgespräche. Entwicklung wird zum Alltagsbestandteil, nicht zum einmaligen Ritual.

Leo Bättig

Technologie kann Entwicklung anstoßen – aber Kultur entscheidet, ob sie auch wächst

Leo Bättig

Talent Management mit SAP SuccessFactors – Technologie als Enabler

Technologie kann diesen Wandel unterstützen – sie darf ihn aber nicht diktieren.

Im Webinar zeigte Leo Bättig anhand von SAP SuccessFactors, wie sich Entwicklungsziele, Lerninhalte und Feedback in einem System verzahnen lassen. Mitarbeitende können eigene Ziele anlegen, Lernempfehlungen erhalten und ihr Kompetenzprofil übergreifend verwalten. KI-gestützte Funktionen schlagen passende Trainings oder Projektmöglichkeiten vor.

Die Stärke solcher Plattformen liegt im Zusammenspiel: Entwicklungsziele, Lernbibliotheken, Mentoring-Programme und interne Talent-Marktplätze greifen ineinander. So entsteht ein ganzheitliches Bild von Fähigkeiten, Interessen und Potenzialen – sichtbar für Mitarbeitende und Unternehmen zugleich.

Talentmanagement für KMU – machbar auch ohne Konzernstrukturen

Was bedeutet das für kleine und mittlere Unternehmen, die keine eigene HR-Abteilung mit Systemverantwortlichen haben?

Im Q&A-Teil des Webinars machte Bättig deutlich, dass Talentmanagement nicht an Unternehmensgröße scheitert. Entscheidend sei, passende Lösungen zu wählen – Systeme, die überschaubar bleiben und trotzdem Entwicklung ermöglichen.

Für KMU bedeute Talentmanagement vor allem, den Dialog zu fördern: Führungskräfte und Mitarbeitende sollten regelmäßig über Lernziele, Interessen und Perspektiven sprechen. Viele Entwicklungsmaßnahmen passieren ohnehin – sie werden nur nicht als solche sichtbar gemacht.

Wer interne Weiterbildungen, Projektarbeit oder Mentoring systematisch begleitet und dokumentiert, legt den Grundstein für eine lernende Organisation – auch ohne große Softwarelandschaft.

Kulturwandel: Von Kontrolle zu Vertrauen

Ob Konzern oder KMU – im Zentrum steht der kulturelle Wandel.
Traditionell war Talentmanagement eng mit Bewertung und Vergütung verknüpft. Entwicklungsziele wurden im selben Gespräch diskutiert wie Boni. Doch wer sich in einem Beurteilungskontext öffnet, reflektiert weniger ehrlich.

Ein entwicklungsorientiertes Talentmanagement trennt diese Welten: Performancegespräche blicken zurück, Entwicklungsdialoge nach vorn. Mitarbeitende reflektieren Stärken, Interessen und Lernfelder – ohne Angst, dass dies ihre Bewertung beeinflusst.

Bättig beschreibt diesen Wandel als langfristigen Prozess: Führungskräfte müssen lernen, Verantwortung zu teilen, Vertrauen zu geben und Feedback anzunehmen. Organisationen wiederum müssen lernen, Entwicklung breiter zu denken – nicht nur vertikal, sondern auch lateral und projektbezogen.

So entsteht eine Kultur, in der Lernen Teil des Alltags wird – nicht Ausnahme, sondern Erwartung.

Erste Schritte in der Praxis

Viele der im Webinar diskutierten Maßnahmen lassen sich unmittelbar umsetzen – auch ohne große Systemumstellung. Die wichtigsten Ansatzpunkte:

  1. Entwicklungsziele vom Performanceprozess trennen. Separate Gespräche schaffen Raum für Zukunft statt Bewertung.
  2. Feedback strukturieren. Eine einfache Methode wie Start–Stop–Continue hilft, Feedback konstruktiv zu gestalten.
  3. Skillprofile sichtbar machen. Fünf bis zehn Kernkompetenzen gemeinsam mit Mitarbeitenden definieren – als Basis für Lernpfade.
  4. Führungskräfte einbinden. Ohne Leadership Commitment bleibt Talentmanagement ein HR-Projekt.
  5. Ein Zielbild entwickeln. Unternehmen sollten definieren, was „Entwicklung“ für sie bedeutet – fachlich, persönlich und organisatorisch.

Bättig rät, klein zu starten: ein Pilotteam, ein Workshop, ein erster Entwicklungsdialog. So kann der kulturelle Wandel organisch wachsen – wie ein Garten, der Pflege braucht, aber kein fertiges Konzept.

Leo Bättig

Entwicklungsorientiertes Talentmanagement heißt, Potenzial sichtbar zu machen – nicht es zu bewerten.

Leo Bättig

Fazit – Vom Blumentopf zum Garten

Wenn Unternehmen Talente verwalten, bleiben sie im Topf. Wenn sie sie wachsen lassen, entsteht ein Garten – vielfältig, lebendig, resilient.

Modernes Talentmanagement heißt, Mitarbeitenden Raum für Entwicklung zu geben und Führung als Ermöglichung zu verstehen. Technologie liefert den Nährboden, Kultur das Klima, Vertrauen das Licht. 

Wer diesen Wandel beginnt, investiert nicht nur in Kompetenzen, sondern in Zukunftsfähigkeit.

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